Polen
Biker Infos
Lage:
Polen ist eines der größeren Länder Zentraleuropas. Im Westen grenzt sie an Deutschland, im Süden an Tschechien und die Slowakei und im Osten an Litauen, Weissrussland und die Ukraine. Ihre Nordgrenze bilden die Ostsee und Russland (Kaliningrad).
Klima:
In Polen herrscht gemäßigtes Klima. Der Sommer ist warm und sonnig mit einer Tagesdurchschnittstemperatur von ca. 20° C. Mit Wind aus westlicher Richtung muss man primär an der Ostseeküste rechnen. Im Landesinneren und in grossen Waldgebieten ist der Wind kaum ein wesentlicher Faktor.
Landschaft:
Polens Landschaft ist äusserst vielseitig: Berge, Küste, Seen, Tiefland, Wälder und historische Städte. 90% der Landesfläche liegt unter 300 m Höhe. Mit fast 10'000 Seen und Teichen zählt Polen zu den seenreichsten Ländern der Welt. In Europa weist nur Finnland mehr Seen pro km² als Polen auf. 23 Nationalparks und unzählige Reservate zeugen von der Einmaligkeit des Landes. In den Gebieten Pommern und Masuren im Norden erlebt man tausende von Seen und riesige Sandstrände. Die höchste Erhebung im Norden Polens bringt es auf 328 m. Ackerland und Wälder findet man vor allem im mittelpolnischen Gebiet. Zunehmend bergiger wird es in Südpolen. Polen hat 21 Berge mit über 2000 m Höhe, die sich alle in der Tatra befinden. Abgesehen vom flachen Schlesischen Tiefland bestimmen dort vor allem hügelig-bergige Hochflächen die Landschaft. Im Süden erstreckt sich als Landesgrenzen die Gebirge der Sudeten und Beskiden.
Radfahren:
Der Strassenzustand kann im Allgemeinen als mittel bis gut bezeichnet werden, bis auf wenige Nebenstrassen in ländlichen Gebieten sind alle Strassen geteert. Auf Strassen mit starkem LKW-Aufkommen ist allerdings mit tiefen Spurrillen zu rechnen, auch in Stadtbereichen! Hier ist eine vorsichtige Fahrweise angesagt. Wer gerne auf offiziellen Fahrradwegen fährt, kann in Polen eine der mehreren „Eurovelo-Routen“ wählen, so z.B. den Europaradweg R1 im Norden von Kostrzyn (Nordosten) bis nach Branjewo (bei Kaliningrad). Achtung:
Auf dem Land sind die Fahrrad-Werkstätten nicht immer ausreichend eingerichtet. Gewisse Ersatzteile erhält man nur in den grösseren Städten.
Camping:
Über ganz Polen verteilt finden sich einige hundert Campingplätze, die meisten Plätze finden sich naturgemäss in den grossen Touristenzentren, wie in Schlesien mit seinen grossen Gebirgszügen, der masurischen Seenplatte und natürlich entlang der ganzen Ostseeküste. Die Preise sind sehr günstig.
Wildes campen wird grundsätzlich toleriert, in Nationalparks ist es jedoch verboten. Auch möglich ist es einen Bauern um einen Zeltplatz zu fragen, jedoch erschweren hier nicht selten die Sprachprobleme das Verständnis.
Preisniveau:
Die tiefen Preise in Polen haben mich wirklich erstaunt. In Polen sind die Kosten kaum höher als in den baltischen Staaten. Man kommt also gut mit wenig Geld durchs Land.
Bei der Routenplanung zu berücksichtigen:
- Die eher flachen Seenlandschaften von Masuren und Pommern
- Das südliche Gebirgsland von Polen
- Inselstreifen (mit der Fähre von Frombork nach Krynica Morska), anschl. Strasse Richtung Gdansk
- Das Städtchen Gdansk (Danzig)
Schönste Routen meiner Tour:
- Olceko – Gizycko 60 km
- Gyzycko – Pieniezno 128 km
- Khukowo Male – Dravsko Pom 190 km
Polen aus meiner Sicht:
Meine Tour führte mich von Litauen her durch das polnische Masuren und Pommern nach Szczecin an der Deutsch-Polnischen Grenze. Abgesehen davon, dass ich in der ganzen Zeit vom 18.08.2005 – 25.08.2005 superschönes Wetter erleben durfte, hat mich Polen auch landschaftlich berührt. Die Routen führten mich immer wieder durch wäldliches Gebiet, vorbei an vielen Seen und Teichen und entlang von Feldern. Die Strassen, mal holprig und löchrig, dann wieder angenehm befahrbar führten mich durch teilweise kurvenreiche, hügelige Landschaften und durch viele kleine Dörfer. Die Gastfreundschaft in Polen erlebte ich ebenso als sehr positiv.
Anforderungen:
Der Norden ist auch mit den paar Hügeln für jedermann problemlos fahrbar. Ueber die bergige Landschaft im Süden kann ich keine Auskunft geben.
Persönliche Bewertung:
Ein preisgünstiges Land mit schöner Landschaft -> sehr empfehlenswert
Tagebuch
Vorwort:
Tja, was werde ich wohl während den nächsten ca. 3 Monaten erleben? Schlicht; ich habe keine Ahnung! Ich weiss nicht wie es ist, so lange nicht arbeiten zu müssen, ich war noch nie solange in der Fremde, ich verbrachte noch nie eine solch lange Zeit in der Natur. Etwa 1/3 der Zeit werde ich zudem alleine mit dem Fahrrad unterwegs sein, ca. 2 Monate mit Fabio. Die bevorstehenden Länder kenne ich nur von der Landkarte her. Meine Route denke ich wird sich jeweils spontan ergeben. „Was werde ich alles sehen und erleben?“ „Wie werde ich persönlich auf Highlights und Tiefpunkte reagieren?“ Dies herauszufinden ist auch ein Reiz dieses Abenteuers. Auf jeden Fall freue ich mich auf die tollen Naturbilder und bin gespannt wie ich allfällige negativeren Erlebnisse bewältigen werde.Nebst meinem sportlichen Ziel, Berlin als Schluss-Station zu erreichen, möchte ich vor allem jeden Tag geniessen können. Ich werde aufpassen müssen, dass mein Ergeiz nicht den „Fun-Faktor“ übertrumpft. Die eindrücklichen Landschaften möchte ich geniessen können, dazu aber auch den Menschen mit einer offenen Art begegnen (um dies zu verbessern habe ich ja 3 Monate...) Ich hoffe, dass Fabio und ich die Tour gesund bewältigen, wir interessante Menschen erleben werden und ich viele tolle Erinnerungen an die bereisten Länder mit nach Hause nehmen darf. Es kann los gehen...
31.05.2005 - 1.Tourtag - Ankunft in Flensburg, der 1.Fahrtag
Ankunft in Flensburg (Dänemark) um 05.45 Uhr. Beim Ausstieg Passkontrolle. Gemäss einer jungen Frau, welche mir beim Aussteigen mit dem Fahrrad behilflich war, ist dies mit der Passkontrolle gleich auf dem Perron hier üblich. Mit dem Ziel eines morgen radfreien Tages in Billund (Besuch Legoland), wählte ich den direkten Weg nach Billund, obwohl ich damit riskierte, wohl landschaftlich nicht so viel zu sehen. Das Wetter war bereits sehr wechselhaft, wobei der Regen die Sonnenaugenblicke bereits früh um Längen übertrumpfte. Abfahrt ab Flensburg war schlussendlich gegen 09.00 Uhr!! (Ja es ist wirklich lustig, zunächst in eine falsche Richtung zu fahren und dann zur frühen Morgenstunde keine Menschenseele anzutreffen, welche man nach dem richtigen Weg aus dem Irrgarten fragen kann...) Es war ein Kunststück, aus diesem Flensburg herauszukommen. Nach immer wiederkehrenden Regenfällen und einer Frühstücks-Pause entschloss ich mich, das ganze Regen-Tenue zu montieren (d.h. Regenjacke, Hose, Schuhschutz). Leider waren meine Hosen, Schuhe und T-Shirt (vom schwitzen) jedoch bereits angenässt. Die Route war sehr eintönig und wenig interessant. Dazu dieser ständige Westwind und Regen... Das (einzig) positive heute ist, dass ich mit letztem Einsatz mein Ziel (Billund) erreichen konnte. Zwar erst um 19.30 Uhr (von 06.00 Uhr...), aber eben. Beim Campingplatz angekommen, war leider „kein Schwein“ an der Reception anwesend. Meinen Wunsch, eine Hütte zu mieten (es war recht kühl und ich durchnässt und leicht frierend) nahmen sich nach ca. 1 Stunde warten (!!) 2 dafür eigentlich nicht zuständige Männer an (Barkeeper und Hotel-Security-Man). Aufgrund der hohen Preise für eine Hütte (480 Kronen = ca. CHF 100.00) entschied ich mich dann doch für mein Zelt. Gegessen habe ich nichts mehr (immerhin Frühstück und Mittagessen hatte ich im Restaurant). Ich friere noch immer leicht hier im Aufenthaltsraum. Ich hoffe, der Schlafsack und mein Zelt geben mir in dieser (kühlen) Nacht genug warm. Ach ja, die Krämpfe (an beiden Hinterschenkeln) sowie die Schmerzen im linken Knie konnte ich dank dem Mittagessen wieder beheben. Jetzt schmerzen wieder nur noch die Knie...
Route: Flensburg - Billund 125 km
01.06.2005 - 2.Tourtag - Ruhetag in Billund
Nachdem ich bereits gegen 06.00 Uhr wach wurde, konnte ich doch noch bis um 10.00 Uhr weiterschlafen. Die Nacht war ziemlich kühl, besonders die Füsse und Hände waren trotz Socken eiskalt. Bereits beim Aufstehen spürte ich die Strapazen des Vortages. Beide Kniegelenke und die Kniekehle rechts schmerzen doch ziemlich. Umso mehr freute ich mich auf den Besuch im Legoland. Dieser riesige Park besteht aus einigen Bahnen, vielen aus Lego nachgebauten Sehenswürdigkeiten und Anlagen, div. Länder sowie natürlich aus vielen Imbissbuden. Eine tolle Sache. Leider spielte das Wetter auch heute nur bedingt mit, ein dauernder kühler Wind, stark bewölkt, jedoch trocken. Temperatur im Wind schätzungsweise knapp unter 10 Grad!! Tja, hätte ich ev. doch einen warmen Faserpelz mitnehmen sollen...? Der Sommer steht glücklicherweise noch vor mir... Aufgrund des Klimas ass ich bisher nur in Restaurants und an Imbiss-Ständen. Zum selber kochen ist es mir einfach zu kalt. Um die Regeneration und die Abwehrstärke meines Körpers zu beeinflussen, habe ich heute richtiggehend in mich hineingestopft (11.00 Uhr Kaffee und Kuchen, 12.00 Uhr Hot Dog, 15.00 Uhr Burger und Pommes-Frites, 19.00 Uhr Abendessen im Campingplatz, Buffet à Discrétion). Für morgen habe ich mir vorgenommen, westlich an die Nordsee zu fahren, je nach Witterung und meinem Zustand bis Skjern (ca 60km) oder bis Ringkobing (ca 90 km). Schön wäre, früh aufzustehen und somit bald nach Mittag am Ziel zu sein. Nun packe ich noch einwenig und dann geht’s ab in die kühle Nacht.
02.06.2005 - 3.Tourtag - Fahrt in den Westen
Bereits vor 05.00 Uhr bemerkte ich erstmals, dass es wieder mal wie aus Kübeln regnete. In der Hoffnung auf ein baldiges Regen-Ende blieb ich noch bis 07.30 Uhr liegen. Dann packte ich innerhalb 1 Stunde meine Sachen und das sehr nasse Zelt und auf gings Richtung Westen. Das Mindestziel, Skjern, erreichte ich bei Dauerregen und Nebel bereits um 11.30 Uhr. Irgendwie deckten mich die Bäume und Sträucher gut ab, so dass der Wind mir nicht mehr so viel anhaben konnte. Obwohl sich mein linkes Knie bereits wieder bemerkbar machte, rollte ich (gegen Schluss schmerzverzehrt) um 13.00 Uhr in Ringkobing ein. Der Campingplatz liegt nicht etwa an der Nordsee, sondern am Ringkobing-Fjord. Nach einer heissen Dusche machte ich mich zu Fuss auf in das ca 2 km entfernte Stadtcenter. Während in dieser Kälte unsere Italiener noch Handschuhe tragen würden, traf ich hier auf lauter Glace-Esser (meisten jedoch auch in dicken Jacken). Nach einem kurzen Bummel durch das Zentrum machte ich es mir in einem Kaffee während fast 2 Stunden bequem (da war es immerhin warm!) Kurz vor dem Einnicken im Restaurant musste ich mir natürlich auch noch eine Glace bestellen. Da ich heute noch fast nichts gegessen hatte (kleine Salami a Morgen, ein Vanilleplunder und eine Glace am Nachmittag), machte ich mich auf zum Italiener. Bei Kerzenlicht gabs eine feine Tomatencrème Suppe, Salat, Lasagne und ein Bier (160 Kronen). Wegen meinen Knieschmerzen bds weiss ich nicht ob ich morgen fahren kann. Ansonsten wäre ich fit, jedoch leicht erschöpft. Es regnet draussen noch immer, mein Trainer ist nass...! Mal schauen, was mir diese Nacht warm geben soll...
Route: Billund - Ringkobing 80 km
03.06.2005 - 4.Tourtag - Hallo Dänemark, es gibt dich ja doch...
Was für eine wunderbare Nacht! Warm, ruhig, bequem..., ABER, die Nacht verbrachte ich nicht draussen im Zelt, sondern mit Schlafsack auf dem Ledersofa im Aufenthaltsraum. Dieser blieb glücklicherweise die ganze Nacht zugänglich, obwohl kaum dafür gedacht, Glück braucht der Mensch... Aufgrund dieser morgendlichen Motivation entschied ich mich weiter zu fahren. Um 08.15 Uhr gings los, bei Nebel aber immerhin trocken, fuhr ich erneut mit nassem Zelt und anderen nassen Kleidern im Gepäck fort. Die noch kalten Kniegelenke schmerzten noch immer, ich versuchte deshalb mein Schmerzempfinden mit etwas Musik zu stören; und es klappte (MP3-Player sei Dank...)! Am Morgen fuhr ich auf tollen Naturstrassen sowie wenig befahrenen Nebenstrassen zwischen den vielen Fjorden zur Rechten und der Nordsee zur Linken. Eine super Route für einen solchen Tag; wenig anstrengend und mit sehenswerten Landschaften und schönen dänischen Häusern. Als dann gegen Mittag auch noch die Sonne leicht hervordrückte, da hatte ich mich sofort mit diesem Land versöhnt. Nach dem Fährenübergang bei Thyboron (ca 10min), traf ich sogar die ersten Tourenbiker an. Ein älteres Ehepaar aus Deutschland. Auch sie wussten über das Wetter der letzten Tage zu klagen; angeblich hätten sogar die Dänen seit Jahren keine solche Kälte zu dieser Jahreszeit mehr erlebt. Dank meiner guten Tagesform fuhr ich spontan weiter bis Thisted. Dieser Ort erwartete ich eigentlich auf der Insel „Mors“, da habe ich wohl die Karte falsch interpretiert... Die letzten 30 km setzten mir dann doch noch zu, vor allem weil ich seit dem Morgen „pflotsch nass“ war und mein Trink-Wasser ausgegangen war. Um ca 16.00 Uhr hatte ich es dann aber geschafft. Zur Feier des super Tages kochte ich erstmals selber (Pasta mit Tomatensauce, Chips und 1 Liter Bouillon!) Toll am Campingplatz; es hatte div. Gasherde, gratis und für Jedermann. Gute Tour, gut gegessen, so macht campen Spass.
Route: Ringkobing - Thisted 120 km
04.06.2005 - 5.Tourtag - Ruhetag in Thisted, Regen, Regen, Regen...
Bereits nach 04.00 Uhr der erste Schock; Dauerregen! Auch als ich dann gegen 08.00 Uhr meine bestellten Brötli abholte, Regen...! Dazu noch besser; alle meine nassen Kleider von gestern hängten noch draussen und waren jetzt immer noch nass...!!! Bei ca 12 Grad machte ich mich um Mittag auf ins Zentrum. Eigentlich suchte ich primär ein Internet-Café zum uploaden meiner Fotos sowie eine Wäscherei zum Trocknen meiner Kleider. Fehlanzeige! So gönnte ich mir eine Pizza, spazierte einwenig herum und nahm 2 Biere. Später schaute ich in einem Casino noch Eurosport, wo ich dann aber vom Barkeeper bald mal geweckt werden musste... Auffallend an diesem Nachmittag war, dass viele Dänen/innen trotz Dauerregen mit offenen Schuhen, ohne Schirm (wenn überhaupt dann nur mit Kaputze) gemütlich durch die Einkaufsstrassen liefen, nicht zu vergleichen mit der Schweiz. Bei meiner Rückkehr zum Campingplatz gönnte ich mir (nachdem ich die nasse Wäsche bei den Sanitäranlagen über die Türen gehängt hatte...) wieder 2 Std. Schlaf. Gerade vorher habe ich dann im Camping Restaurant noch einen Hot-Dog verdrückt und einwenig die Route für morgen geplant. Wie ich aus einer Zeitung sehen konnte, sollte es die nächsten Tage trocken bleiben, ja sogar teilweise sonnig werden. Mein Ziel heisst „Lokken“, mit einem angeblich super schönen Strand. Primär benötige ich dann jedoch einen Tumbler... So, jetzt esse ich noch meine Pasta in Gemüse-Bouillon fertig, dann werde ich wohl bald räumen und schlafen gehen, damit ich morgen frühzeitig nach Lokken aufbrechen kann. Seit ca. 1 Std ist es trocken, hoffentlich bleibt es so...
05.06.2005 - 6.Tourtag - Endlich direkt an der Nordsee
Das war eine unruhige Nacht. Es windete was das Zeugs hielt, das Zelt stand dies glücklicherweise gut durch. Erstmals musste ich jedoch beim Packen am Morgen die noch vorhandene trockene Wäsche separat verstauen. Auch so gings dann gegen 07.30 Uhr bei nur 11 Grad und starker Bewölkung auf den Weg nach Lokken. Ziemlich rasch habe ich den Tritt wieder gefunden, was bei den schönen Aussichten auf die Fjorde, Felder in saftigem grün, Wälder, nicht zu verwundern war. Aufgrund meinem guten Lauf und der Möglichkeit um 12.00 Uhr bereits in Lokken zu sein, fuhr ich ohne Sitzpause gleich durch. Meine erste Frage bei der Ankunft galt dem Tumbler; der Campingplatz-Besitzer bejahte mit einem Lächeln. .. Dieses verging mir jedoch schon bald unter der Dusche, als trotz 5 Kronen nur kaltes Wasser herausspritze... Und woher zum Geier kamen die 2 Löcher in meiner Regenhose?? All dies vergass ich dann jedoch auf dem Strandspaziergang in die Stadtmitte. Die Dünen, geformt wie Mini-Alpen, dazu die Nordsee, stürmisch im kühlen, starken Wind. Wundervoll! Dann erreichte ich die Fussgängerzone von Lokken; wow, ein prachtvolles, sympathisches Städtchen, bunt mit vielen Bars, Discotheken, Restaurants und Läden. Hier muss im Sommer die Hölle los sein.... Ich kaufte mir hier dann (endlich) doch noch einen Faserpelz, mal schauen ob ich dafür noch Platz in den Velotaschen finde. Auf dem Rückweg genoss ich sicher nochmals 2 Stunden die Strand-, Dünen- und Meeresnähe. Ein schöner Augenblick, bis auf den Wind und das Meer pure Ruhe... Während dem Spaziergang und gemütlich sitzend auf einer Holzbank mit Blick auf das Meer, konnte ich richtig durchatmen und geniessen... Zum Nachtessen war ich dann ebenfalls wieder im Zentrum, da heute die Supermärkte geschlossen hatten, konnte ich nicht selber kochen. Morgen fährt um 10.00 Uhr meine Fähre von Frederikshavn nach Göteborg, da muss ich wirklich früh aufstehen. Das war heute noch einmal ein schönes Highlight von Dänemark. Der Strand und das Städtchen Lokken war etwas vom schönsten wenn nicht sogar das schönste, was ich von Dänemark gesehen habe.
Route: Thisted - Lokken 100 km
06.06.2005 - 7.Tourtag - Ankunft in Schweden am 1.Nationalen Feiertag
Die letzte Fahrt in Dänemark erstreckte sich über ca. 55 km von Lokken in das östliche Frederikshavn. Da bereits um 10.00 Uhr die Fähre nach Göteborg startete, fuhr ich bereits um 06.00 Uhr in Lokken los. Diese „kurze“ Strecke zeigte mir nochmals die weitläufigen Felder Dänemarks. Kurz vor 09.00 Uhr erreichte ich Frederikshavn. Dort wartete bereits ein anderer Biker; Andreas aus Zürich, er hat soeben fertig studiert. Er ist während 2 Wochen durch Dänemark gefahren, übernachtete jeweils in so extra Uebernachtungsplätzen (gratis) für Biker und Tramper (Diese Plätze sind nur in einem speziellen Führer gekennzeichnet). Die Ueberfahrt sowie den angebrochenen Tag verbrachten wir dann zusammen. Göteborg (Schweden) empfing uns regnerisch und kühl. Nachdem wir uns in einem Bücherladen neue Strassenkarten gekauft hatten, genehmigten wir uns eine Kaffeepause. Der Beizer klärte uns auf, dass er gerade heute eröffnet hat und spendierte uns sogleich einen Gratis Kaffee (wir waren die einzigen Gäste). Bei gemütlichem Schwatz verging die Zeit rasant. Bei der anschliessenden Stadt-Exkursion „by bike“ trafen wir immer wieder auf kleine Menschenmengen mit Fahnen, aber auch auf Musiker auf verschiedenen Plätzen. Auf einem grösseren Platz lauschten wir dann bis ca. 18.00 Uhr einer Musikparade verschiedener Blasmusiker. Irgendwie eine grosse Angelegenheit, aber irgendwie doch verhältnismässig mit wenigen Zuschauern, da wurden wir natürlich neugierig und erkundigten uns bei Passanten. Ein Schweden-Paar klärte uns dann auf, dass dies der „1.National-Day of Sweden“ sei. Bis anhin gab es keinen Nationalfeiertag sondern „nur“ ein Tag der Schwedischen Flagge, dieser war jedoch ein normaler Arbeitstag. Vielen Schweden sei dieses Fest einwenig suspekt, denn „we don’t know how to celebrate it...“ sagte der Mann. Da Andreas bzw. ich andere Uebernachtungspläne hatten, trennten sich unsere Wege am Abend wieder. Da ich in Betracht zog, einen zusätzlichen Tag in Göteborg zu bleiben, suchte ich mir eine Jugendherberge im Zentrum. Für 185 Schwedische Kronen (ca. CHF 35.00) fand ich eine Bleibe und lernte dort gleich einen 25 jährigen Pakistaner kennen, welcher jedoch seit Jahren in London lebt. Ein super Typ. Seine Reise führte am nächsten Tag mit der Fähre und dem Zug nach Riba (DK). Doch zunächst machten wir zusammen einen Stadtbummel. Später galt die Suche dann einem guten Pub bzw. einer guten Party... Fehlanzeige! Trotz „National-Day“ (es war Montag) trafen wir kaum auf Menschen in der Stadt bzw. in den Pubs. Die Pubs waren unglaublicherweise leer! Trotzdem war der Stadtrundgang toll. Ich konnte wohl noch nie so viel Englisch sprechen und ein Bier auf dem Rückweg gabs dann doch noch. Gegen Mitternacht zeigten wir uns noch die bisher gemachten Fotos (er hatte einen Laptop bei sich), dann war Feierabend.
Route: Lokken - Göteborg 55 km
07.06.2005 - 8.Tourtag - Wenn der Tag lange wird...
Jetzt musste ich mich entscheiden; weiterfahren oder ein freier Tag in Göteborg. Nach dem ich in der Jugendherberge einen PC fand und so meinen 1. Reisebericht schreiben und versenden konnte, machte ich mich bei schönem Wetter gegen 11.00 Uhr auf die Weiterreise. Mein Ziel? Reibungslos aus der Stadt herauskommen und dann einfach fahren lassen. Die ersten (theoretischen) 20 km waren eine richtige Tortur. Sehr verzwickt, ich benötigte ca. 2.5 Std. zur ersten Ortschaft ausserhalb von Göteborg. Aber dann bekam ich wirklich tolle Landschaften zu sehen. Ich fuhr querfeldein über Kiesstrassen und Feldwege, durch gemütlich kleine Dörfer, ohne Ziel vor Augen. Ich fuhr dann unverhofft an eine schöne, leicht erhöhte Festung, die Festung „Bohus“, ich nützte dies spontan zur Besichtigung und zu einer Pause (mit Glace). In Stenungsund entschloss ich mich dann, zur Insel Tjörn zu fahren. Ein wunderschöner Anblick der Fjorde und der kleinen Inseln, tolles Wetter, eine sehr schöne Route, eigentlich die tollsten Landschaften der bisherigen Tour. So langsam wartete ich auf das Erscheinen des auf der Landkarte eingezeichneten Campingplatzes, denn es war bereits 19.00 Uhr und ich langsam k.o. Doch irgendwie kam dieser Campingplatz nicht mehr. So musste ich mir bei einem Halt unterwegs an einem Kiosk, während ich eine Cola verschlang, überlegen, ob ich nun wild campen soll oder nochmals 25 km zum nächsten Campingplatz auf die nächste Insel fahren soll. Ich liess mir beide Optionen offen und fuhr bei nun stärkerem Gegenwind (!) weiter. Schliesslich erblickte ich kurz vor 21.00 Uhr, erst am Ende der Insel Orust, einen kleinen Campingplatz direkt an einem Fjord. Nach der gekochten Gulaschsuppe, Würstchen und Bouillon, als Dessert div. Muffins, gings dann ziemlich erschöpft ins Bett.
Route: Göteborg - Insel Orust 100 km
08.06.2005 - 9.Tourtag - Ruhetag,wenn das Essen den Verlauf bestimmt...
Auch wenn ich erneut in dieser Nacht für kurze Zeit kalt hatte (eigentlich wie immer bisher im Zelt), so schlief ich doch schlussendlich bis 09.00 Uhr durch. Da kam wohl der lange Fahrtag gestern zum Vorschein... Nach kurzem Kartenstudium wurde mir schnell mal mein heutiges Problem bewusst. Eigentlich plante ich ja einen Ruhetag für heute, aber da der Campingladen geschlossen war (nur 3Tage/Woche geöffnet...!) und ich kein Essen dabei hatte, begann die Suche nach der Lösung. Der nächste Laden 10km (zuweit) entfernt, weiterfahren wollte ich eigentlich auch nicht, den ganzen Tag nichts essen ging jedoch auch nicht. Nachdem ich zig Möglichkeiten durchgegangen war, probierte ich es mit der wohl einfachsten, aber m.E. unwahrscheinlichsten Lösung. Ich telefonierte der Campingplatz Besitzerin (Tel-Nr. war an der Tür) und fragte ob sie den Laden ev. für mich öffnen könnte... und zu meiner Ueberraschung bejahte sie (Ob dies in der Schweiz wohl auch geklappt hätte...?) Durch den erfolgten Motivationsschub war mein Tag nun gerettet. Wieder einmal kochte ich Spaghetti mit Sauce (na ja...), rasierte mich das erste mal auf der Tour (oh ja es war mal nötig...) und setzte mich zur weiteren Tour-Planung an den Fjord. Die Frage; „weiter der Nordsee entlang nach Oslo fahren oder der etwas längere Weg östlich an den Vänernsee,“ verbrauchte doch einiges an Energie. Aktuell habe ich mich für den direkten Weg entschieden. Dies, weil ich mal die offiziell ausgeschilderten Fahrrad-Wege ausprobieren möchte und die andere Route wohl vermehrt auf Hauptstrassen gewesen wäre. Jedenfalls spüre ich meine Oberschenkel noch immer, die Erholung war also dringend notwendig. Nun freue ich mich auf die Weiterfahrt morgen, auf welcher Route auch immer...
09.06.2005 - 10.Tourtag - Ein rundum sehr guter Tag
Die „Kälte“ in der Nacht und Ihre Auswirkungen: letzte Nacht musste ich 3x mit einer vollen Blase aufs WC (vor dem Schlafen um 23.00 Uhr, nachts um 03.00 Uhr und beim Aufstehen um 08.30 Uhr...). Trotzdem wurde es noch ein super Tag. Die Sonne schien den ganzen Tag, so dass ich erstmals (!) im T-Shirt fahren konnte. Nachdem mir meine netten schwedischen Oldie-Nachbarn eine detailiertere Strassenkarte besorgten, gings um 09.45 Uhr auch schon los. Die heutige Tour führte mich sozusagen von Insel zu Insel. Die Insel „Orust“ verliess ich über eine schöne grosse Brücke, von Bokenäset nach Lisekils wurde ich gratis mit einer Fähre (ca. 5min Fahrt) geführt. Um nach Smögen (Dorf auf einer weiteren ganz kleinen Insel) zu gelangen, musste ich zunächst nordwärts um einen Fjord, dann südwärts zur Insel fahren (dafür bestand keine Brücke...). Auf dem Weg dahin besuchte ich spontan einen Zoo (schön im Wald/Fels gelegen), mit herrlicher Aussicht auf den Fjord. Um ca 15.00 Uhr gings dann weiter nach Smögen. Die sehr schöne Insel besteht alleine aus dem Dorf „Smögen“, in der Hauptsaison ist es ein sehr bekannter Bootshafen. Die Häuser sind teilweise in den Fels gebaut, auch ansonsten besteht die Insel aus vielen grossen Flächen Gesteinen und Pflanzen. Die „Attraktion“ ist jedoch ein Holzweg (1 bis 2 m breit), welcher zwischen den Shops bzw. Häusern und dem Meer gebaut wurde. Ein falscher Tritt und man fällt ins Wasser... Zufällig konnte ich am Fischerhafen noch beobachten, wie die Fischerboote ihre Beute zurückbrachten; Kisten voll mit Riesencrevetten sowie zig dutzend ca. 1m grosse Fische. Dies war irgendwie spannend. Gerne wäre ich mal einen Tag mit rausgefahren... Ca. 2 km nach Smögen, in Väjern, habe ich dann einen super (!) 4-Sterne Campingplatz gefunden. Ich sitze jetzt in einer wunderschönen Felslandschaft, der Wind bläst, das Meer rauscht, was will ich mehr...
Route: Insel Orust - Väjern (bei Smögen) 60 km
10.06.2005 - 11.Tourtag - „mal ufe mal abe....“
Um 08.45 Uhr, nach einem „stehenden“ Frühstück mit warmen Brötli und einem Schoko-Drink gings los. Die Sonne schien es erneut gut zu meinen, so konnte ich erneut im T-Shirt fahren. Die Route selber war wenig spektakulär. Vorwiegend auf wenig befahrenen Hauptstrassen fuhr ich durch Felder und Wälder. In Grebbestad gönnte ich mir dann in einer Pizzeria eine Pizza... Hierzu gilt zu sagen, dass ich mich wohl schnell durch die 2 sehr sympathischen (bosnischen) Mädels (sprachen gut deutsch) überzeugen liess, die mächtig Werbung für Ihre Pizzas machten. Als ich als „Vorspeise“ ein Magnum kaufen wollte, offerierten sie mir dann (gratis und à discretion) Salat aus eine grossen Schüssel an. Natürlich nahm ich das Angebot dankend an. Nach gemütlichem Schwatz + feinem Essen (65 Kronen inkl. Getränk!!) führte mein Weg weiter und zwar ab sofort weg vom Meer Richtung Osten, mit dem Hintergedanken, noch nicht nach Norwegen, sondern noch weiter nördlich innerhalb Schweden zu fahren. Dieses Teilstück am Nachmittag nach „Ed“ hatte es in sich. Während ca. 48 km gings rauf, runter, rauf, runter... dazu windete es schon den ganzen Tag sehr stark. Meine Oberschenkel waren also gefordert. Um 16.15 Uhr hatte ich es dann geschafft. Speziell zu erwähnen ist höchstens noch, dass ich ein totes Reh am Strassenrand erblicken musste sowie mir mal wieder ein anderer Tourenfahrer entgegenfuhr, dazu holte ich mir an den Waden einen Sonnenbrand... Hier im Campingplatz musste ich aber mächtig Dampf ablassen; für (ungewohnt teure) 155 Kronen wollten die mir einen völlig ungepflegten und von Hunden als WC benütztes „Stück grün“ geben (ich war Zeuge eines solchen Rituals...). Verärgert dadurch schritt ich zurück zur Reception. Meine englischen Ausdrücke beinhalteten vor allem „shit place“, „dog’s pisses“ oder „never see so a bad place before...“. Ich war wirklich sauer! Sie boten mir dann einen anderen Platz direkt an der Strasse an; immerhin mit sauberer Fläche, aber m.E. eigentlich immer noch zu teuer... Für ein 4-Sterne Campingplatz also ganz schwach! Morgen geht’s weiter, zum Glück.
Route: Väjern - Ed 110 km
11.06.2005 - 12.Tourtag - Eine traumhafte Route im dichten Wald
Um nicht zu grosse Umwege machen zu müssen, habe ich mich gestern Abend noch entschieden, nun doch bereits heute nach Norwegen einzureisen. Die kürzere Strecke von „Ed“ nach „Nössemark (Schweden), anschliessend westlich nach Halden (Norwegen) betrugen je 30 km. Bei trockenem, aber stark bewölkter Witterung startete ich um 08.00 Uhr bei ca. 13 Grad. Die kaum befahrene Strasse nach Nössemark war einfach Natur pur, wunderschön! Der Weg führte durch dichtes Waldgebiet, welches aber regelmässig von Seen und Flüssen erhellt wurde. Dank dieser „Einsamkeit“ hatte ich sogar das Glück, mehrere Wildtiere an den Strassen zu erblicken. Zunächst ein Reh ca. 30m weg von der Strasse am Waldrand, dann lief plötzlich ca. 50m vor mir ein Fuchs samt Beute im Maul der Strasse entlang. Nur dank Nordwind wars mir möglich, so nahe an den Fuchs heranzufahren, bevor er mich dann doch bemerkte und blitzschnell im Wald verschwand. Später hoppelte noch (wohl) ein Haase über die Strasse. Zu guter Letzt stand dann auch noch plötzlich ein riesiger Elch da, nur ca. 2m rechts am Strassenrand am Waldrand. Er rannte jedoch sehr schnell zurück in den Wald, als er mich „heranbrausen“ sah. Ich hörte dann nur noch überall Aeste und Büsche brechen... Eindrücklich und interessant waren auch einzelne Knochenstücke am Strassenrand, wobei der letzt erblickte schon ziemlich gross (ca. 35 cm) und klar erkennbar war (ein Tierbein samt Haaren...) Die Fahrt nach Norwegen habe ich mangels Zoll kaum wahrgenommen. Nach Ankunft in Halden (Campingplatz 200m über dem Dorf...!) um 11.45 Uhr genehmigte ich mir die erste Mahlzeit des Tages (Riesen Burger mit 250g Fleisch, Pommes und Glace). Nachdem ich das Zelt aufgestellt hatte und wieder frisch war, nahm ich den Bus an die 10km entfernte Landesgrenze Schweden/Norwegen bei Svinesund. Wie ich vor wenigen Tagen aus einer schwedischen Zeitung erfahren konnte, findet gerade heute auf der Autobahn E6 die Eröffnung der landesüberschreitenden Brücke statt. Ein grosser Anlass für die beiden Länder. Mit einem Lauf-Wettbewerb mit einigen tausend Teilnehmern, viel Musik, Essständen und Werbeständen wurde das Fest zelebriert. Um 21.00 Uhr ging ich dann zurück, gezeichnet von den letzten Tagen, mit müden Beinen. Aber schön, war ich wieder (wie in Göteborg) zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Man muss die Feste feiern wie sie fallen...
Route: Ed - Halden (N) 60 km
12.06.2005 - 13.Tourtag - Ruhetag - Der obligate Regen im neuen Land
Mein neuerlicher Versuch, ohne Socken zu schlafen, endete wie schon in der 1.Tournacht schon nach wenigen Stunden. Es war allgemein eine ziemlich unruhige Nacht. Nachdem es bereits gestern beim Zeltaufbau begann leicht zu regnen (Hallo Norwegen...!), bereits vorweg; heute regnete es praktisch durchgehend stark, gewittrig, teilweise sogar mit minimen Hagelkörnern. Trotzdem hatte ich heute vor, wieder einmal in die Kirche zu gehen (Sonntag, und Ruhetag). Um 09.00 Uhr begab ich mich ins Dorf, spazierte einwenig dem Hafen entlang, nahm an der Tankstelle einen Kaffee (pfui diese Pfütze..!) und 3 Brötli, bevor dann um 11.00 Uhr die Messe begann. Begleitet wurde die Feier durch einen gemischten Chor sowie einem Trompeter. Zur Ueberraschung fand heute gerade eine Taufe statt. Auffällig, dass nur 4 Verwandte da waren (Gotte aus Deutschland und 3 ziemlich ältere norwegische Frauen). Obwohl ich praktisch kein Wort verstand, fand ich den Pfarrer mit seiner offenen, lächelnden Art sehr positiv. Einige Leute lachten jedenfalls immer mal wieder ab den Worten des Pfarrers (und so solls ja auch sein; nicht immer nur ernst und stur). Ungewohnt war, dass die Leute für die Spenden hinter den Altar laufen mussten, man stand in einer Kolonne, wie bei der Kommunion. Auch die Kommunion verlief anders als ich es bisher aus der Schweiz gewohnt war. Die Leute nahmen einen kleinen Kelch zur Hand, knieten um den Altar und bekamen dann nach der Hostie auch noch Wein...! Interessant! Um 13.00 Uhr, nachdem der „Padre“ vom Chor noch eine Zugabe forderte (!!) und dazu (fast) im Takt mit dem Kopf nickte und mit den Füssen „klopfte“, war die Messe fertig. Danach hatte ich Hunger. Da kein Restaurant geöffnet hatte, ging ich in ein Pub auf ein Bier (50 Kronen!!). Anschliessend holte ich mir halt wieder einen Riesen-Burger, Pommes und Glace und machte mich auf den Rückweg (Die Burger und die Glaces dort waren einfach gigantisch gut!!!) Wegen des einsetzenden Gewitters verbrachte ich den restlichen Tag im Zelt mit Schlafen, Musik hören, etc... Nachdem es kurz aufgehört hatte zu regnen, entschloss ich mich auf ein gutes Essen nochmals ins Dorf hinunter zu laufen. Die Lasagne für 95 Kronen war dann nicht so der Knüller. Bei der Rückkehr war dann erstmals die Reception geöffnet, womit ich dann (halt) doch noch meine Zeche von 300 Kronen zahlen musste/konnte. Wohl dank diesen hohen Uebernachtungspreisen kann er sich einen Oldtimer leisten... Ueberhaupt fällt es hier in Halden rasch einmal auf, dass es hier viele Oldtimer-Fans gibt. Auf dem Rückweg zum Zelt bemerkte ich dann einen grossen Menschenauflauf direkt entlang des Campingplatzes, bei der Frederiksburg. Neugierig schloss ich mich der Menge an und fand mich plötzlich am Eingang der Burg. Hier fand heute die Erstaufführung der Oper „Aurora“ statt, schön auf dem Burggelände, für 300 Kronen. Da zufällig gerade 2 Ladies ein Ticket übrig hatten, kaufte ich Ihnen das Billet ab. Bei einsetzendem strömenden Regen endete die Oper um 01.00 Uhr. Dank den Ladies, welche mich mit einem Teil Ihres Regenschutzes zudeckten blieb ich sogar (fast) trocken (die Einheimischen waren natürlich so schlau und hatten alle Regenbekleidungen in Ihren Taschen...). Obwohl ich kein Wort des Stückes verstanden habe, wars mit Pferden, Kanonen und Gesang (und Lichtpannen...) ein gelungenes Spektakel.
13.06.2005 - 14.Tourtag - Eine kürzere, unspektakuläre Fahrt
Nachdem ich heute morgen den Regenstop abwartend ausgeschlafen habe, gings nach Brötli und Schokogetränk sowie Kauf einer Landkarte um 10.45 Uhr los. Die Tour via Rakkestad nach Trogstad (ca. 65 km) verlief kurz und ereignislos zuerst durch Wald- und Feldgebiete und dann auf einer überraschend stark befahrenen Strasse mit eigentlich wenig Energieverbrauch. Mit dem Wetter (sehr wechselhaft) hatte ich Glück. Beim 1.Regenfall um 13.00 Uhr trank ich eben einen Kaffee im Restaurant, am Abend war ich mit dem Essen gerade fertig. Das Essen war richtig gut; Peperoni-Schnitze mit chinesischer Sauce, Mozzarella, Rostbeaf und als Hauptspeise Spaghetti mit a) Tomatensauce b) der chinesischen Sauce. Der Campingplatz ist klein aber sympathisch hinter einem Bauernhof. Die Dusche mit Warmwasser war gratis und dauerte entsprechend lange... Ah, und das erste mal seit dem 1.Tourtag bin ich praktisch beschwerdefrei ohne Kniebandage gefahren. Ich freue mich auf die kurze Fahrt nach Oslo morgen.
Route: Halden - Trogstad (bei Bastad) 65 km
14.06.2005 - 15.Tourtag - Eine Fahrt des ewigen „Kartenzückens“
Heute regnete es nur einmal in strömen; genau; beginnend in der Nacht bis Mitte Nachmittag. Trotzdem war ich unterwegs im „Regen-Vollschutz“ positiv auf die „kurze“ Route nach Oslo eingestellt. Gerechnet hatte ich mit nur etwa 3 Std. Fahrzeit, so wars auch egal, dass ich erst gegen 10.30 Uhr startete. Da ich vom Süden her in die Grossstadt Oslo fahren wollte (näher zum Campingplatz), musste ich wieder etwa 10 bis 15km der gestern gemachten Route retour fahren. Dann begann die Mission „wie bzw. wo komme ich über den Fluss...?“ Schön blöd, wenn bei 3 verschiedenen Strassenkarten unterschiedliche oder ungenaue Angaben vorliegen... Ich entschloss mich deshalb für die m.E. sicherste Route, doch das stetige auf und ab, rechts und links, km für km verdrehte mir so den Kopf, dass ich ziemlich orientierungslos immer wieder nach Anhaltspunkten suchte (nur blöd, dass die kleinsten Dörfer nicht auf meinen Landkarten vermerkt sind...) In der Annahme, dass ich mich auf dem falschen Weg befinden musste und doch immer wieder steil auf- und abwärts fuhr, begann mich der Gedanke,wohl irgendwann wieder umkehren zu müssen, doch etwas anzukotzen...! Aber voilà, aus heiterem Himmel, ein Kraftwerk, eine Brücke... es war der richtige Weg! Auch wenn ich die restliche Route bis Oslo richtig fuhr, bei diesen Nebenstrassen kehrte bei mir keine Sicherheit mehr ein; ständig zückte ich die Karte, suchte beim Busplan nach Anhaltspunkten; ich habe mich selten so fest auf das Erreichen einer grossen Hauptstrasse (Nr.115) gefreut! Bei diesem Tam-Tam ging völlig unter, dass die Route eigentlich sehr schön gewesen wäre (Wald, Felder), doch der Regen, die Unsicherheiten und das wirklich wiederholende auf und ab nahmen heute leider überhand. „Von wegen kurze Fahrt nach Oslo...“ Heute war ich mental ganz einfach nicht auf eine solche Strecke vorbereitet. Angekommen bin ich trotzdem um ca 16.30 Uhr, in Oslo habe ich den Weg zum Campingplatz schnell gefunden und es ist toll hier. Jetzt habe ich 2 Tage Radpause und Zeit, Oslo zu besichtigen. Ein 1.Zwischenziel (Oslo) habe ich erreicht. Zurückgelegt sind bis jetzt fast 1000km (Flensburg bis Oslo).
Route: Trogstad - Oslo 70 km
15.+16.06.2005 - 16.+17.Tourtag - Ruhetage in Oslo
Zwei gemütliche Tage in Oslo gehen langsam dem Ende zu. Es hat mir in dieser Stadt, wohl auch dank sehr gutem Wetter, sehr gut gefallen. Das Zentrum mit den Einkaufsstrassen ist sehr schön, insbesondere natürlich die „Karl Johans gate“, welche vom Bahnhof geradeaus zum königlichen Palast führt und ganz nebenbei noch an einigen Sehenswürdigkeiten entlang führt. Auch die fantastisch vielen Restaurants am Hafen, aber auch im Zentrum, sowie die verschiedenen Parks mit Gewässern waren toll. Die Menschen sind gemütlich und laufen ähnlich wie in London sehr verschieden und teils speziell herum. Toll. Das einzige Manko dieser Stadt; sie ist wirklich sehr teuer! Mein allzeit geliebtes Soft-Ice oder auch ein Becher Cola (3 dl) kosteten je 25 Kronen!! Dafür verkauften sie auch hier ca. 50cm lange, in vielen verschiedenen Geschmäcker erhältliche Lakritzen (Bäredreck). Ein Renner hier im Norden. Dazu hatte ich gestern noch Gelegenheit, im Internet-Café am Bahnhof meinen 2.Reisebericht, wohl für längere Zeit der letzte, zu versenden. Um 22.30 Uhr hole ich Fabio am Bahnhof ab. Die Tour geht weiter und ich freue mich enorm auf die bevorstehende Zeit, in welcher wir voraussichtlich meistens „wild“ campen werden . Eine neue Erfahrung, auf welche ich mich natürlich freue. Zu hoffen bleibt, dass das Wetter weiter mitspielen wird und dann bin ich gespannt, wie wir die hohen Berge „knacken“ werden, der Respekt ist da, die Vorfreude aber ebenso. Nun geht’s ans Ordnung machen im Zelt, denn es wird nun enger... Keine Ahnung wohin uns der Weg morgen führen wird...
17.06.2005 - 18.Tourtag - Höfliche Norweger, „raus aus der Stadt“
Die erste Etappe zu zweit... Da wir am Vorabend noch bis fast 02.00 Uhr wach waren, starteten wir heute erst kurz vor 11.00 Uhr. Primäres Ziel, ohne grosse Verfahrer, d.h. möglichst rasch aus der Grossstadt Oslo heraus. Gemeinsam haben wir uns entschieden, nicht die südliche Meeres-Route, sondern quer d.h. westwärts mitten durch das Innenland Norwegens Richtung Stavanger zu fahren. Unsere Expedition wurde jedoch noch in der Innenstadt Oslos gebremst, als wir von 3 Polizisten von der Fernverkehrstrasse (nicht Autobahn!) gewunken wurden. Tja, diese Strasse war für Velofahrer gefährlich und verboten, hiess es. Die jedoch sehr höflichen Polizisten zeigten uns anschliessend sogar einige Sehenswürdigkeiten Norwegens auf unserer Strassenkarte; sicher 30 min dauerte die „Werbung“ für Norwegen. Die weitere Fahrt durch Oslo war dann ziemlich verstrickt, so dass wir von Glück reden konnten, als uns ein netter Norweger sein Hilfe anbot, uns aus der Stadt zu lotzen. Auch er war Velofahrer und auf dem Heimweg. Nach langer Fahrt durch Wälder, Haupt- und Nebenstrassen trafen wir am Abend in Drammen ein. Um einen geeigneten Uebernachtungsplatz zu finden (erstmals „wild“ dank dem gültigen „Jedermannsrecht“), kämpften wir uns jedoch nochmals 30 min. bergaufwärts; aber es lohnte sich vollends! Erhöht, in einem lichten Waldstück, mit viel Brennholz bereit und in der Nähe eines Bauernhofes fanden wir ein superschönes, ruhiges Plätzchen. Am Feuer grillierten wir Cervelats (als Vorspeise) und kochten anschliessend Spaghetti. Gegen 01.00 Uhr, nach zwei Partien „Mühle“ (ohne dass wir uns gegenseitig auch nur 1 Stein hätten nehmen können; also unentschieden), gings „ins Bett“. Wir hatten riesen Glück, nach dem Dauerregen den ganzen Tag wurde es am Abend trocken, sogar die Sonne zeigte sich noch.
Route: Oslo - Drammen 65 km
18.06.2005 - 19.Tourtag - Langsames Antasten an die Berge
Nach super Schlaf machten wir uns irgendwann in den Sattel. Irgendwann, weil wir seit gestern ohne Uhr durch die Tour gehen wollen. Wir haben Zeit, also essen, schlafen, fahren wir je nach Bedürfnis. Obs klappt? Ein sicherer Anhaltspunkt ist; (erst) gegen 23.00 Uhr ist es ziemlich dämmrig. Die heutige Tour war wieder ein Natur Leckerbissen. Wir sind an zig Seen vorbeigefahren, haben schöne, lange Wälder passiert (vorwiegend auf Nebenstrassen) und haben Höhenmeter gestrampelt... viele, viele. Doch zum Glück, die Sonne schien, meine Beine waren bereit und eben, die Landschaft war wunderbar. Zum Schluss der Tages-Etappe wurden wir dann auch mit einer Bergabfahrt von 5,5 km + nochmals 3,5 km belohnt, wir waren wohl ziemlich weit oben... Auf dem entfernten Berg konnten wir sogar den ersten Schnee (bzw. restlichen Schnee des Winters) der Tour entdecken. Unser Zelt haben wir heute fast im Zentrum von Notodden, auf einer ca. 200 m2 grossen Grünfläche, zwischen Hauptstrasse und Bäumen aufgestellt. Nach einem super Essen (Ton- Zwiebelsalat, Tomaten-Feta-Salat, Kartoffelsalat, Peperoni und Gutzeli) und einwenig „Häcki“ spielen und Musik hören, geht’s jetzt ab ins Bett. Es ist Samstag, es ist etwas lärmig von der Strasse her und von der lauten Musik aus den vorbeifahrenden Autos, aber meine Müdigkeit wird’s wohl richten.
Route: Drammen - Notodden 60 km
19.+20.06.2005 - 20.+21.Tourtag - Typisches Mittelland
Nachdem uns am Vorabend ein „Haus-Nachbar“ (Häuser oberhalb unserer Wiese hinter den Bäumen) besuchte und uns über die Gegebenheiten der verschiedenen Wege nach Seljord aufgeklärt hatte, entschieden wir uns für die „flachere“ Route der Hauptstrasse E134 entlang. Es war wettermässig ein superschöner Tag und einer der bisher wärmsten Tage (ohne Wind) der Tour, Sonnencrème also Pflicht! Das Verkehrsaufkommen hielt sich m.E. in Grenzen, es ist ja auch Sonntag. Der ganze Weg war eine Augenweide zwischen steilem Wald-Berggebirge hindurch, das ganze „relativ“ flach, bis auf eine „Steigung“, welche es allerdings in sich hatte (Pass-ähnlich), da sie erst gegen Schluss war. Unsere Schluss-Abfahrt nach Seljord unterbrachen wir dann für ein „Mittag/Abendessen“ in einem feinen Gartenrestaurant. Mit der neu gewonnenen Kraft und Motivation hofften wir, bei einer Weiterfahrt um zusätzliche 20 km nach Kviteseid, noch die dortige Fähre zu erreichen, welche uns auf dem Telemark-Kanal bis nach Dalen führen sollte. Sollte..., denn in Kviteseid angekommen, erfuhren wir, dass das Schiff nur 1x täglich fährt, um 17.00 Uhr. Tja, da waren wir zu spät. So übernachteten wir (gratis) auf einem Campingplatz (tja wenn niemand anwesend ist um zu zahlen...) und gönnten uns heute einen freien Tag, welchen wir am See liegend und essend verbrachten. Um 17.00 Uhr führte uns das Schiff nach Dalen. Die Fahrt auf dem Telemark-Kanal dauerte über 2 Std. und kostete CHF 50.00 (!!). Trotz diesem horrenden Preis, die Fahrt zwischen den Gebirgsketten aus tiefem Wald war eindrücklich. Nun haben wir unser Zelt auf einem Feld, umgeben von Bäumen und einer hohen Gebirgskette, aufgestellt. Der höchstens 50m entfernte Fluss rauscht, ansonsten herrscht totale Stille! Ein gemütlicher Ruhetag wars...
Route: Notodden - Kviteseid 80 km - mit Fähre nach Dalen
21.06.2005 - 22.Tourtag - Eine wunderschöne Route auf etwa 800 m.ü.M.
Apropos schöne Gebirgskette... Gleich zu Beginn der heutigen Tour begann der steile, lange Aufstieg von Dalen (ca. 70 müM) auf eine Höhe von ca. 800 müM (!). Der ganze Aufstieg folgte auf den ersten 10 km, eine harte Fahrt morgens um 07.45 Uhr. Einmal auf der Höhe, war die Fahrt ein angenehmes (leichtes?) auf und ab. Die schmale Strasse, kaum Verkehr, Bergseen, rauschende Bäche und Wasserfälle, dies sind wohl die Gründe, dass ich die Anstrengung nach dem harten Aufstieg wohl gar nicht mehr wahrgenommen habe. Ich fühlte mich einfach pudelwohl während der ganzen Fahrt bis „Nomeland“. Es war so wie in den Schweizer Bergen, einfach viel länger und immer wieder „Bergseen“. Bei einem schönen grossen Wasserfall machten wir dann für ein paar Fotos sowie um unsere „Kletterkünste“ zu testen eine Pause. Dann gings gegen Schluss während ca. 6 km den Berg hinunter nach „Valle“. Wahrscheinlich sind wir jetzt wieder nur wenige Meter über Meer. Nachdem wir den ganzen Tag mit Sonnenstrahlen verwöhnt wurden, hat es nun gegen 18.00 Uhr angefangen zu regnen. Zum Glück steht unser Zelt bereits, heute auf einer ungeschnittenen Wiese, hinter uns ein paar Bäume, vor uns der Fluss. Da wir für morgen eine noch härtere Tour erwarten (Strasse mit Wintersperre auf über 1000 müM) und es zudem gemäss unserer Landkarte kaum / keine Einkaufs- und Essensmöglichkeiten geben wird, haben wir jetzt bereits für heute Abend und morgen eingekauft. Wir erwarten einen sehr harten Erst-Aufstieg. Hoffentlich spielt das Wetter auch wieder mit. Jetzt bin ich gerade ziemlich müde, bald kochen wir Spaghetti und dann bin ich sehr gespannt auf morgen...
Route: Dalen - Nomeland 70 km
22.06.2005 - 23.Tourtag - Der Schnee allgegenwärtig
Man stelle sich vor; die Strecke Basel nach Zürich, auf einer von der Breite her 1-spurigen Passstrasse, durchschnittlich etwa 950 müM, der ganze Weg über Berge, neben Bergseen entlang und immer wieder einwenig rauf, einwenig runter... Ein Traum!! Dann aber stelle man sich vor, man fährt diese Strecke mit dem Velo, Basel liegt auf nur 300 müM, der Pass auf 1052 müM, Frick auf 400 müM, Baden auf 952 müM und Zürich auf Meereshöhe, dazu geht ein kalter Westwind (Gegenwind), es ist stark bewölkt bis neblig und es liegt Schnee neben den Strassen, Häuser bzw. Restaurants gibt’s nur in Baden... Tja, die Tour heute war wirklich ziemlich hart. Zunächst der harte Aufstieg gleich um 07.30 Uhr (Aufstieg von 10%!), dann leichter, dafür ziemlich regelmässig hinauf auf über 1000 müM. Die Landschaft wie man sie sonst nur auf einer Bergwanderung sieht, das den ganzen Tag... Das Wetter forderte aber alles ab, die Füsse und Finger kühlten ab, der Wind blies unentwegt weiter. Der Schnee in der Landschaft und teilweise in den Seen dagegen war zauberhaft. Nach einer kurzen Abfahrt nach „Suleskar“ (noch 400 müM) gings dann nochmals für fast 30 km hinauf in die Berge, der Pass lag auf 952 müM. Das Panorama dort war einfach unglaublich!! 360 Grad alles Berge, sogar die Sonne zeigte sich da kurz, wie ein Zeichen... Auf und in der Nähe des Passes haben Touristen (?) hunderte wenn nicht tausende von Steinhäufen (dienen eigentlich normalerweise der Wegkennzeichnung) gemacht, teil winzig kleine, andere gross. Es sah sehr toll und irgendwie verzaubernd aus. Fabio und ich haben dann auch so ein einen „Turm aus vielen Steinen“ ins Leben gerufen und jeder hat für sich persönlich etwas dazu gewünscht... Die Abfahrt hinunter auf Meereshöhe (Lysebotn) verlief innerhalb 8 km, mit einem Gefälle von 10%! Ankunft u.a. wegen einem Bremsversagen am Velo von Fabio auf der Schlussabfahrt war um 20.15 Uhr. Heute sind wir wieder auf einem Campingplatz, morgen machen wir dann eine Pause. Das Wetter (heute) sowie die 2-tätige Bergetappe schreit nach Erholung!
Route: Nomeland - Lysebotn 76 km
23.06.2005 - 24.Tourtag - Wanderung zum „Kjerag“
Wie erholt man sich am besten nach einem „harten“ Fahrrad-Tag? „Genau – man schläft aus, kauft dann für umgerechnet CHF 58.00 ein einfaches Morgenessen (!!) {-> kein Scherz, die kleine Boutique vom Campingplatz war die einzige Einkaufsmöglichkeit in diesem „Ort“. Für diesen Preis kauften wir 1 Brot, 1 Liter Orangensaft, 4 kl. Flaschen Mineral, div. kl. Butter und Konfiture, Scheibenkäse, das wars – CHF 58.00...} und geht dann zur Erholung der Beine wandern (!). Ziel war der Berg „Kjerag“, der an einem Punkt exakt 1000 Meter senkrecht zum Fjord fällt. Die Route gilt offiziell als anspruchsvoll, was sich dann auch bestätigte. Zunächst aber mussten wir die gestrige Abfahrts-Passstrasse wieder (grösstenteils) hinauflaufen, genau genommen von Meereshöhe auf 640 müM. Die Wanderung dauerte von ca. 13.00 Uhr bis 20.15 Uhr, dabei liefen wir in einem ziemlich guten Tempo... Wir begannen auf Meereshöhe direkt am Fjord und durchliefen sogar Schnee. Die Route hat ein wunderbares Bergpanorama wiedergegeben und kräftemässig wie auch kletter- und „spring-„technisch doch etwas abverlangt. Zum Glück war es trocken, denn sonst wäre die Route ziemlich gefährlich. Zum Schluss noch etwas zu meiner Gefühlslage, als ich „bauchlings“ langsam an die Bergkannte herankroch und dann einen gewaltigen Blick 1000m senkrecht zum tiefblauen Fjord hatte... Der Respekt war riesengross, der blosse Blick löste schon einen Adrenalinschub aus, gewaltig! Ehrlich gesagt schaffte ich es aber nicht lange, direkt an der Bergkannte zu verharren, zu mulmig war das Gefühl. Tja man wird älter und der Respekt vor Höhen wird grösser... Nun wieder zurück in Lysebotn, spüre ich meine Schenkel extrem!! Von wegen Ruhetag, der Berg ruft...
24. + 25.06.2005 - 25.+26.Tourtag - Notwendige Erholungstage in Stavanger
Bereits um 07.40 Uhr fuhr unsere Fähre von Lysebotn nach Stavanger. Mit dabei das kaputte Fahrrad von Fabio sowie Oberschenkel, welche bei jeder Bewegung ziemlich stark schmerzten. Ich weiss nicht mehr wann ich letztmals bzw. ob ich schon jemals einen so starken Muskelkater an den Beinen hatte... Die gestrige Wanderung war wohl nach der Berg-Velo-Etappe des Vortages etwas zu viel der Belastung. Deshalb einigten wir uns eigentlich sehr schnell auf weitere 2 velofreie Tage, jedoch diesmal mit wirklicher Erholung. Priorität hatte aber ganz klar die Reparatur der Bremsen am Velo von Fabio, des weiteren haben wir beschlossen, ein Packet mit „überflüssigen“ Sachen nach Hause zu schicken, die Kleider zu waschen und tumblern (dazu war natürlich ein Campingplatz nötig) sowie die nächsten Routen mit allfälligen Sehenswürdigkeiten zu planen. Dazu nahmen wir unsere Bücher und Prospekte in den Ausgang ins „Städtle“ und lasen bei Bier und gutem Live-Sound in unseren Unterlagen. Die „Schmerzen“ begleiteten mich noch den ganzen Tag, erst über die folgende Nacht wurde es allmählich besser. Heute kann ich wieder gehen ohne das Gesicht zu verzerren. Zur Erholung waren wir heute zudem in „Sandnes“ (10min Zugreise) in einem kleinen „Badeland“. Sprudelbäder und Sauna halfen uns, die in der letzten Tour verloren gegangene Körpertemperatur wieder zu normalisieren sowie hoffentlich unsere Beine zu verwöhnen. Spätestens morgen werden wir das Resultat sehen... Finanziell ist Norwegen wirklich ein happig teures Land; 25% MWST zu den sonst schon üppigen Preisen; hier ein paar Beispiele dieser Tage: CHF 60.00 für die Fähre (80min), CHF 4.00 bis CHF 5.00 für ein Stengel-Glace, CHF 11.00 für ein Kebab, CHF 10.00 für ein Bier, CHF 8.00 für die Zugfahrt (10min), CHF 18.00 für ein Menue im Burger King etc... „Ja, es wäre auch günstiger möglich“. Wir beide geben uns stets Mühe und fluchen auch mal immer wieder über die Preise. Aber auf das tägliche Glace möchten wir keinesfalls verzichten. Auch bei der heutigen Kälte (17 Grad, bei blauem Himmel, aber der Wind...) nicht... Ein Glace für eine gute Laune...
26.+ 27.06.2005 - 27. + 28.Tourtag - Diebstahl unserer Fahrräder
Sonntag; 06.30 Uhr Tagwache – nachdem wir unsere Tourkleider angezogen und erste Sachen in die Velotaschen im Zelt verräumt hatten, begab sich Fabio als erstes aus dem Zelt zu unseren ... (??!!). SCHOCK!! Beide Fahrräder waren weg! Ich kann mich noch genau an die banalen und doch so treffenden Worte von Fabio von ausserhalb des Zeltes erinnern, während ich noch im Zelt mein Schlafsack zusammenrollte. „Muesch nit pressiere, d Velo sind weg....“ Ein überaus unangenehmes Gefühl überkam mich. Eine Wut und Aerger und die Suche nach dem Grund der Wut... Vielleicht weil wir nun in diesem teuren Land ein neues (teureres) Fahrrad kaufen müssen? Weil damit viel Aufwand verbunden ist und ich viel Zeit in mein Bike und deren Ausstattung investiert hatte? Oder weil wir nach bereits 3 fahrradfreien Tagen nun wieder mindestens 2 Tage pausieren müssen? Wahrscheinlich macht es genau dieser Mix aus. Da Sonntag war, konnten wir nur mal zur Polizei gehen um den Diebstahl zu melden. Kein Trost war, dass auf diesem Campingplatz auch (noch) schon andere Bikes gestohlen wurden, wie uns der Polizist mitteilte. Die übrige Zeit nützten wir, unsere Freunde mal wieder per Mail über die vergangenen Routen und natürlich über den Diebstahl zu informieren. Toll auch, dass wir auch an diesem freien Sonntag Zeit für einen Messebesuch fanden. Die Stimmung aber war den ganzen Tag ziemlich schlecht. So leisteten wir uns am Abend ein feines Essen beim Chinesen. Als wir heute Montag morgen den Diebstahl bei der Reception des Campingplatzes meldeten, bot sich der Besitzer sehr nett spontan an, uns mit seinem Auto zu einem der grösseren Velohändler zu fahren. Die Auswahl in unserer Preiskategorie war nicht so riesig, insbesondere benötigten wir zusätzlich auch noch einiges an Zubehör (Gepäckträger, Bidonhalter, Klingel, Licht, Schutzblech, Schloss, etc...), dazu die Montage/Arbeit... In der Not, aber auch im Wissen dass wir für den Velohändler wohl DAS Tagesgeschäft sein könnten, versuchte ich die Preise zu drücken. Der „Feilschversuch“ für mein Fahrrad, die Arbeit mit der Montage sowie für jegliches Zubehör nur der effektive Fahrradpreis zu bezahlen (NOK 7999.00) misslang zunächst, eine Gegenofferte folgte jedoch umgehend. Auch wenn das neue Angebot nur knapp über meiner Schmerzgrenze lag (das Velo alleine war eigentlich schon viel zu teuer, CHF 1'600.00), so war ich schon willens, mir ein anderes, günstigeres Fahrrad anzuschauen. Dass sich dadurch der Campingplatz-Besitzer zu einer gütigen Beteiligung an jedes Fahrrad von CHF 80.00 entschloss, war mein Glück, bzw. auch das Glück des Händlers. So erhielt ich das ganze „Paket“ für NOK 7999.00. Nun sind wir froh, dass alles so schnell geklappt hat und es morgen weitergehen kann. Irgendwie geht’s uns Schweizern doch sehr gut. Dank einer Versicherung, konnte ich im Wissen, dass mir das Geld für das gestohlene Fahrrad entschädigt wird, einfach in einen Laden gehen und mir so solala ein neues Fahrrad kaufen. Bloss 1,5 Tage nach dem Diebstahl stehen nun bereits 2 neue Fahrräder vor unserem Zelt...
28.06.2005 - 29.Tourtag - Mit neuen „Rädern“ und erholten Beinen
Da das „Unter-Meer“-Tunnel für Fahrradfahrer natürlich nicht zugäglich ist, war heute wieder eine ca. 90 min. Fährfahrt auf dem Programm. So mussten wir bereits um 05.30 Uhr aufstehen. Zur Fähre in Mejrkjavic nach Skudenhavn waren es nur 12 km, doch den neuen härteren Velosattel spürte ich doch recht gut am „Hinterteil“. Von Skudenhavn nach Haugesund (ca. 40 km) war es ein sehr schöner Weg, entlang Schafweiden, auf einer schmalen, flachen, kaum befahrenen Strasse. Ab Haugesund allerdings mussten wir auf die E134 (eine Hauptverkehrsstrasse) wechseln. Hier ratterten dann Fahrzeug an Fahrzeug an uns vorbei. Zum Glück hatte es relativ häufig Velostreifen und Velowege, einer dieser führte uns wohl versehentlich auf eine Schafweide. Unser Versuch, durch diverses Gehege zu „crossen“ endete schlussendlich in einer Sackgasse; rechts ein Fels hinab zum Fjord, vor uns und links ein Gehege mit Stacheldraht. So blieb uns nichts anderes übrig, als auf der Weide wieder den Rückweg einzuschlagen. Unsere neuen Velos hatten wir somit unnötig bzw. vergebens durch den teils tiefen, schlammigen Boden zwischen Kuh- und „Schafkacke“ geführt. Auch die aufgeschreckten Schafe standen wohl noch immer unter Schock. Nach ziemlich genau 100km Fahrt haben wir dann „Olen“, eine Ortschaft direkt am Fjord, erreicht. Wir campen auf einem leicht abfallenden grösseren Landstück etwa 50m oberhalb des Fjords. Kinder des ob uns liegenden Hauses haben uns bereits kurz besucht, jedoch konnten sie logischerweise nur norwegisch, so war die Konversation nicht gerade einfach bzw. mein „Traum“ dass wir irgendwann mal zum Essen eingeladen werden wird sich hier realistischerweise wohl kaum erfüllen. Mein „Hinterteil“ hat die Fahrt übrigens überraschend gut überstanden. Dafür schmerzen wie zu Beginn der Tour die Knie wieder leicht. Mit meinem Velo bin ich zufrieden, Fabio dagegen hat mit seinem Bike bereits erste Probleme. Mit dem in den Zeitungen gross angekündigten (wettermässigen) Sommerbeginn war in unserer Region zumindest noch nichts zu sehen. Es war erneut relativ kühl und stark bewölkt. Hoffen wir deshalb auf morgen...
Route: Stavanger - Olen 100 km
29.06.2005 - 30.Tourtag - „Zu zweit alleine...“ - Der Versuch!
Nachdem wir gemütlich bis 09.00 Uhr ausgeschlafen hatten, begann der mühsame Teil des Tages. Das neue Fahrrad von Fabio war bereits ziemlich unbrauchbar. Das Hinterrad hatte, da die Speichen wohl schlecht angezogen waren, bereits ein „8i“, so dass auch die Brems- und Rollfähigkeit beeinträchtigt war. Glücklicherweise hatte es aber im Dorf ein Sportgeschäft, welcher das Problem beheben konnte. Die Tour begann so um 12.15 Uhr, vor uns 100km bis „Odda“. Aufgrund des ungleichen Fahrtempos und verschiedener Pauseneinteilungen beschlossen wir, dass heute mal jeder für sich fährt. Dies bedeutete keine grosse Aenderung, nur dass ich so nicht mehr in regelmässigen Abständen wartete. Dies befreite meinen Geist irgendwie. Ich konnte mich von Beginn weg wieder viel besser auf die Landschaft einlassen. Ich kam auch sehr gut voran, bis ich zu einem 7 km langen Tunnel mit einem Velo-Verbotsschild kam. Auf der Suche nach dem „Nebenweg“ fuhr bzw. stiess ich das Velo unsinnigerweise einen falschen, steil abwärts und mit Steinen übersäten Weg hinunter bis der Weg dann plötzlich nicht mehr weiterführte... Das anstrengende, halbmeterweise stockend Zurückstossen des Velos forderte einige Schweisstropfen. Nach ca. 1 Std hatte ich auf Nachfrage den richtigen Weg dann doch noch gefunden... Die Strasse, welche neben des folgenden Tunnels vorbeiführte, war sehr schmal und verlief direkt den Fjorden entlang. Gegen Ende des „Akrafjorden“ gabs dann noch einen schönen Wasserfall zu bestaunen, bevor es dann nochmals ziemlich steil bergauf ging. Fast am Ende des Aufstieges traf ich Fabio, welcher gerade ein „Päuschen“ machte. Wohl für beide überraschend, dass ich nun plötzlich hinter ihm gefahren bin... Auf der etwa 20km langen Abfahrt nach Odda fuhr ich dann nochmals an 2 mächtigen Wasserfällen („Latefoss“) vorbei. Gemeinsam fuhren wir dann in Odda ein und machten uns auf die Suche nach einem schönen Uebernachtungsplatz weiter nach „Tyssedal“. Hier haben wir am Ende des Dorfes ein „Stück grün“ neben einem Denkmal, in der Nähe der Dorfkirche, gefunden.
Route: Olen - Odda 100 km
30.06.2005 - 31.Tourtag - Fahrt entlang des Hardanger-Fjords
Die Tour führte heute entlang des innersten Ausläuferarmes des Hardangerfjorden nach „Eidfjord“ bzw. Over Eidfjord. Die Strecke war deshalb ziemlich flach, zur linken mit Blick auf den Fjord und rechts entlang eines Berges. Besonders schön waren die ganz alten Strassen und Tunnels aussen an den neueren Auto-Tunnels entlang (Verbot für Velofahrer), welche ausschliesslich für Fussgänger und Velofahrer passierbar waren. Da wir unser Ziel bereits am Nachmittag erreicht hatten (das Velo von Fabio leider erneut mit einem riesigen „8i“ und kaputten Speichen!!) fanden wir genug Zeit, das Hardangervidda Naturcenter (Nationalpark und Nord Europas grösste Hochgebirgsebene) in Over Eidfjord, mit ungewöhnlichen Aquarien, interaktiven Ausstellungen und einem Video über die „Hardangervidda“, zu besuchen. Anschliessend machten wir uns auf zu unserem super Uebernachtungsplatz, welchen ich bereits bei der Hinfahrt entdeckte. Nachdem wir uns auf einem Kiesweg Zugang zu einer „abgesperrten“ Kuhweide verschafft hatten, „kämpften“ wir uns für ca. 15m durch Büsche, entlang Sümpfen und durch bzw. vorbei an Kuhfläden bis an eine unebene Wiese, geschmückt mit getrockneten Kuhfläden. Aber vor uns, leicht abfallend mit der Wiese, unser eigener See! Direkt hinter unserem „Grünplatz“ ein Fels, überhaupt 360 Grad um uns herum nur Berge, dazu direkt vor uns der See...!! „Unsere Insel“, wo wir mit Ausnahme einer einzelnen Person auf einem Paddelboot (vom Campingplatz linksseitig hinter den vielen Büschen) unentdeckt blieben und sein werden. Ehrlich gesagt zwar, wurden wir während unserem Schachspiel um 23.30 Uhr (noch immer mit „Tageslicht“) erwischt... von einer schwarzen Kuh..! Da hatten wir ja unglaubliches Glück, dass sie uns nicht beim Waschen im kalten See erblickte... Da sich die Kuh rasch wieder auf die hintere Weide konzentrierte, konnten wir noch in Ruhe fertig spielen, Musik hören und das wunderschöne Abendrot über dem See geniessen. Zu hoffen bleibt, dass wir auch in der Nacht von den Kühen verschont bleiben...
Route: Odda- Over Eidfjord 90 km
1 Monat on tour - Zahlen und Fakten
Fahrtage: 19 (5 DK, 4 S, 10 N)
Ruhetage: 12 (2 Fährfahrten, 5 Ruhetage in Folge bei Velodiebstahl)
Uebernachtungen: 31 (23x Campingplatz, 7x „wild“, 1x Jugendherberge)
Gefahrene km: 1600 (ca. 81 km /Tag)
Tage mit Regen: 12 (davon 6 Tage mit mehrstündigem Niederschlag)
Essen
: Die Fahrstunden kann ich eigentlich problemlos mit sehr wenig Essen meistern. Im Gegenzug könnte ich aber ebenso dauernd essen und in mich hineinstopfen (so lange es etwas zu futtern hat...). Wenn ich/wir gekocht haben, ernähren wir uns meistens von Pasta mit Sauce oder Suppe und Brot, dazu Chips/Nüssli/Gutzli. Ausserhalb bzw. nach der Tour ernährte ich mich viel mit Hot-Dogs, Pizzas, Riesen-Burgers mit Pommes. Als es in den ersten Tour-Tagen noch ziemlich kalt und teilweise sehr regnerisch war, gönnte ich mir auch mal ein feines Essen im Restaurant. Fast ein „Muss“ ist das tägliche Glace.
Wetter:
Die ersten 1 bis 2 Wochen waren sehr kühl (10 bis 15 Grad). Es regnete auch häufig. Die Nächte waren entsprechend nicht immer sehr angenehm. Aber rückblickend hielten sich die „schlimmeren“ Regentage (ca. 6 Tage) in Grenzen. Die Tage + Nächte sind nun (Ausnahmen vorbehalten) auch wärmer geworden. Der eigentliche „Abkühler“ ist meistens der Wind, so dass es plötzlich stark abkühlen kann wenn die Sonne hinter dem Berg verschwindet. Temperaturen von über 20 Grad werden entsprechend genossen.
Fahrradwege:
Nicht unbedingt meine Wege. Zwar gibt es durch alle bisherigen Länder überall Velowege, aber teilweise sind sie m.E. zu löchrig, uneben, so dass darauf höchstens „Sonntagsfahrten“ möglich sind. Die „Umwege“ auf den Fahhradwegen sind häufig länger und teilweise auch „hügliger“ als auf den Autostrassen. „Verfahrer“ sind zudem auf ausgeschilderten Fahrradwegen eher möglich, da die Beschilderung leider nicht an jeder Kreuzung vorhanden ist. Ich benötige deshalb einen guten Grund um einen Veloweg zu benützen, z.B. schöner, abgeschiedener gut markierter Weg, starker Verkehr auf schmalen Autostrassen, etc.
Grösster Frust:
Diebstahl unserer Velos und deren Folgen. Das Hinterrad von Fabios neuem Velo musste noch 2 x repariert werden, dazu wurden uns durch den Diebstahl 2 weitere Ruhetage (5 Ruhetage in Folge) aufgezwungen.
Schlaf:
Die ersten ca. 10 Tage waren Angewöhnungszeit. Das Zelt ist offen für Geräusche und Lärm jeglicher Art. Schlafen ohne Socken bis vor wenigen Tagen nicht möglich, noch immer schlafe ich mit T-Shirt, Faserpelz, Trainerhosen im Schlafsack. In kühleren Nächten drückt zudem die Blase, so dass ich dann in der Nacht und teilweise am frühen Morgen aufstehen muss.. Obwohl der Schlaf noch immer ziemlich „leicht“ ist und ständiges „Drehen“ normal wurde, bin ich eigentlich immer ausgeruht und wache mit dem Einsetzen der Helligkeit gegen 04.00 Uhr morgens nicht mehr auf wie zu Beginn.
Tageslicht:
Noch in Dänemark konnte ich bis 23.00 Uhr mit blossen Tageslicht lesen. Gestern haben wir bis 23.30 Uhr draussen Schach gespielt. Um 04.00 Uhr wird’s bereits wieder heller.
Gesundheit:
Zur richtigen Zeit viel Essen und heissen Bouillon trinken, dazu täglich eine Vitamintablette haben mich bisher fit gehalten. Nur 1 Tag, nach 2 Bergfahrten (die 2.sehr kalt) und der anschliessenden 7 Std. Bergwanderung (mit frisch geschnittenen Haaren, bei Sonnenschein ohne Kopfbedeckung) spürte ich den Hals und eine nicht normale, leicht kränkliche Müdigkeit in mir (ev. leichter Sonnenstich). Eine Folge der Wanderung war jedenfalls ein Sonnenbrand der Kopfhaut und Oberschenkelmuskulatur-Beschwerden wie selten bisher erlebt. Erst Tage nach der Entlastung erholte sich die Muskulatur wieder.
01.+ 02.07.2005 - 32.+33.Tourtag - Ein See in weiss auf 1200 m.ü.M.
Nach dem gestrigen radfreien Tag auf unserer „Insel“ hatten wir für heute einen etwas anderen Tagesablauf, bestehend aus Radtour und Wanderung, geplant. Zunächst mussten wir uns bei leichtem Regen von Over Eidfjord (Meereshöhe) auf ca. 650 müM hinaufarbeiten, Ziel dort war der gemäss Prospekten bekannteste Wasserfall Norwegens, der „Voringfossen“. Doch zunächst führte uns der Weg auf der alten Strasse durch das Tal „Mabodalen“ hinauf. Die Strasse ist ziemlich steil und heute nur noch für Fussgänger, Velos und für das kleine „Touristenzügli“ (Strecke Over Eidfjord – Voringfossen) zugänglich. Ein sehr schöner Weg zwischen einer riesigen senkrechten Felswand und einem Bergbach linksseitig sowie durch eine von Fels- und Steinstürzen gezeichneten Landschaft. Kurz vor dem Zwischenziel, beim 1.Aussichtspunkt zum Voringfossen, erhielt ich dann sogar noch Applaus eines älteren Norwegers. Nach einem gemütlichen „Schwatz“ und einem „Schulterklopfen“ fuhren wir noch die letzten wenigen Meter hinauf zu einen Platz. Hier hatte es nebst einem Restaurant auch ein paar wenige Marktstände. Im „Lädeli“ eines Südamerikaners kaufte ich mir dann noch eine Kette aus „Blodstein“. Dann machten wir uns zu Fuss auf zum Wasserfall, zunächst gönnten wir uns einen Blick direkt von oberhalb des Wasserfalles, dann begann die Wanderung hinunter zum Fusse des Voringfossen. Die Wanderung dauerte gute 1,5 Std und führte über Stein- und Felsmassen, eine Herausforderung bei den vom Regen nassen Gesteine. Bereits bei einer Nähe von 100m zum Wasserfall spürten wir vom Wind das Wasser entgegenbrausen. Bis auf ca. 20m näherte ich mich dann noch dem tosenden Voringfossen. Die totale Fallhöhe von 182m , davon 145m im freien Fall, waren von diesem Blickwinkel schon beeindruckend. Der Wind und die Kraft des Wassers liessen ein längeres Geniessen kaum zu, schon „pflotschnass“ war der Regenanzug und mein Kopf... Ein paar Fotos und retour gings wieder. Erst um 16.00 Uhr begann unser 2.Teil der Radstrecke. Bis Haugastol waren es noch ca. 50km, um dahin zu kommen musste jedoch die bekannte „Hardangervidda“ auf über 1200 müM bewältigt werden. Für mich ein weiteres Highlight dieser Tour. Relativ einfach hatte ich bald mal die 1000er Höhengrenze erreicht, wo wir mindestens auch jetzt am Abend noch geblieben sind. Die Hardangervidda, entlang der Hauptstrasse 7, ein Leckerbissen! Eine Hochgebirgs-„Ebene“, so weit das Auge reicht, keine Bäume, einige Bäche, Pflanzen wie sie halt nur in Bergen wachsen, Schnee bedeckte einige Flächen und dann ein wunderschöner, teilweise noch zugefrorener See, dahinter eine leicht höhere Bergkette...!! Gemäss Infotafeln führt gleich hinter dem See der Weg der über 20'000 wild lebenden Rentiere während der Nahrungssuche vorbei. Der Anblick des Sees, welchem ich während der Fahrt kaum widerstehen konnte, zauberte mir ein wie festgefrorenes Lächeln ins Gesicht. Vielleicht war gerade dies der Grund, wieso ich während der Fahrt noch diverse male hupende Unterstützung und Wertschätzung entgegenkommender Automobilisten erhalten habe. Sehr gefreut hat mich zudem auch das Zuwinken zweier Herren, die einsam ein Häuschen an dem traumhaften Bergsee behausten. Im Restaurant auf Passhöhe, 1239 müM, genehmigte ich mir noch einen „Fjellburger“. Nun haben wir Haugastol erreicht, das Zelt ist aufgestellt (direkt anliegend an einer nicht besetzten Hütte), wir haben bereits gegessen und sind nun gespannt wie kalt die Nacht hier auf 1000 müM wird. Die Aussicht auf die nahen Schneeberge und den eiskalten See gleich neben an über der Strasse ist jedenfalls toll. Ich hoffe, wir können hier morgen das Bike von Fabio reparieren (erneut defekt), denn es steht eine sehr bekannte Veloroute entlang der Eisenbahn auf dem Programm, der „Rallarvegen“...
Route: Over Eidfjord - Haugastol 60 km
03. + 04.07.2005 - 34.+ 35.Tourtag - Rallarvegen, das Abenteuer
Der vielgeworbene Rallarvegen (Eisenbahnarbeiterweg) ist ein 80 km langer Radweg von Haugastol (1000 müM) nach Finse (1222 müM und dem höchst gelegenen Bahnhof Norwegens), weiter nach Taugevatn (1301 müM), Hallingskeid (1110 müM), Myrdal (865 müM) hinunter nach Flam (2 müM). Nachdem Fabio am Morgen früh noch nach „Geilo“ radelte (20km von Haugastol entfernt) um dort ein neues Hinterrad zu kaufen (die letzte Hoffnung, denn hätte es auch in diesem Dorf kein gutes Rad gegeben, wäre ein Zug-Tripp nach Oslo (!) notwendig geworden...), konnten wir bei 12 Grad am Mittag die mit viel Spannung erwartete Tour beginnen. Die ersten 28 km nach Finse nahmen wir gemütlich, es ging immer leicht aufwärts, auf Schotter- Sand- und Kieswegen entlang der alten Eisenbahnroute an hübscher westnorwegischer Landschaft mit Bergseen, ansonsten eigentlich an fast unberührter Natur vorbei. Da wir von ständigem Regen begleitet wurden, genossen wir dann in Finse in der DNT Finsehütte ein warmes Getränk und eine Energie bringende und feine Schokolade. Dann, nach einigen 100 Metern unserer Weiterfahrt, trennten sich die Wege von Fabio und mir. Grund; der Schnee entlang bzw. dann auch auf dem Wege wurde immer intensiver, was wir zwar zu Beginn noch lustig fanden und zu Fotozwecken nutzten, dann aber ernsthaft über die Fortführung dieser Etappe nachdenken mussten. Uns war bekannt, dass der offizielle Guide 2005 auf möglichen Schnee hinwies, aber aufgrund der Formulierung konnte es ja nicht so schlimm werden (der originale Wortlaut.... „Zu Beginn der Saison liegt im höchsten Bereich der Bergstrecke noch Schnee, daher wird empfohlen, den Fahrradzug zwischen Finse und Hallingskeid zu nehmen“). So ging Fabio zurück zum Bahnhof während ich mich hinaus in den Schnee begab, positiv gestimmt, im Wissen um harte 21 km bis Hallingskeid, jedoch mit Ergeiz und dem Drang nach Natur und Abenteuer, im Kopf allgegenwärtig das mir so imponierende Foto von Claude Marthaler aus dem Buch „Sieben Jahre im Sattel: DURCHGEDREHT. Zu diesem Zeitpunkt war es bereits 16.00 Uhr...! Relativ schnell musste ich dann zur Kenntnis nehmen, dass die Formulierung im Guide 2005 leicht untertrieben war. Den trotz 4.Juli (!) begann bereits ab Finse ein Abenteuer im Schnee, dazu strömender Regen. Dies bedeutete für mich; absteigen und Velo mit Gepäck stossen; kein einfaches Unterfangen im Schnee... Vorweg; die schneefreien und somit befahrbaren Wege bis Hallingskeid beschränkten sich total auf ein paar hundert Meter (von 21 km..!), jedoch verteilt auf viele kleine Passagen. Mit dem Abenteuergeist und immer noch positiv gestimmt, schoss ich immer wieder Fotos, mühte mich ab, dabei störte es mich nur bedingt, dass meine Schuhe und Socken schon lange nur noch einem Stausee glichen..! Ich stiess das Fahrrad Meter für Meter gerade den verschneiten Berg hinauf, dann hangseitig weiter, immer wieder zeigte sich mir irgendwo wieder ein (nicht verschneites) Stück des Weges, dank dem ich mich orientieren konnte. Doch dann, ein Weg war schon länger nicht mehr erkennbar, entdeckte ich die alte Eisenbahnroute, welche hier mal nicht vollständig zugeschneit war. So „rettete“ ich mich hinab zu den Geleisen und folgte der Linie, natürlich überaus holprig und zu Fuss... Die „Hindernisse“ häuften sich allmählich, zB ein Tunnel, das am Ende zugeschneit war. Aber auch ein 30m langes Eisenbahntunnel, die Passierung erschien mir zunächst „unmöglich“, da just bis vor das Tunnel 2m hoher Schnee lag. Mein Versuch, dieses Tunnel zu umgehen führte mich etwa 10m durch kalt sumpfiges Gelände (die Schuhe waren eh schon nass...) bis zum Felsabfall...; Sackgasse! So mühte ich mich wieder retour zum Tunnelanfang; Völlig überraschend schaffte ich es mit Bike sturzfrei den fast senkrechten Schneehaufen hinunter ins Tunnel, passierte die teils rissige und kantige Schneedecke im Tunnel drin ereignislos, dann weiter ausserhalb entlang (oder über?) Bäche und Bergseen, wo ich jeweils nur hoffen konnte, dass die Schneedecke hält. Mein Weg, direkt entlang dem natürlich eiskalten, aber wunderschön blau schimmernden See, teilweise aber total vereist bereitete mir dann aber schon einwenig Sorgen, denn der „Schneeweg“ fiel 60-70% hinab gegen den See, es war also saumässig steil und rutschig; ein Ausrutscher und ein Fall in den See wäre kaum mehr zu verhindern gewesen. Doch weiterhin blieb mir das Glück treu. An dieser Stelle ist es Zeit, ein paar Gedanken aus dem Schneeabenteuer zu verlieren: Auch wenn es eigentlich körperlich sehr streng war, im Wissen um die max. „nur“ 21 km Schneekampf war ich trotz eiskalten Füssen und Regen geprägt vom Abenteuergeist, also guter Dinge. Was mir jedoch zunehmend Sorgen bereitete war die langsam beginnende Dunkelheit, die Zeit verging sehr schnell, ohne dass ich jemals wusste, wie viel der Strecke ich bereits zurückgelegt hatte, um mich herum nur Berge und Schnee. Dass die Wege nie schneefrei wurden, begann mich entsprechend langsam zu beunruhigen, der Spass wich dem Respekt. Grossen Respekt hatte ich auch bei einigen Passagen entlang steil abfallenden (teilweise sogar beidseitig) Schneewänden entlang der Seen und natürlich sorgte ich mich bei all den steilen Abstiegen, schmalen kantigen Wegen mit möglichem Fall in die Tiefe immer wieder um mein Fahrrad. Wir waren eine Gemeinschaft, ich rettete das Velo einige Male vor dem Fall, dann aber wieder war für mich das Velo die einzige Möglichkeit, Halt zu finden bzw. das Velo war es, welches mich vor dem Abrutschen rettete. Im ganzen Trubel ging die wunderbare Landschaft entlang des Rallarvegens fast einwenig unter. Zig Wasserfälle, schöne alte Gebäude und Bahnwärterhäuschen, dazu die schön blau schimmernden vereisten Bergseen waren ein Leckerbissen. Ueberrascht im negativen Sinne hat mich einzig die überaus lange „Wanderdauer“ in der verlassenen, menschenleeren Schneewelt sowie die erwähnten gefährlichen Passagen. Eben Abenteuer pur...Via Natel (SMS) erfuhr ich von Fabio, dass sein Zug ab Finse erst um 20.30 Uhr abfährt, so machte ich mir noch Hoffnung, die Etappe ev. gemeinsam beenden zu können. Die Zeit jedoch verging, der Weg blieb anstrengend und mit gefährlichen Passagen bestückt. Während Fabio ab 21.00 Uhr in Myrdal auf mich wartete, wurde der Weg ab ca. 21.30 Uhr (ab Hallingskeid?) leicht aber stetig besser, so dass ich nunmehr immer regelmässiger fahren konnte und nur noch wenige Hindernisse zu bewältigen hatte. Die diesbezüglichen Highlights waren ein Wasserfall der bis auf den schmalen Weg „klatschte“ (durch die entstandenen Gruben sammelte sich da Wasser mit einer Tiefe von sicher 15 cm Tiefe an...) und als wenn das nicht genug wäre, verschwand später der Weg plötzlich ganz unter einem überschwemmten See... Um 22.30 Uhr (!) und weiteren 15 km traf ich Fabio. Beide erschöpft, er vom langen herumsitzen und warten in den kühlen Wartehäuschen, ich froh aber geschafft vom fast 5-std. Velostossen im Schnee. Gemeinsam fuhren wir nun 20 km hinab nach Flam; 21 Kurven auf kaum befahrbarem, steinigen rutschigem Weg. Doch dann, ein Fluchen im Hintergrund; was war geschehen? „Ein Platten“ am Velo von Fabio. Die 2 (!) Löcher hatte er aber schnell geflickt und wir setzten zur Weiterfahrt an. Nach wenigen Hundert Meter erneut ein Stopp, um ein 3.Loch am gleichen Rad zu flicken... Um 01.00 Uhr, nach rasanter Schlussfahrt in Dunkelheit, aber auf nun besserem Weg, erreichten wir Flam. Also nach 13.5 Std und nur einer Pause in Finse hatte ich es also geschafft. Zur Feier der Nacht kochten wir uns gleich am Fjord noch eine „Spaghetti-Suppe in Bouillon.“ Gegen 03.00 Uhr und Einnahme von 2 (!) Vitamintabletten gings in die Welt der Träume, glücklich, dass ich diesen Tag erleben und so gut überleben durfte.
Route: Haugastol - Flam 80 km
05.+06.07.2005 - 36.+37.Tourtag - Norwegen pur...
Tag 1 nach der Abenteuer-Fahrt; Erholung war angesagt. Zunächst nutzten wir den freien Tag, mal wieder einen Reisebericht zu verfassen, bei mir handelte es natürlich (auch) vom gestrigen Abenteuer-Tag. Danach verwöhnten wir uns mit einem Spaziergang im kleinen Touristen-Dorf Flam, genossen eine riesige Portion Glace (Die Dame hat es sehr gut mit uns gemeint...) und dann entschlossen wir uns, da wir die tolle Landschaft bei der gestrigen Nachtabfahrt nicht mehr richtig geniessen bzw. erkennen konnten, mit der bekannten alten Flam-Bahn nochmals hinauf nach Myrdal zu fahren. Fotoblitz-Gewitter pur im Zug und auch mal eine Diskussion unter Eheleuten, weil der oder die eine im relativ rasant hinauffahrenden Zug wieder ein super schönes Motiv verpasste... Es war lustig zuzuschauen, aber ehrlich gesagt, auch ich war nicht immer schnell genug... Lohnenswert (aber teuer!) wars allemal. Ein paar wunderschöne grosse Wasserfälle prägten die Landschaft, dazu erkannten wir nun auch noch bei Tageslicht die gestrige kurvenreiche Route von Myrdal hinab nach Flam, schon interessant dieser Anblick. Erholt und fit konnten wir so am nächsten Tag die Tour fortsetzen. Um 06.00 Uhr nahmen wir die Fähre von Flam nach Heikanger, um 07.30 Uhr konnte dann der Start by bike erfolgen. Vor uns lagen 90 km, vorwiegend entlang des Sognefjorden auf der Strasse 55. Bis auf eine Steigung auf schätzungsweise 700 bis 800 müM zwischen den Fjordarmen, waren kaum Steigungen vorgesehen. Entlang der Strasse gab es nebst dem tollen Fjord auch 2 riesige Wasserfälle auf der andern Fjordseite zu bestaunen. Und zwischen diesen Highlights machte ich mir heute viele Gedanken, einerseits zur aktuellen Tour, andererseits zu meiner Zukunft und den folglich finanziellen Aussichten während meiner im Herbst beginnenden 2.Ausbildung. Ja, ja, das sind Gedanken on tour, stetig „hirnt“ etwas... Während der Mittagspause in Skjoden und dem Verzehr einer Lasagne bei einem Campingplatz führte ich mir die Infobroschüren der Gegend zu Gemüte und musste/ oder durfte etwas verdutzt feststellen, dass wir uns direkt am Aufstieg auf das höchste Bergmassiv Norwegens, das Gebirgsgelände „Jotunheimen“ befanden. Die Sognefjellstrasse ist die höchste Passstrasse Nordeuropas, die Passhöhe liegt bei 1434 müM. Da erinnerte ich mich plötzlich wieder an den älteren, Beifall klatschenden Herrn am Aussichtspunkt zum Voringfossen, welcher mir als Schweizer mit den vielen hohen Bergen im Land, genau dieses Bergmassiv wärmstens empfahl... Der erste Aufstieg von Meereshöhe auf ca. 870 müM innerhalb nur 10 km nach Turtagro war dann auch echt hart, durch das Gefälle wohl etwas vom härtesten bisher. Während dieses Aufstiegs trank ich 3 Liter Wasser und war entsprechend tropfend nass. Die Steigung von fast dauernd 8% war eine Herausforderung. Nach ca. 1,5 Std. Aufstiegskampf war das Tagesziel geschafft. Aber kein Dorf, nur ein Hotel und ein paar Ferienhütten bildeten das „Dorf“ mitten im Aufstieg zum Gebirge. Ein Uebernachtung in freiem Gelände war aufgrund des notwendigen Abstandes von 150m zum nächsten Gebäude (gem. dem „Jedermannsrecht“) nur an einer kleinen Spitze direkt an 2 kreuzenden Strassen möglich (gem. Plan im Hotel mit Verweis auf die Regeln gemäss Jedermannsrecht...). In Anbetracht der harten Tour und dem erneuten Besuch verschneiter Gebirge entschieden wir uns, für 570 Kronen (!) in einem hoteleigenen Haus (separat zum Hotel) in einem kleinen Zimmer zu übernachten, inbegriffen im Preis immerhin ein 3-Gang Nachtessen, Frühstück à Discretion sowie eine Dusche... Wow, die Dusche tat extrem gut und war nötig. Wir nutzten die Möglichkeit gleich noch unsere Haare wieder zu kürzen, ich setzte sogar einen drauf und rasierte mich die ganzen Haare (ohne Aufsatz) ab. Wollte ich eh schon immer mal probieren.... Frisch geduscht machten wir uns hungrig hinüber zum Hotel zum Nachtessen. Ein super Menue wurde uns aufgetischt: Filet, Rösti, Rüebli, eine superfeine Sauce, einfach mega!! Aber ein Leckerbissen mit Haken; die Portionen waren ja so klein... Nachdem ich mein Kompliment bezüglich des feinen Essens beim Kellner loswurde, erklärte ich ihm, dass wir „Biker“ sind und deshalb noch hungrig sind, Brot würde es allenfalls auch tun... Der Kellner verschwand in der Küche und servierte und gleich nochmals eine ganze Hauptspeise, anstatt Filet diesmal Fisch an einer super Sauce... Mann war das Spitze! Nun freuen wir uns auf das Frühstücksbuffet, wo wir uns wohl eher nicht zurückhalten werden, denn es steht am Morgen gleich die 2.Bergetappe in winterlichem Gebirge auf dem Programm. Dies wird nebenbei meine bisher 3.Nacht, welche ich nicht im Zelt verbringen werde.
Route: Flam - Turtagro 91 km
07.07.2005 - 38.Tourtag - Aufstieg zur höchsten Passstrasse Nordeuropas
Nach gutem, ruhigen Schlaf im gemütlichem Hotel-Jugi-Bett freuten wir uns auf ein reichhaltiges Frühstücksbuffet, wir wurden auch nicht enttäuscht. Kaffee, Orangensaft, frisches Brot, div. Käse, Salami, Spiegeleier, Schinken, Melonen, Ananas, Orangen... Mit all diesen feinen Sachen füllte ich meinen Magen. Mega!! Um 09.45 Uhr verliessen wir Turtagro und setzten gleich da an, wo wir gestern aufhörten; mitten im Passaufstieg auf ca. 900 müM. Ziel war der höchste Pass Nordeuropas bei Fantasteinen (1434 müM) und die Fahrt bis Vagamo, gesamthaft ca. 100 km. Es ist schon hart, mit kalter Muskulatur gleich während 20 km Steigungen von bis zu 10% zu bewältigen. Aber die Beine arbeiteten und arbeiteten, einfach Klasse! Ob es am Frühstück oder dem sonnigen Wetter bei idealen Temperaturen lag? Der Blick auf das Bergmassiv Jotunheimen, mit seinen Gletschern und einem noch mit Schnee bedeckten Bergsee im Vordergrund, dazu Sonnenschein; ein toller Anblick! Der Schnee am Strassenrand nahm zu, blieb jedoch (unerwartet) im Rahmen. Auf etwa 1300 müM, beim Gebirge Sognefjell und der gleichnamigen Hütte trafen wir auf etliche Sportler, angeblich Nationalmannschaften und Vereine aus der ganzen Welt, welche auf der Langlauf-Loipe (!!) trainierten sowie entlang der Passstrasse joggten. Die letzte Steigung zum „Fantasteinen“, dem höchsten Punkt des Passes, war dann nur noch „Formsache“. Fast Pflicht dagegen war ein Foto der „Pass-Tafel“. Ab nun gings für längere Zeit bergabwärts, mit tollem Tempo (ich überholte glatt ein Wohnmobil), vorbei an einem Wasserfall (Fototime), entlang des rauschenden Baches das Tal hinunter. In „Lom“ gönnte ich mir dann eine erste richtige Pause an einer Tankstelle und genoss ein MC Bacon Menue... Nach äusserlicher Besichtigung (Eintritt für eine Kirche?? Sicher nicht...!!) einer schönen Stabskirche (Stabskirchen sind die ältesten Holzgebäude Norwegens) machte ich mich auf die letzten 31 km nach „Vagamo“. Um 16.00 Uhr erreichte ich dann das Dorf. Heute trat ich fast „weltmeisterlich“ in die Pedalen, 100 km inkl. Foto- und Esspause in nur 6 Std. 15 min. Die Form stimmte, die äusseren Bedingungen ebenso. Auch heute haben wir ein schönes Plätzli direkt zwischen Rastplatz und See (nur 3m entfernt vom Zelteingang) gefunden. Zum Essen gibt’s Spaghetti, heute aber mit einer neuen Sauce...
Route: Turtagro - Vagamo 100 km
08.07.2005 - 39.Tourtag - Eine 16% Steigung zum Warmwerden
Bei restlos blauem Himmel wachten wir heute, wie immer im Faserpelz, um 08.30 Uhr bei brühender Hitze im Zelt auf. Der Weg via „Dombos“ nach „Hjerkinn“, liess uns 3 verschiedene Routen offen; eine Passstrasse über das Kjolen-Gebirge (1190 müM); ein Weg mit einer „kurzen“ (?) aber deftigen 16% Steigung; oder ein ausgeglichener Weg via „Otta“, welcher strecken mässig jedoch 20km länger wäre. Da wir uns weder mit einem erneuten 1000er noch mit einem Umweg via Otta richtig anfreunden konnten, entschieden wir uns für die Route mit der übertrieben starken Steigung. Zum Glück „nur“ 2 km, dies aber auf einem Schotterweg, es war hart. Die erneute Anfahrt nach Verschnaufspausen musste jeweils quer in der Strasse stehend erfolgen, da das Velo sonst durch das Gepäck und das starke Gefälle nach hinten gekippt wäre. Nach einem kurzen „Bergabfährtli“ kamen wir dann zur Nord-Süd Hauptstrasse, der E6. Begrüsst wurden wir da mit einer Verbotstafel für Fahrräder...; tja wen interessierts, wir mussten da rauf; los gings also... Wie ich kurze Zeit später beruhigend feststellte, galt das Verbot nicht für die ganze Route, sondern nur immer dann, wenn es irgendwo neben der Hauptstrasse (egal ob das jeweilige Dorf weit oben im Hügel war) eine andere Neben- bzw. Ausweichroute gab. Glücklicherweise rollte der Verkehr südwärts (Trondheim nach Oslo) intensiver als auf unserer Seite, so konnte ich auch bei Fahrverbot soweit problemlos auf der Hauptstrasse weiterfahren. Bis „Dombas“ stieg es stetig, aber angenehm an. Dort machte ich dann aber eine Mittagspause (es war bereits 14.00 Uhr). Zudem nutzte ich dort gleich die Gelegenheit, den „Troll-Park“ (indoor) anzuschauen und etwas über deren „Sage“ zu erfahren. Zusätzlich wurde auch ein Video über den Dovrefjell Nationalpark gezeigt. Dann aber gings die letzten 30 km ziemlich flach entlang des Dovre Gebirges (schätzungsweise auf etwa 900müM?) bis hier nach „Hjerkinn“. Etwa 100m oberhalb eines Rastplatzes, an einem grossenteils leicht sumpfigen Hügel mit Blick auf die weissen Berge des „Dovres“, steht unser Zelt. Ziemlich nervig gerade die vielen Mücken, habe bereits div. Stiche, nun jedoch sind wir „eingepackt“ mit Kleidern und eingesprayt. Mein linkes Knie (Kehle) schmerzte heute wieder leicht, aber es geht. Irgendwie „strub“; wir sind nur etwa 350 km von Oslo entfernt, wo wir am 17.06.2005 gemeinsam gestartet sind. Tja, in Trondheim (noch 2 Tagesrouten) benötige ich wieder eine neue Strassenkarte. Die Karte „Sor Norge“ stösst bereits morgen an die Grenzen. Ich bin gespannt auf die Tour morgen auf der E6 über den Dovrefjell Nationalpark.
Route: Vagamo - Hjerkinn 81 km
09.07.2005 - 40.Tourtag - Eine „lockere“ Strecke zur Regeneration
Die Nacht war ziemlich kühl, der Schlaf so unruhig, dass ich am Morgen noch ziemlich k.o. war. Die Kühle konnte ich mir nach wenigen km der Fahrt erklären. Denn der erwartete Anstieg auf über 1100 müM fanden nämlich gar nicht mehr statt, denn es ging schon nach kurzer Zeit talabwärts, d.h. dass wir bereits gestern den ganzen Aufstieg hinter uns gebracht hatten und so also auf etwa 1100 müM die Nacht verbrachten. Auch schön! Die Fahrt (noch immer auf der E6) verlief entlang der Eisenbahn und eines Flusses, zwischen dem beidseits der Strasse hohen Gebirge, dem Dovrefjell Nationalpark, hindurch. Obwohl auch diese Strecke das Tal hinunter sehenswert war, so war ich doch ganz wenig enttäuscht, denn irgendwie hatte ich mich auf eine Fahrt auf einer Bergebene eingestellt, vielleicht sogar etwas landschaftlich neues... aber ich möchte mich ja nicht übers „bergabwärts fahren“ beklagen. Was mir seit der Fahrt auf der E6 auffällt, hier trifft man regelmässig auf Tramper beim „Stöpple“, aber auch Biker wie wir, jedoch fuhren gestern wie heute alle südwärts. In „Oppdal“ wurde ich beim Morgen-Mittagessen um 11.00 Uhr von einem „Trondheimer“ angesprochen. Er riet mir, in Trondheim weiter nordwärts zu fahren und nicht östlich nach Schweden, da dort das Land nur aus Wald bestehen würde. Na mal sehen... Die letzten 33 km von „Oppdal“ nach „Berkak“ fuhr ich erstmals „oben ohne“. Das Wetter in den letzten 3 Tagen war überhaupt meist sonnig und angenehm warm. Nur jeweils gegen den späteren Nachmittag / frühen Abend fallen meistens ein paar Regentropfen (wie gerade in diesem Augenblick beginnend, Zeit: 17.45 Uhr). Zum Glück konnte ich vorher noch mein erstes „Vollbad“ im kleinen, temperaturmässig fast angenehmen See geniessen. Das erste mal schwimmen (ok, ein paar Schwimmzüge) auf der Tour, dazu konnte ich mich auch gleich mit Duschmittel voll seifen. Nachher grillieren wir wieder, ich habe mir ein Poulet gekauft, dazu gibt’s wohl Spaghetti. Wir haben hier alles; einen See, Holzbänke, eine kleine Feuerstelle und 10 min. hinter uns die Strasse E6...
Route: Hjerkinn - Berkak 83 km
10.+11.07.2005 - 41.+42.Tourtag - Ankunft in Trondheim
Also geschlafen habe ich weder auf gestern noch auf heute wirklich viel bzw. gut. Während mein Schlaf zur Trondheim-Etappe durch „schnarchen“ sowie durch lautes „Gekreie“ der Möven (um 02.00 Uhr!) gestört wurde, war in der letzten Nacht hier in Trondheim „nur“ noch das Schnarchen verschiedener Leute das Problem...
Der Start zur Trondheim-Fahrt begann bereits um 07.45 Uhr, mein Ziel wars, die 80 km bis 12.00 Uhr hinter mich gebracht zu haben. So fuhr ich ohne Pause auf der E6, missachtete Fahrrad-Verbotschilder und kam so sehr gut voran. Ca. 10 km vor Trondheim waren dann Radfahrer definitiv nicht mehr erwünscht. Ein nachdenklicher Blick vor dem Signal, ein Blick zurück und da erkannte ich doch glatt ein anderer Biker entnervt herumschwirren und auf die E6 zufahrend. Tja dann, dachte ich, ziehen wir das gemeinsam durch. Er schloss zu mir auf und gemeinsam gings des Weges. Platz hatte es auf einem Rad-Pannenstreifen gerade genug. Die vorbeibrausenden Autos zeigten jedenfalls keine akustischen Reaktionen.. Um ca. 11.30 Uhr hatten wir das Zentrum erreicht, so konnten wir unsere bisherigen Erfahrungen austauschen und bei einem Mittagessen draussen quatschen. Er war vom Norden hergekommen, von den Lofoten, heisst Ulli und ist aus Bremen. Da sich Fabio beim Verlassen der E6 verfahren hatte, nützten wir die Zeit, die Touristen-Info aufzusuchen um nach einem Uebernachtungsplatz zu fragen. Leider hat es in der Nähe kein Campingplatz, so dass wir für 135 Kronen/Nacht in einer Art Jugendherberge Platz fanden. Hier hat es sehr viele Jugendliche, vor allem Tramper, aber auch ganz wenige Biker. Die Nacht hier war dann wie erwähnt katastrophal, die Hitze, das Schnarchen, um 03.30 Uhr musste ich beginnen Musik zu hören um das „Geschnarche“ zu übertönen. Den heutigen Ruhetag verbrachten wir in der City mit Einkäufen (Feldstecher für den Norden sowie ein Buch auf Englisch) und eine Velo-Ueberprüfung beim Mechaniker (gratis!!). Dazu liefen wir ein bisschen (viel) in der Stadt herum. Heute Abend gehen wir (wie gestern) nochmals auswärts essen, denn im schwedischen Wald gibt’s noch genug Spaghetti...
Route: Berkak - Trondheim 80 km
12.07.2005 - 43.Tourtag - Letzte Tagestour in Norwegen
08.00 Uhr; die Sonne scheint, das Frühstück wartet, frisch geduscht und schon bald begann mit Spannung die Mission; ohne Verfahrer direkt aus der Stadt Trondheim. Immerhin ist Trondheim mit 145000 Einwohnern die 3.grösste Stadt Norwegens. Die Gedanken an Göteborg und Oslo present, führte uns der Weg auf Velowegen und Nebenstrassen entlang des Trondheimfjorden bis „Stjordal“. Die Stadtausfahrt war diesmal also kein Problem. Von Stjordal aus wechselten wir auf die E 14, welche uns die nächsten Tage begleitet und nach Oestersund, Schweden, führen wird. Die Route heute war unspektakulär, praktisch (angenehm) flach, meistens grün, seitlich leicht erhöhtes Gebirge. So genoss ich vor allem die oben-ohne-Fahrt an diesem sonnigen, warmen Tag. Bereits um 14.30 Uhr hatte ich „Mekar“ (letztes grösseres Dörfli in Norwegen) erreicht und bei Verzehr eines Hawaii-Burgers und mit Sonnentanken auf Fabio gewartet. Wir beschlossen dann später, gleich in Mekar zu bleiben um noch die Sonne zu geniessen. Wie es aber so ist, haben wir jetzt 17.15 Uhr, graue dunkle Wolken verdecken die Sonne, schade. Aber dies kennen wir bereits von den letzten Tagen, vielfach verschlechtert sich das Wetter am späteren Nachmittag, teilweise fallen auch kurz ein paar Regentropfen. Zum Glück aber hats heute noch für eine halbe Ueberquerung des Flusses gereicht, dazu konnte ich auch gleich meine Radlerhosen waschen. Erneut haben wir einen Schlafplatz am Fluss gefunden. Dies ist eigentlich wichtig, da wir zum Kochen und Trinken immer auf Wasser angewiesen sind. Nachher beginne ich ein neues Buch zu lesen; 3rd degree“ von James Patterson, in Englisch! Gestern hatten wir so eine Englisch-Motivationsphase, so dass wir uns gleich beide ein Buch in Englisch kauften. Einen Dix. habe ich ja glücklicherweise dabei. Nun freue ich mich auf das Buch, sowie die morgige Einfahrt in Schweden (ca. noch 25 km). Ich hoffe, die Nacht wird nicht zu kühl, denn mein allseits geliebter, erst in Lokken (DK) gekaufter Faserpelz, alias Pijama, Fahrpulli, Ausgangsjacke ist über Nacht in der Jugendherberge verschwunden. Ev. aber habe ich ihn auch am Abend im Aufenthaltsraum vergessen oder er wurde ev. von jemandem irrtümlich eingepackt. Er wird mir fehlen...
Route: Trondheim - Meraker 82 km
13.07.2005 - 44.Tourtag - Adieu Norwegen (sogar der Himmel weinte)
Nachdem uns gestern Abend die kühle Witterung schon um kurz nach 21.00 Uhr ins Zelt motivierte (bereits vorher konnten wir einem „Nickerchen“ auf unserer Matte nicht widerstehen), wurden wir schon mitten in der Nacht aus dem Schlaf gerissen. Es regnete in strömen. So bewegten wir uns schliesslich nicht aus dem Zelt, bis es aufhörte, da war es bereits 10.00 Uhr. Nach einem kleinen Imbiss bei der Tankstelle starteten wir dann am Mittag. Weg von den absolut verrückt machenden Milben vor dem Zelt und mit nassen Velo- und Sporthosen im Gepäck, welche ich über Nacht zum trocknen am Bike hängen liess... 25 km waren es noch bis zur Grenze nach Schweden. Vorwiegend bergauf (800-900 müM), dazu eine kühle Biese und Regen... Vielleicht sollte uns dieser Aufstieg und das schlechte Wetter ja zum Verbleib in Norwegen bewegen? Allmählich wurde es wieder trocken, der Wind jedoch blieb. Ein ständiges leichtes auf und ab begleitete uns entlang des Gebirges, ständige Begleiter am Strassenrand waren die Bäume. Plötzlich rannte etwa 100m vor mir ein Fuchs über die Strasse; schade nur dass ich nicht näher dran war. Aber genau dies erhoffe ich mir am meisten vom Norden Schwedens und von Finnland: Tiere. Da ich ohne Pause die 90 km bis „Are“ durchfuhr, war für mich bereits um 16.00 Uhr Feierabend. In einer Bäckerei bei Café und Gebäck sowie in der Touristeninformation hielt ich mich warm und trocken, denn bereits regnete es wieder. Beim Abfragen meiner Mails habe ich heute zudem erfahren, dass mir das Kantonsspital BS nur die 4-jährige und nicht die erhoffte verkürzte (3 Jahre) Ausbildung zum Pflegefachmann anbietet. Leider. Aber ich hoffe noch auf eine positive Antwort des Bethesda-Spitals, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
Route: Meraker (N) - Are (S) 90 km
14.+15.07.2005 - 45.+ 46.Tourtag - Ankunft und Ruhetag in Oestersund
Absolut mühsam diese Insekten hier. Kaum aus dem Zelt, fallen sie „zu tausenden“ über einen her. Die Spuren waren dann erst am Nachmittag genau ersichtlich: überall an Armen, Beinen und Stirn kleine rote Pünktchen / Stiche. Vorweg; seit 3 Tagen gehört das morgendliche Kratzen bzw. auch spontan“ tags durch zum festen Tagesbestandteil bei uns. Es ist langsam an der Zeit, den Mückenspray nicht nur dabei zu haben sondern auch zu benützen! Die Fahrt nach Oestersund war eine Strecke über 100 km, landschaftlich sowie steigungsmässig vergleichbar mit Allschwil bis Reinach. Das Wetter gerade angenehm und trocken. Den Tag teilte ich mir wie folgt auf: 25 km fahren, dann frühstücken, 50 km fahren, Imbiss, 25 km fahren, Ankunft. Da ich bei der letzten Pause auf eine Mehrzahl von brauchbaren Butiken stiess, kaufte ich mir spontan wieder einen (weissen!) Faserpelz. Gegen 15.30 Uhr und nach einem Schlussspurt (8 km) auf einer 2-spurigen Schnellstrasse (erlaubte Höchstgeschwindigkeit 110 km/h - wäre natürlich wieder mal für Velos verboten) traf ich in Oestersund ein. Via SMS erfuhr ich dann, dass Fabio wegen Knieschmerzen die Tagestour abbrach und die Strecke mit dem Zug absolvieren musste. Hier in Oesterund trafen wir beim Nachtessen auf dem Campingplatz eine „Colonie de la France“. Viele der Leiter und Schüler waren aus Mulhouse, das war natürlich ein Zufall. Da sie die ganze Küche blockierten und wohl auf meine „provokativen“ Andeutungen hin, bekamen wir dann noch das übrige Essen von Ihnen; Fertig-Kartoffelgratin; na ja, ich hatte schon besserer Gratin... Aber es war sehr lustig mal wieder französisch zu sprechen. Den Ruhetag heute nutzen wir, um uns auf den zivilisationsarmen, bewaldeten Norden vorzubereiten; so z.B. Kleider waschen, Schlafsack flicken (zunähen) und waschen / tumblern, alles Material kontrollieren etc. Dazu habe ich einen weiteren Tour-Bericht gemailt. Bald geht’s ab in den Busch....
Route: Are - Oestersund 100 km
16.07.2005 - 47.Tourtag - Ein nicht erwarteter Entscheid...
Kann man einen Faserpelz innert 1 Woche 2x verlegen?? Das darf doch nicht wahr sein, mein neuer weisser Faserpelz erneut weg! Zwei kleine Hoffnungen aber hatte ich noch; die Reception und das Touristenbüro wo ich gestern mein Reisebericht schrieb; und siehe da, welch Glück, eine Nachfrage im Touristenbüro und da war er, mein geliebter und so wichtiger Faserpelz. Nun konnte es auf gehen Richtung Strömsund. So machten wir uns nach einem kurzen Mittagessen auf, weiter in den Norden. Bei Fabio war jedoch bereits wahrscheinlich, dass er aufgrund seiner Kniebeschwerden wohl wieder mit dem Zug nachfahren muss. Er probierte es trotzdem, bis nach bereits ca 13 km die Speiche seines Hinterrades erneut riss! Ein ohnmächtiges Gefühl kann ich mir vorstellen, dazu Knieschmerzen und Dauerregen. Seine 1.Reaktion gem. SMS; er fährt zurück nach Oestersund, lässt das Bike reparieren und nimmt den nächsten Zug nach Strömsund. Den Entscheid korrigierte er aber nachdem er feststellen musste, dass nur einmal pro Tag, zwar morgens ein Zug in diese Richtung fährt. So musste ich beim nächsten SMS bereits vom definitiven Tour-Abbruch von Fabio lesen. Die Schmerzen, die vielen Defekte am Velo, dies raubt die letzte Motivation, der Spass endgültig vorbei. Tja, das ist schon ein sehr abruptes Ende der gemeinsamen Tour...! Wir treffen uns morgen noch in Oestersund, ich werde mit dem Bus zurückfahren, damit wir uns gebührend verabschieden und noch ein paar Sachen austauschen können. Dann wird die Tour alleine weiter gehen müssen. Ein seltsames Gefühl, er jetzt alleine im Hotel Radisson in Oestersund, ich erst in Stromsund angekommen, frisch geduscht auf einem Campingplatz, plötzlich wieder alleine im Zelt, es regnet noch immer...! Die Tour heute ist / war aufgrund dessen sowie der wieder unspektakulären Route entlang Wälder, viel geradeaus mit wenig Steigungen, eigentlich fast nebensächlich. Positiv ist noch immer meine Gesundheit und meine Form. Es gilt nun, mich wieder neu auf die Situation einzustellen, denn nebst Nachteilen hat das alleinige Fahren sicher auch Vorteile. Trotzdem bin ich traurig. Ich bin nun gefordert...
17.07.2005 - 48.Tourtag - Viele Gedanken und (nur) ein Zwischentief...?
Eigentlich sollte ich jetzt all die Sachen einräumen, welche mir Fabio übergeben hat; es ist 21.00 Uhr und morgen möchte ich sehr früh weiterfahren. Doch viele Fragen und Gedanken beschäftigen mich bezüglich der Abreise von Fabio. Viele Gedanken, welche ich hier aber nicht alle erwähnen möchte. Meine Tagesberichte handelten bisher selten von Gefühlen und Gedanken, dies aber vielleicht weil die landschaftlichen Eindrücke bisher ganz einfach imposanter waren als persönliche Gedanken. „Ja ich fühle mich in einem Tief, wie verlassen, völlig unvorbereitet. Es ist nicht vergleichbar mit den ersten 2 Tourwochen, als ich auch alleine unterwegs war, denn auf diese Situation hatte ich mich wochenlang eingestellt, zudem wusste ich, dass ich nach 2 Wochen Gesellschaft erhalte. Auch, dass ich spätestens ab den baltischen Staaten, sozusagen die Schlussetappen, alleine bestreiten würde, war völlig klar und hätte mir bestimmt keine Mühe bereitet. Aber so? Gestern morgen fuhren wir noch gemeinsam los, angekommen bin ich hier in Strömsund alleine, bereits im Wissen, dass Fabio den Heimweg antreten wird. Gestern am Telefon, nach seinem Entschied sowie auch heute als wir uns in Oestersund nochmals für 3 Stunden zum Warenaustausch und zur Verabschiedung trafen, kam mir Fabio irgendwie gelöst, lockerer und fröhlicher vor als teilweise während der Tour, aber auch nachdenklich und stolz rückblickend auf das Geleistete und Erreichte. Ja, er hatte wirklich extrem viel Pech mit seinem Fahrrad, und dann noch Knieschmerzen. Dies drückt verständlicherweise auf die Stimmung und den Fahrspass. Ich bin traurig, dass wir die Tour nicht gemeinsam fortsetzen können. Das Fahren zu zweit hat natürlich automatisch Aenderungen im Tagesablauf mit sich gebracht. Die jeweilige Tagesstrecke haben wir aufgrund des unterschiedlichen Fahrverhaltens (Tempo / Pausen) jeweils am Morgen gemeinsam festgelegt, das Suchen des Uebernachtungsplatzes sowie das Essen einkaufen gestaltete sich aufwendiger, da beide (zu) kompromissbereit sind (z.B. bezüglich Essen) und doch beide gewisse Vorstellungen haben (Uebernachtungsplatz). Er schläft gerne lang, ich starte lieber eher früher. Aber wir fanden immer einen gemeinsamen Nenner. „Nein“, sein Schnarchen bzw. mein (nur anfängliches?) Schnarchen werden wir gegenseitig nicht vermissen... Ich glaube, jetzt wo ich den Fokus wieder auf mich legen „muss“, wird auch meine Gefühlsage anfälliger werden. Die Strasse und ich; und niemand wird später dazu stossen bzw. am Abend da sein. Während den Fahrten überlegt man ja viel, man „spricht“ im Inneren mit sich, aber auch mit Anderen. Manchmal „störten“ mich diese Gedanken und ich konnte mich trotzdem kaum davon lösen, da half nur noch Musik. Es war nicht schlimm, aber „on tour“ ist das Gehirn eine Maschinerie die läuft und läuft... Tausend Gedanken von „Gott und der Welt“. „Nun, was kommt in den nächsten Tagen auf mich zu?“ Wild campen, ich alleine, in den menschenärmsten Gebieten der ganzen Tour; ich bin leicht (an-) gespannt auf die nächsten Wochen. Wir hatten eine sehr gute Zeit, 5 Wochen on tour, die „Banalien“ entstehen überall wo Menschen so eng zusammen leben, auf einer Velotour, die mental sehr vieles fordert, erst recht; es sind wirklich Kleinigkeiten. Wir haben viel gemeinsame tolle Erinnerungen, es freute mich heute sehr zu hören, dass ihn das Erreichte stolz macht und dass er es eine ganz tolle Tour fand. Das gemeinsame Aufstehen, sich treffen, die Abende am Feuer, am See, das Schachspielen und Jassen, die gemeinsame Tour-Planung, das Schmieden der Zukunftspläne und die gemeinsamen Gespräche usw. werde ich vermissen. Meine Tour aber geht weiter. Ich bin überzeugt, bald wieder voller Optimismus zu sein und hoffentlich weiter pannen- und verletzungsfrei zu bleiben.
18.07.2005 - 49.Tourtag - Return on Tour - Wildnisstrasse I
Ein neuer Versuch, die Tour ohne Uhr und einwenig günstiger als bisher zu gestalten. Zum Glück erwachte ich wie gewohnt sehr früh morgens, so dass ich mein Vorhaben, nämlich früh aufzustehen um die Chancen ein Wildtier zu sehen, zu erhöhen, in die Tat umsetzen konnte. Positiv, alle von Fabio mitgenommenen zusätzlichen Gegenstände (Kocher, 2 Tour-Bücher und die Esssachen (viel Pasta und Sauce) hatten bei mir Platz. Bei dichtem Morgennebel und noch tief schlafenden Campingnachbarn gings los. Bereits nach wenigen km drückte die Sonne leicht durch den Nebel zwischen den Bäumen hindurch; ein tolles Bild! Nach etwa 20 km das erste entgegenfahrende Auto, ein zuhupen, winken, „wow, der Tag fängt gut an“. Mit einem leichten Hungergefühl (gegessen hatte ich nur 2 Stk Toast) wartete ich auf den ersten Einkaufsladen. Doch die wenigen „Dörfer“ bestanden nur aus einzelnen Häusern, so dass erst nach etwa 70 km (!!) ein kleines Lädeli kam. Doch oh weh, die öffnen erst um 09.00 Uhr, haben jetzt aber geschlossen. (In der Not“ zückte ich dann doch meine Uhr; 08.30 Uhr. Oweh, wann war ich heute morgen denn schon abgefahren?? Hmm, auf warten hatte ich keine Lust, so fuhr ich weiter. Nach über 100 km ohne Konfrontation mit einem wilden Tier, dann plötzlich mehrere Eichhörnchen auf dem Weg auf einen Baum. Mit Feldstecher und Fotoapparat setzte ich mich auf einen Stein nähe des Baumes und beobachtete die ca. 5 Eichhörnchen. Dass ich dabei gleich gutmütig den Mücken Blut spenden konnte, war wohl meine heutige gute Tag. Nach ein paar geschossenen Fotos gings weiter, ohne Laden, immer durch Wälder, entlang kleinen Waldseen, bis ich nach 140 km, endlich „Gäddede“ erreichte. Hier verschlang ich dann vor einem Supermarkt mein Frühstück bzw. Mittagessen und kaufte gleich Brot und anderes für heute Abend und morgen zum Frühstück. Die Suche nach einem geeigneten Uebernachtungsplatz war heute schwerfällig. Trotz See waren die Plätze nicht sehr schön. Aber das eigentliche Uebel sind die Insekten. Ich kämpfe hier mit Riesen-Fliegen, Wespen und Mücken. Am Aussenzelt und draussen wimmelt es davon, so dass ich mich trotz Sonne und See im Zelt verkrieche... Ich bin froh, wenn ich diesen Ort wieder verlassen kann. Gegen Abend überkam mich dann nochmals ein „kleines“ Tief. Neben der ungewohnten Einsamkeit funktionierte plötzlich mein Kocher nicht mehr (das Gewint war überdreht) ! Dies ausgerechnet jetzt, im nördlichen wäldlichen Gebiet wo es wie festgestellt kaum Läden hat bzw. an einen Kauf eines neuen Kochaufsatzes nicht zu denken ist. Dazu stellte ich auch noch mit Entsetzten fest, dass sich an meinem Hinterreifen Einrisse gebildet haben... Glücklicherweise konnte ich wenigstens das Gas, zwar nur sehr harzig, mit einer Zange betätigen, so dass ich doch noch zu meinen Teigwaren kam; draussen am See, trotz Mücken...! Nachdem ich noch einwenig gelesen habe, geht’s nun früher als auch schon schlafen.
Route: Strömsund - Gäddede 140 km
19.07.2005 - 50.Tourtag - Voller Elan unterwegs - Wildnisstrasse II
Heute morgen, nachdem ich wie immer früh mehrmals wach wurde, gönnte ich mir noch einwenig Schlaf, denn ich war noch sehr müde. Zeit? Keine Uhr, keine Ahnung. Nach dem Frühstück am See gings los; Ziel, mindestens bis „Stekenjokk“ (87 km) und der dortige Pass, anschliessend schauen wies weitergeht. Die Route führte zunächst nordwärts (bis 6 km an die norwegische Grenze heran), entlang Seen, immer noch in wäldlichem Gebiet. Erstaunt war ich, dass schon sehr früh eine Tankstelle mit Lädeli (!!) kam. In Gedanken an gestern, nutzte ich die Chance und kaufte mir etwas zu trinken, einen Apfel sowie einen Riegel, so blieben meine Bidons weiterhin gefüllt. Ca. 20 km vor dem Pass dann erneut dasselbe Spiel. Oh weh, doch plötzlich zogen schwarze Gewitterwolken auf, in der Ferne donnerte es gar. So nutzte ich den stopp gleich noch um das Gepäck und mich wasserfest zu machen, Regenvollschutz war angesagt. Und prompt, nach wenigen Metern schüttete es bereits wie aus Kübeln. Der Passaufstieg begann also „wunderbar...“. Aber auch die Kundgebungen der Automobilisten nahmen infolge Wetter und Passstrasse schön zu. Das ist immer wieder motivierend! Kurz vor der Passhöhe dann nochmals ein ziemlich unangenehm starker Regen (Zwischenzeitlich drückte die Sonne mal wieder). Die Schneehöhe (einige grössere Flecken seitlich der Strassen) hatte ich schon länger erreicht; umso mehr verwunderte ich mich , als ich die Passhöhe ereichte und feststellte, dass ich „nur“ auf 876 müM war. Leise Enttäuschung, aber natürlich auch froh, bereits oben zu sein. Dann doch noch eine Ueberraschung! Mit dem Erreichen von Stekenjokk (ohne ein einziges Haus!) der Gemeinde Vilhelmina, befand ich mich nun in schwedisch Lappland! Mein „theoretisches“ Tagesziel war erreicht, aber was soll ich bei diesem „Sauwetter“ hier oben? Im unangenehmen Gedanken an mein Hinterreifen, welcher sich nun schon länger bemerkbar machte, fuhr ich weiter bergab auf der Suche nach einem Haus mit Verpflegungsmöglichkeit. In „Klimpfjäll“ fuhr ich an einen Campingplatz mit einem sehr grossen, sympathischen Ess-Flexraum. Als einziger anwesender Gast erhielt ich einen wunderbaren Salat mit Käse (!) und Schinken. Dafür zahlte ich inkl. Cola nur 60 Kronen (ca. CHF 12.00!). Dann bot mir die Besitzerin auch noch Kaffee an; wow, mega nett! Beim Studium der Landkarte entwickelte sich dann eine „irrsinnige“ Idee. In Anbetracht meines kaputten Kochers sowie des schon stark beschädigten Hinterreifens (schon deutlich mehr Einrisse, der Schlauch schon leicht sichtbar...) musste ich rasch möglichst wieder auf eine „grössere“ Strasse. Die Wildnisstrasse bis nach Vilhelmina, dem offiziellen Routen-Ende zu fahren, wollte ich auch nicht, da dies eine unnötige Fahrt südwärts zur Folge hätte. So entstand die Idee, heute noch und morgen richtig „Gas“ zu geben und via Nebenstrassen morgen das Ort „Sorsele“ zu erreichen. Ein gewaltiges Vorhaben So fuhr ich nach bereits 110 km heute nochmals deren 60 km. Getragen von gutem Salat, der erschienenen Sonne, der schönen (meistens bergab) Strasse entlang der Seen und der gemütlichen Musik im Ohr wars eine tolle Weiterfahrt. In „Saxnäs“ gönnte ich mir auch noch ein Nachtessen, damit ich nicht auch noch kochen musste. Eine „Jägerpizza“ mit Gratis-Salat für nur 75 Kronen, war meine Antwort auf die auch heute wieder nicht erblickten Waldtiere... Sehr erleichtert, dass der Hinterpneu noch nicht geplatzt ist, habe ich gegen Abend die Ortschaft „Stalon“ erreicht. Gleich tauschte ich den Vorder- mit dem Hinterreifen, so dass der kaputte Reifen nun am weniger belastenden Vorderrad war. Meine Hoffnung war klar; pannenfrei in die nächste grössere Ortschaft mit Sportgeschäft kommen um dort einen neuen Reifen zu kaufen. Zunächst aber muss ich morgen wohl nochmals ähnlich viele km machen wie heute. Ohne das Reifenproblem wäre ich ev. sogar noch weiter gefahren heute. „Kopf und Beine“ haben heute unglaubliches geleistet. Ich bin gespannt auf morgen.
Route: Gäddede - Stalon 170 km
20.07.2005 - 51.Tourtag - Unter diesen Umständen zu viel...
Ich habs geschafft... Vor etwa 1 Stunde habe ich mein Zelt auf dem Campingplatz in Sorsele aufgestellt. Angekommen bin ich hier irgendwann nach 22.00 Uhr...! Ich bin sehr froh, dass es hier einen Campingplatz hat und ich nun in einem warmen, gemütlichen Unterhaltungsraum sitzen darf und neben bei noch Turmspringen am TV schauen kann. Das Ziel für heute war definiert und eine Herausforderung. Auf verlassenen Nebenstrassen über viele „Hügeli“ nach „Sorsele“; eine Strecke von 150 km! An was hats heute gelegen, dass der Tag zu einem einzigen Kampf wurde? Nebst den 2 vergangenen ebenfalls „harten“ aber gut verlaufenen Tourtagen mit bereits 310 km in den Beinen, liefs heute von Beginn weg nicht ideal. Z.B.regnete es bereits am frühen Morgen so stark, dass ich meinen Start sehr lange hinauszögern musste. Der mehrheitliche Aufstieg nach „Dikanäs“ über 40 km gleich zu Beginn harzte bereits (Regen, allg. schlechtes Vorwärtskommen). Dort musste ich dann beim Frühstücks-Einkauf leicht entsetzt feststellen, dass es bereits 13.30 Uhr war, gefahren waren aber erst 40 von geplanten 150 km.... Die folgende Strasse über ca 30 km war dann ungeteert, sandig nass und mit vielen Schlaglöchern versehen. Ein flüssiges Fahren unmöglich, dagegen sehr kräftezehrend. Bei einer 10 min. Fahrt auf der E12 erblickte ich dann einen Campingplatz; ich gab mich schon dem Gedanken hin, dort zu übernachten, doch oh weh, die hatten geschlossen!! Der Regen prasselte weiter unentwegt hinunter, so dass ich mir bei der nächsten Beiz etwas zu Essen gönnte. Nach dieser Pause entschied ich mich, die letzten noch immer 70 km (ohne ein einziges Dorf) in Angriff zu nehmen. Eine Tour über „7 Berge“, der Bauch schmerzte (ev. vom Essen vorher...?), immer wieder starker Regen und nun noch übler Wind, welcher mich fast zum Stillstand brachte. Ich kam nicht vom Fleck, auch das Velo bremste plötzlich irgendwie mit. Ich entdeckte ein „8i“ im Hinterrad. Na toll....!! Ich hängte die Hinterbremse aus, so dass wenigstens der Bremseffekt ausblieb und ich so fortan einwenig besser vorwärts kam, der Fight mit dem Wind jedoch blieb weiterer Bestandteil. Die Ankunft muss aufgrund der geschlossenen Reception irgendwann nach 22.00 Uhr gewesen sein. Heute hats keinen Spass gemacht, der Kopf spielte heute nicht mit. Nun gönne ich mir hier morgen einen Ruhetag und hoffe, dass ich hier das Fahrrad reparieren lassen kann. Ich brauche einen neuen Reifen, dazu muss das „8i“ wieder korrigiert werden. Immerhin bin ich am Ziel...
Route: Stalon - Sorsele 150 km
21.+ 22.07.2005 - 52.+ 53.Tourtag - Die ersten Rentiere
Der gestrige Ruhetag hat trotz erneut starkem Regenfall sehr gut getan. Auch wenn ich das Hinterrad nicht flicken lassen konnte in Sorsele (da es ein Spezialrad von Shimano ist und die hier im Norden nicht solche speziellen Ersatz-Speichen haben) und ich wegen einem Defekt am einzigen (!) Bankomaten im Dorf erstmals auf meine Traveler-Checks angewiesen war, wurde es am Abend noch so richtig gemütlich. Im Aufenthaltsraum nähte ich alle kaputten Sachen wieder zusammen (Folgen des Schneeabenteuers auf dem Rallarvegen), „kochte“ Poulet + Lasagne und schaute anschliessend ganz relaxed einen lustigen Film in Englisch an. Das genoss ich wirklich! Heute dann gings mit dem Bus um 06.45 Uhr nach Arvidsjaur, in der Hoffnung mein Rad dort reparieren lassen zu können. Diese fast 5 stündige Busfahrt mit grossem Umweg via „Boliden“ nach Arvidsjaur (es fährt kein direkter Bus während den Schulferien) lohnte sich, denn nebst Schlaf nachholen sah ich endlich die ersten Rentiere auf und neben den Strassen. Freude herrscht! In Arvidsjaur hatte es leider kein Velo-Shop (!), jedoch kannte die nette Dame vom Touristen-Büro einen Velohändler, Mr. Karlson (er managte früher seine beiden Töchter, welche Velorennen fuhren), welchen sie sogleich „dahin zitierte“. Leider musste auch er zugeben, dass er für mein gutes Rad keine Ersatzteile hat. So entschied ich mich halt, bei ihm für 900 Kronen (Gauner...!) ein neues Hinterrad zu kaufen. Hauptsache ich konnte weiterfahren. Von Vorsicht geprägt habe ich mein Shimano-Rad trotzdem noch nordwärts nach Jokkmokk geschickt, nur für den Fall, dass das neue Rad doch nicht hält... Beim Start musste ich jedoch bereits feststellen, dass das kleinste „Uebersetzungs-Rädchen“ irgendwie kaputt oder einfach schlecht montiert war. Der Seniore aber war leider zu Hause nicht mehr zu erreichen. So startete ich um 15.30 Uhr mit immer noch leicht (?) defektem Velo Richtung Jokkmokk (Strecke 154 km), damit ich morgen baldmöglichst in Jokkmokk ankomme. Dann überkam mich eine riesige Freude, als ich nun auch noch auf dem Fahrrad auf Rentiere stiess!!! Zuerst jeweils nur einzelne, dann sogar eine kleine Herde mit Jungen. Beim 2.Rentier klappte es sogar mit dem ersten Foto. So verging die Zeit wie im Flug. Mit den vorher gegessenen Spaghetti (der Gaskocher ist nun wohl vor dem endgültigen Defekt) sollten morgen die übrigen 80 km gut zu meistern sein. Weitere Rentiere sind natürlich herzlich willkommen.
Route: Sorsele - Kabdalis 74 km
23.07.2005 - 54.Tourtag - Jokkmokk über dem nördlichen Polarkreis erreicht
Jokkmokk, ein schon vor Tourbeginn in Betracht gezogenes Ziel als nördlichste Ortschaft meiner Tour. Heute nun die letzte Etappe dahin, natürlich bei Dauerregen und Nordwind. Doch dies war mir mit Blick auf mein Ziel doch relativ unwichtig. Los gings, wieder mal mit einem dreckigen, nassen Zelt im Gepäck. Meine Pausen hielten sich heute in Grenzen, denn einerseits gabs in dieser wäldlichen, einfach zu befahrenen Landschaft, keine Notwendigkeit, andererseits fror ich bei der einzigen Pause bei einer Tankstelle ziemlich schnell, da meine Regenkleider wohl nicht mehr ganz dicht sind und mein T-Shirt so entsprechend nass war. Tiere habe ich bei dieser Tagzeit und diesem Wetter keine mehr gesehen. Ein eher persönliches Highlight war dann aber, kurz vor Jokkmokk, das Erreichen des nördlichen Polarkreises! Ein Däne machte netterweise auf meine Anfrage hin ein Foto von mir und der „Tafel“. Gleichzeitig erzählte er mir, dass er heute von Norwegen her kam und dort bei 24 Grad die Sonne schien... Mit einem Lächeln hoffe auch ich auf besseres Wetter! Im dortigen Restaurant „Zum Polarkreis“ probierte ich dann erstmals Rentierfleisch, gar nicht schlecht wars. Dann, nach weiteren 5 km mein persönlicher Urschrei; Jokkmokk war erreicht! Ein Glücksgefühl und Zufriedenheit überkam mich. Im Touristenbüro holte ich mir noch schnell einige Broschüren und dann fuhr ich zum leicht ausserhalb liegenden Campingplatz. Die Wege und Wiesen mit Wasser überfordert, eine schöne Aussenbad-Anlage wo Kinder in Badekleider den Plausch hatten (brrrr). Ich habe wohl selten oder nie bei solch starkem Regen und umgeben von solchen „Wasserlachen“ ein Zelt aufbauen müssen. Der Vorteil jedoch war, schon lange ist es her, dass ich nicht mit Mücken zu kämpfen hatte, dabei ist gerade Jokkmokk bekannt für seine Insektenplage. Nach einer wunderbaren, langen, heissen Dusche, bin ich nun aufgewärmt und laufe mal wieder barfuss mit meinen „Schlarpen“ und langen Hosen umher (tja meine einzigen Schuhe sind mal wieder nass...). Nun studiere ich mal die Broschüren und schaue spontan, wie lange ich hier in Jokkmokk bleiben werde. Unglaublich schön, ich habe es geschafft...
Route: Kabdalis - Jokkmokk 80 km
24.+ 25.07.2005 - 55.+ 56.Tourtag - 2 Ruhetage zur Halbzeit
So viel geschwitzt habe ich schon lange nicht mehr, eben in der Sauna... Die 2 Tage hier waren leider von viel Regen geprägt, so dass es mit dem Erblicken der Mitternachtssonne nichts wurde. Trotzdem konnte ich die 2 Ruhetage hier in Jokkmokk geniessen. Gestern Sonntag besuchte ich um 11.00 Uhr eine protestantische Messe, 20 Leute waren nur anwesend, darunter Annika aus Schweden, die ich später noch kennen lernen sollte. Geleitet wurde die Messe durch eine Priesterin. Angeblich nichts aussergewöhnliches in Schweden. Wie schon in Norwegen gabs auch hier bei der Kommunion Wein zusätzlich zur „Hostie“. Nach der Messe sprach mich dann eben Annika an, sie fand es doch „interessant“, dass ich zur Kirche gehe obwohl ich kein Wort verstehe... Nach gemütlichem Schwatz vor der Kirche wurde sie von Ihrem Freund abgeholt, doch wir vereinbarten, uns am Nachmittag erneut zu einem Kaffee zu treffen. In der Zwischenzeit besuchte ich das sehr bekannte Sami-Musum „Ajtte“, welches sehr spannende Einzelheiten über das Leben der Sami präsentierte. Den Kaffee und Kuchen mit Annika erhielten wir dann in einer „alterwürdigen“, kleinen Holzhütte, bei welcher wir in den nebenan stehenden Holzscheunen und Stallungen alte Werkzeuge und Geräte sowie einen Schmied bei der Arbeit begutachten durften. Danach fuhr mich Annika zurück zum Campingplatz, wo ich noch zum Ziel hatte, meine „pflotschnassen“ Velokleider vom Vortag zu trocknen. Da lernte ich im Wäscheraum ein norddeutsches Ehepaar und ihren Bub kennen, welche mir dann netterweise meine „5 Sachen“ gleich mit der ihrigen tumblerten (die Warteschlagen zum Waschen war riesig!). Sie luden mich dann kurzerhand in Ihren Campingwagen auf ein Bier ein. Dort zeigten bzw. gaben Sie mir Prospekte vom Vasa-Museum, falls meine Reise noch nach Stockholm führen sollte. „Cool, in einem Campingwagen war ich schon lange nicht mehr“. Da sich ihr Bub, Marcel, relativ auffällig benahm, erzählten sie mir gleich die Geschichte oder das Wunder im Zusammenhang mit Marcel. Er ist „100%“ behindert, kann jedoch gehen und sprechen, auch wenn nur schwerfällig und undeutlich. Er kam bereits im 5.Schwangerschaftsmonat zur Welt und wog bloss 450g. Er ist noch immer das in Deutschland leicht gewichtigst geborene, überlebende Baby/Kind. Bei der Geburt prognostizierten jegliche Aerzte, dass Marcel niemals würde gehen oder sprechen können. Doch wie mir die Eltern erzählten, scheuten sie keine Bemühungen, Tausende von km Fahrt für Konsultationen bei verschiedensten Aerzten und Heilern auf sich zu nehmen und das Resultat ist in Anbetracht der prognostizierten Aussichten ein Wunder. Heute habe ich mich um 05.00 Uhr morgens, bei Regen, spontan gegen eine langwierige Bus + Zugreise nach Kiruna zum Frei-Luft-Sami Museum entschieden und hier in Jokkmokk einen ruhigen Tag verbracht. Beim Dorf-Bummel kaufte ich Impregniermittel für meine Schuhe, Zelt und die Regenkleider sowie einen neuen Gaskocher. Dies wurde nötig, da hier kein Kocheraufsatz für meine „Gasmarke“ (Campinggas) erhältlich war. Leider war auch hier die Reparatur des Velos (immer noch das kleine Zahnrad hinten) nicht möglich, da der Spezialist gerade Ferien hat... Auch mein anderes beschädigtes Super-Rad, welches ich nach Jokkmokk sandte, habe ich nochmals weiter nach „Boden“ schicken lassen, ev. kann die Speiche ja dort geflickt werden (dann hätte ich sogar plötzlich ein Rad zuviel). Heute Nachmittag hat noch eine andere Bikerin aus Schweden den Campingplatz erreicht. „Eine Frau alleine mit dem Velo?“ Da musste ich mal nachfragen... Im Gespräch erzählte sie, dass Sie von „Boden“ bis Abisko fahren wird (ca. 5 Tage). Von dort aus wandert sie dann zusammen mit Freunden ca. 100 km (20km/Tag) über den Abisko-Nationalpark. „Wow, coole Sache“! So Wanderferien könnte ich mir auch mal vorstellen. Gerade vorher war ich noch in der Sauna, das war sehr angenehm. Aus heiterem Himmel zeigt sich nun sogar die Sonne. Ich liege vor dem Zelt, die Mücken stören gerade nicht... Lange ist es her.. Nun fühle ich mich wieder erholt, die „Rückreise“ kann beginnen und ich hoffe, dass mein Radproblem bald gelöst wird und dann keines mehr wird. Schlimm ist’s ja eigentlich nicht, ich kann einfach nicht im kleinsten Zahnrädchen fahren. Es gibt also weit schlimmere Probleme...
Zwischenbilanz:
Für die Velofahrt von Flensburg nach Jokkmokk benötigte ich 35 effektive Fahrtage (19 Ruhetage), dabei habe ich ca. 3161 km zurückgelegt (90km/Tag).
26.07.2005 - 57.Tourtag - Fahrt zurück in die „Zivilisation“
Verheissungsvoller Start in die 2.Tourhälfte. Zunächst dieser riesige, wunderschöne Regenbogen gestern Abend und heute Abfahrt in Jokkmokk um 08.30 Uhr bei herrlichem Sonnenschein. Da ich mein defektes Original-Hinterrad von Jokkmokk nach Boden senden liess, war die heutige Tagesroute von 132 km bis Boden eigentlich vorgegeben. Die natürlich nochmals im Wald verlaufende Strasse war praktisch ohne Steigungen und so einfach zu befahren. Ich überquerte erneut den nördlichen Polarkreis und dann, wie ich es mir nochmals erhofft hatte, traf ich wieder auf einige Rentiere. Mächtig, einzelne mit riesigem Geweih, zogen an mir vorüber. Ein wunderbarer Anblick! Nach ca. 100 km jedoch merkte ich bzw. meine Oberschenkel langsam die Belastung, trotzdem erreichte ich Boden noch zu guter Zeit um 15.00 Uhr. Um in Ruhe alles angesagte erledigen zu können, habe ich mein Zelt wieder auf einem Campingplatz aufgestellt. Hier ist richtig Betrieb, auch Boden selber ist recht gross im Vergleich zu den Orten der letzten Tage / Wochen und liegt nur 30 km entfernt vom Meer bzw. der Ortschaft Lulea. In Ruhe konnte ich so das Hinterrad bei der Busstation abholen und dies zusammen mit dem Fahrrad zwecks Reparatur zum Mechaniker bringen. Um 18.00 Uhr durfte ich alles abholen. Das Original Shimano-Rad jedoch konnte auch er hier nicht reparieren, da das entsprechende Material fehlte. Das Problem mit dem kleinsten Zahnrädchen am Hinterrad aber konnte behoben werden. Somit kann ich ab sofort wieder mit allen Gängen fahren. Ich habe nun wieder vollstes Vertrauen in mein Fahrrad. Der Mech machte mir einen super Eindruck (er war eine Empfehlung der Lady mit dem Velo in Jokkmokk) und konnte mir auch einige Fragen beantworten, so z.B. empfahl er mir, die Speichen spätestens nach 1000 km zu überprüfen bzw. frisch anziehen zu lassen. Ein gutes Gefühl; wie sich die „Probleme“ (Esskocher und Velo) wieder in Luft auflösten. Morgen um 10.00 Uhr kann ich das Original-Hinterrad noch zur Post bringen, denn wenn es sich finanziell lohnt (je nach Gebühren), werde ich das Rad nun endgültig nach Hause in die Schweiz schicken, so wäre auch dies gelöst. Es war ein guter Tag, bis auf ein paar ganz wenige Regentropfen endlich wieder mal trocken auch wenn mehrheitlich bewölkt. Ich hoffe, diese Nacht wird es einwenig früher ruhig. Wegen der ganznächtlichen „Helligkeit“ in Jokkmokk wars noch bis gegen 02.00 Uhr lärmig. Aber es ist eben auch spannend, wenns nicht dunkel wird...
Route: Jokkmokk - Boden 132 km
27.+ 28.07.2005 - 58.+ 59. Tourtag - Einfahrt in Finnland
Zwei weitere Regentage.. Muss dies überhaupt noch erwähnt werden? 2 Regenfreie Tage in Folge erlebte ich zuletzt am 11./12. Juli...! Also das Original Hinterrad konnte ich in Boden für CHF 30.00 in die Schweiz schicken. Eine sehr nette Dame vom Einkaufscenter half mir beim Einpacken des sehr grossen „Pakets“. Die Fahrt an die finnische Grenze verlief entlang der Hauptstrasse, der Verkehr entsprechend intensiver als noch im Lappland. Ankunft in „Haparanda (S) / Tornio / Finnland) war erst gegen 20.00 Uhr (Zeitumstellung + 1 Std.) nach 135 km langer Fahrt. Wegen dem Radversand fuhr ich auch entsprechend spät ab (11.00 Uhr). Auf dem Campingplatz in Tornio huschte ich dann, kaum angekommen, in die Sauna. Tja in Finnland hat man einfach eine Sauna, wenn möglich eine Holz-Sauna (oder eben Elektro). Dort traf ich dann den ersten Schweizer, genau gesagt aus Uzwil SG. Ich übernahm mich wohl etwas mit der wechselnden Hitze in der Sauna und dem folgenden kalten abduschen, denn plötzlich wurde es mir ziemlich übel. Ich musste die Sauna verlassen, eine 20 min. Dusche musste mir zur Erholung verhelfen. Später gesellte ich mich noch zu anderen „Campern“ beim gemütlichen Holz-Zelt mit offenem Feuer, da traf ich noch auf einen Winterthurer. Bis um 03.00 Uhr morgens plauderten wir zu viert am Feuer, bei Bier, Finnischem Schnaps und Lakritzen. Spannendes hatte auch der Winterthurer zu erzählen. Er trampte seit 3 Monaten alleine in halb Europa umher, der St.Galler mit Freundin war dagegen mit Inter-Rail in Skandinavien unterwegs. Zufall, dass gerade alle am gleichen Tag hier in Tornio ankamen.
Die Weiterfahrt heute nach Oulu (132 km) war nicht so extrem toll. Der Verkehr nahm massiv zu, besonders die Lastwagen ratterten teilweise einer nach dem anderen vorbei und liess mich noch feuchter zurück als ich durch den Regen bereits war. Interessant, heute kamen mir wieder mal 3 Biker entgegen, dies ist doch immer wieder ein Aufsteller. Auch heute bin ich erst um 20.00 Uhr hier angekommen. Oulu ist relativ gross, so fand ich den Campingplatz erst auf Nachfrage. Auch hier im Aufenthaltsraum hat es wieder 5 Schweizer/innen. Auffällig viele Schweizer traf ich bisher in Finnland. Wie es morgen weitergeht weis ich noch nicht, ev. fahre ich weiter, aber wahrscheinlich bleibe ich noch einen Tag hier. Oulu scheint noch schön zu sein, das Meer und das Center gefielen mir zumindest recht gut. Dann sollte ich mich noch entscheiden, obs nun ins Landesinnere oder entlang des Meeres weitergehen soll, on vera...
Route: Boden - Tornio(Fi) 135 km
Tornio - Oulu 132 km
29.+ 30.07.2005 - 60.+ 61.Tourtag - Nach dem Ruhetag weiter südwärts
Zusammen mit den 5 Schweizern verbrachte ich den 1. Abend hier gemütlich bei Bier und Gutzeli. 2 Aargauerinnen und 3 Solothurner/innen sind auch zufällig am gleichen Abend angekommen. Die beiden Damen kamen mit dem Zug von Rovaniemi, die 3 mit einem Militärbüssli vom südlichen Gebiet Finnlands her. Den Ruhetag verbrachte ich einfach mit Kleider waschen und einem Bummel in Oulu. Hier besuchte ich bei schönem, aber kühlem Wetter den Markt, wo Kleider, viele Beeren und allgemein viel einheimisches Essen verkauft wurde. Dazu nutzte ich die Gelegenheit in der Bibliothek einen weiteren Reisebericht per Mail zu versenden. Die Nacht auf heute war dann ziemlich mühsam. Exakt wie ich es kürzlich gelesen habe, genossen einige finnischen Jugendlichen den sommerlichen Tag ziemlich laut bis in die frühen Morgenstunden. Geschlafen habe ich so jedenfalls nicht viel. Ueber Nacht ist dann noch erneut meine Uhr stehen geblieben (wohl wegen der Feuchtigkeit im Uhrwerk), so dass ich einwenig später als geplant abfuhr. Nach gestriger langer Ueberlegung habe ich mich für die Nebenstrasse im Landesinneren entschieden. Am Meer werde ich später noch genug entlang fahren. Die Nebenstrasse verläuft zudem praktisch parallel zum Meer, so dass ich sicher in 1 Tagesroute am Meer wäre bei Bedarf. Entlang der Strasse 86 fuhr ich wie gehabt durch Wald, aber trotz einigen Achtung Elch-Signalen lief mir keiner vors Velo. Die Strecke blieb relativ eintönig, kaum Dörfer, keine Seen, nur Autos und Bäume, aber dafür scheint die Sonne sehr häufig und da ich nun südwärts fahre, schein sie mir nicht nur an den Rücken wie meistens bisher. Nach etwa 80 km, meine Velopedalen „klimperten“ da schon lange lautstark, befing mich beim Atmen plötzlich wieder ein unangenehmer, leichter Schmerz im Brustkorb und der oberen Rückenhälfte. Mit einer Pause und gutem Essen verging dies zum Glück wieder (dieselben Symptome hatte ich ja schon wenige Tage vor Tourbeginn, nur waren die Beschwerden damals viel stärker). In „Ylivieska“, nach 130 km, sollte eigentlich Feierabend sein, aber da der vorgesehene Campingplatz nicht vorhanden war und ich kein Wasser mehr hatte, fuhr ich noch weitere 20 km bis „Sievi“. Zwischen Strasse und Gewerbegebäuden habe ich dann das Zelt auf ebenem Grün aufgestellt. Auffallend war heute, dass die meisten mit dem Velo entgegenfahrenden Einheimischen weder grüssten noch den Blickkontakt suchten. Sehr schön zuzuhören war dagegen heute Morgen, als Einheimische in einer Gartenwirtschaft in Oulu Lieder mit russischem „Tatsch“ sangen.
Route: Oulu - Sievi 150 km
31.07.2005 - 62.Tourtag - 2 Monate on tour
Heute fuhr ich gegen 07.00 Uhr, bei stahlblauem Himmel und Sonnenschein ab. Vorgenommen hatte ich mir, endlich mal wieder „früh“ am Zielort zu sein, damit ich den Sonntag und das gute Wetter noch geniessen kann. Die Route führte heute weiter südwärts, entlang der Strasse 63 und 68. Angenehmer als gestern, ca. all 20 km kam ein Dorf, zudem verlief die Strasse nebst Wald auch entlang Feldern und in Sichtweite hatte es einige Seen. Dazu erlebte ich erstmals in Finnland regelmässige, aber immer noch geringe Steigungen auf den letzten 30 km. So nach Mittag erreichte ich das 110 km entfernte „Lappajärvi“. Der Campingplatz , direkt am See, ist klein und sehr einfach ausgestattet. Ich bin hier der einzige „Nicht-Finne“. Da es hier keinen Shop hatte, ass ich noch die restlichen Spaghetti und habe so, ausser 10 Euro für den Campingplatz, heute kein Geld ausgegeben. Auch mal gut. Es ist wieder ein Monat zu Ende, der 2.bereits. Im Juli fuhr ich ca. 2220 km (1600 km waren es im Juni), bei 21 Fahrtagen. Nicht so wie in Norwegen und Lappland, fehlen mir momentan in Finnland einwenig die „Ziele“ bzw. die Vorfreude auf eine schöne Route, einen speziellen Ort, ein bestimmtes Ereignis. Ideen bestehen zwar (z.B. Fahrt auf die schwedische Insel „Gotland“, Stockholm oder die Aaland-Inseln), doch ist dies relativ kompliziert und kostspielig mit den Fähren. Dazu will ich die Zeit bis Anfangs oder Mitte September möglichst sinnvoll nutzen, aber wie viele „Umwege“ ich mir zeitlich leisten kann, weiss ich zur Zeit halt noch nicht. Wie weiter in Finnland? Sehenswert scheinen vor allem die Städte zu sein, die Routen jedoch bleiben wohl gleich. Die Ostseite zu Russland könnte allenfalls auch interessant sein, der Weg dahin und wieder zurück scheint mir jedoch zu lang. Ich habe bisher von Finnland kaum Fotos gemacht, entsprechende neue, interessante Motive fehlten ganz einfach, ich hoffe dies ändert sich noch. Nun muss ich mich noch entscheiden, ob ich nun Helsinki oder Turku ansteuere...
Route: Sievi - Lappajärvi 110 km
01.08.2005 - 63.Tourtag - Frische Ideen zum Monatsbeginn
1.August, kein Feuerwerk, keine Party. Es ist 20.00 Uhr, es regnet, ich sitze hier im Trockenen unter einem gedeckten Rast-Grillplatz aus Holz, gleich daneben die „Route 66“, laut ist es wenn Autos und Lastwagen vorbeifahren. Aber ich bin zufrieden! Gestern Abend habe ich mir eine Route zurecht gelegt; nun freue ich mich wieder auf die Routen und Städte. Mein nächstes Ziel ist die Stadt Tampere, dort folgt der nächste Ruhetag, dann geht’s westwärts ins Dorf „Rauma“ (Dorfteil nur bestehend aus Holzhäusern) und schliesslich dem Meer entlang hinunter nach Turku, dies ist die frühere Hauptstadt Finnlands. Dort schaue ich dann, ob allenfalls eine Fähre zur Insel „Gotland“ fährt, wenn nicht gibt es einige andere Möglichkeiten. Heute habe ich sogar ein paar (wenige) Fotos von Finnland gemacht. Gutes Zeichen! Denn, auch wenn es landschaftlich ähnlich wie Mittel- und Nordschweden ist, so hat doch auch dieses Land eigene Fotos verdient und für mich ist dies schliesslich auch toll. Zwischenzeitlich sprachen mich schon mehrere Finnen (Männer) an, so auch heute während ich unter dem Vordach bei Regen etwas ass. Irgendwie lustig, er hatte es vom Wetter, ich gab mich als Schweizer zu erkennen, sprach Englisch, er Finnisch und obwohl wir uns gegenseitig nicht verstanden sprachen wir doch einige Sätze (hoffentlich zum gleichen Thema?) miteinander. Tja, schon häufig ist hier in Finnland ein gutes Gespräch an den verschiedenen Sprachen gescheitert, hier im Landesinneren sprechen wohl die wenigsten Englisch, ausser jene die mit Touristen zu tun haben oder jüngere Leute. Schade! Eigentlich ungeplant (gestern), habe ich heute wieder über 130 km zurückgelegt. Zunächst wäre ich gerne von hier aus („Virrat“) mit der Fähre der kurvigen See entlang nach „Tampere“ gefahren. Da diese aber erst am Mittwoch wieder fährt und fast 8 Std dauert (für 110 km), werde ich diese Strecke auch normal mit dem Velo absolvieren. Den „frühen“ Abend verbrachte ich vorwiegend in einer nahe gelegenen Waldhütte (Restaurantbetrieb), welche schön erhöht oberhalb eines wunderschönen kleinen Sees an einem Felsen lag. Bei einigen Kaffees (3) und Kuchen (2) genoss ich diese überaus schöne, antik eingerichtete Stube; die Möbel stammen angeblich aus dem Jahr 1935. Als einziger Gast machte ich es mir gemütlich und stiess in einem Fotobuch zum Thema „Natur“ auf ein zum Nachdenken anregendes Vorwort. Einen Teil davon habe ich zu Block gebracht.
Route: Lappajärvi - Virrat 138 km
Auszug eines Vorworts im Buch zum Thema Natur (01.08.2005)
„Wanderst Du mitten in der Natur, siehst um Dich, bemerkst plötzlich; vielleicht die Farben, die Schönheit der Aeste eines alten Baumes in ihrem Rhythmus? Die goldenen Wellen reifen Weizens bei einem Hauch. Je tiefer du in der Natur drinnen bist, desto mehr spürst und fühlst du. Allmählich wirst du einsehen, die Welt um die ist wie ein schöner Garten. Du musst es dir nur ansehen. Halten. Zeit nehmen für die Veranschaulichung. Für das Präzisieren je nach deinem eigenen Gesichtspunkt. Es heisst also sich anschauen. Halten. Und vor allem ganz still bleiben. Und gerade das fällt wohl dir, dem modernen Menschen, schwierig. Deine Freizeit verbringst du in dem fahlen Licht vor dem Fernseher oder dem Monitor. Dein Lieblingsprogramm wählst du bequem mit der Fernbedienung. Samstags bummelst du in den zauberhaften Kaufzentren, wo du die einfache, leichte Einwegwelt fast einatmen kannst. Nachher wirfst du die einmalige Sonderangebote schnell weg, weil das nicht das war, was du haben wolltest – wonach du dich gesehnt hast? Abends vor dem Schlafen gehen stellst du fest, im Fernseher läuft nur Mist. Du bist müde, erschöpft wegen nichts und irgendwie weißt du es. Fühlst du auch Sehnsucht? Sehnsucht die schwer zu definieren ist? Hunger. Wonach? Wohin? Nach wem? Diese Sehnsucht, diese Einsamkeit ist dir bekannt und sogar auf den Armen, im Schoss deines Geliebten, nach den glücklichen Stunden zusammen? Oder fühlst du nicht mehr so? Hast du schon die wunderschönen blauen Stunden der Wehmut verloren? Ich habe Angst; bald sind wir von allem anderen abhängig ausser gerade von der Aufgabe, wofür unser Schöpfer uns gedacht hat. Wir sind ein Teil der Natur. Ein winziges Teilchen in der riesigen Gesamtheit, egal ob wir es möchten oder nicht. Erklärt jemand, er sei urban, spricht das für unbewusste, sonderbare Verdrängung. Ich glaube fest daran, dass in einem Wald, beim Spüren der eigenen Wildnis, da in natürlicher, aller Ruhe, in der Stille des Waldes der Mensch, wenigstens irgendeine Möglichkeit hat, der eigenen Einsamkeit und Isoliertheit Linderung zu finden. Waldnatur, der Urwald vor allem, ist der beste Ausgangspunkt für deine Kreativität. Die Urquelle für Erweiterung deiner Sinne, für visuelle Erlebnisse. Die Möglichkeiten zum Wahrnehmen und Lernen sind grenzenlos. Wir haben einen weiteren besonderen Reichtum: den Wechsel der Jahreszeiten. Das Grün wacht im Frühling auf, blüht im Sommer, verdunkelt sich im Herbst und wird zuletzt im Winter eins mit dem weissen, blendenen Licht. Wie die Farben der Natur, so ändern sich auch unsere Vorstellungen. Sie sollten sich auch ändern. Dadurch erlernen wir Demut und Zustimmung. Wir werden ein Teilchen im Kreislauf des Lebens, der uns immer neue Möglichkeiten bietet. Hast du (auch) Angst? Alles vergeht zu schnell. Diesen Sommer hatte ich wieder keine Zeit... nur zwei Sonnenuntergänge und einen einzigen Aufgang hinter einem nebligen See. Wieso wieder keine Zeit, den Baum zu pflanzen oder Beeren zu pflücken? Auch diesen Sommer habe ich nicht die Landschaft meiner Kindheit gesehen; weder das Schimmern des geheimnisvollen, dunklen Wassers, noch den grossen Stein. Nur in mitten der mächtigen Natur lebst du echt. Echt und vollkommen. Du weist warum du überhaupt existierst. Fühltest du dich hier in mitten der mächtigen Natur winzig klein, weist du immerhin , du bist wichtig. Du fühlst, du bist gerade den richtigen Pfad entlang gegangen, bist zum Endpunkt, von dem du anfangs nichts wusstest. Der zwanghafte Hunger nach dem Materiellen hört auf. Deine innere Ruhe macht dich danken. Macht dich demütig und bescheiden.“
02. + 03.08.2005 - 64.+ 65.Tourtag - Ankunft in Tampere
Die Fahrt nach Tampere ähnelte den Routen der vorigen Tage. Die Route 66 war glücklicherweise verkehrsmässig nicht ganz so schlimm wie ich noch am Vorabend und in der Nacht (viele Lastwagen) befürchten musste. Trotzdem wurde es manchmal recht eng bei den Ueberholmannövern. Ab der Strasse 338 nahmen die Steigungen dann merklich zu, ungewohnt für mich in Finnland. Wettermässig liess der Regen leider nicht sehr lange auf sich warten, ab dem späteren Morgen „schüttete“ es regelmässig bis am späten Abend. Glücklicherweise aber war ich bereits am frühen Nachmittag im Tampere. Gelotzt von gut markierten Velowegen fand ich gut ins Zentrum. Apropos; „Keskusta“ bedeutet „Zentrum“ auf Finnisch; gut zu wissen, den hier im „Inland“ ist so gut wie nichts auf Englisch angeschrieben, so ist auch eine Speisekarte (sogar im MC Donald heissen die Burger anders) oder andere Informationen auf Tafeln, z.B. Bahnhof für mich fast unmöglich zu verstehen. Meine Oberschenkel haben es mir gedankt, habe ich mir heute (2.Tag in Tampere) einen Ruhetag gegönnt, erst den 2. nach Jokkmokk bzw. nach 900 km. Unglaublich; heute hats Sonnenschein und 26 Grad!! Glaube dies ist für mich der bisher wärmste Tag des Jahres. Um 08.00 Uhr (nach dem 2. Ueberdruck auf meiner Blase) begann ich die nassen Velokleider zu waschen (Handwäsche). Nach dem Morgenessen dann putze ich gleich noch mein Velo und ersetzte die alle völlig abgenützten Bremsen, dazu schmierte ich gleich noch die Kette ein. Es war nötig! Nach freudigem Auftragen der Sonnencreme (ein selten notwendiges Ereignis..) fuhr ich ohne Shirt ins Städtle. Tampere (160 km nördlich von Helsinki) liegt in einer Landenge zwischen 2 grossen Seen. Dies nützte ich, um mich am Seeufer zu sonnen, zu essen und trinken und um mal nichts zu tun. Nebst Glace, Sandwich, Burger ernährte ich mich natürlich auch typisch finnisch mit Kaffee und Blutwurst... „Mustamakkara“ wie sie hier genannt wird, ist eine typische nationale Spezialität, die man gewöhnlich auf dem Markt ersteht. Traditionsgemäss wird sie mit Preiselbeermus im Freien direkt aus dem Einwickelpapier gegessen. Gut war sie, vor allem auch die Preiselbeeren. Heute und in letzter Zeit wieder mühsam ist mein ständiger Druck auf der Blase. Langsam glaube ich, dass die Blase vom ständigen Fahren in nassen Kleidern entzündet/ gereizt ist. Ist ja auch extrem wie viele Std. ich alleine seit Mitte Juli bei strömendem Regen gefahren bin, vorwiegend jedenfalls! Ich hoffe, dass sich diese Situation bald wieder beruhigt... Gilles hat mich heute noch informiert, dass er für mich ein Ticket für das CL-Spiel des FCB in Bremen am 24.08.2005 organisieren könnte. Coole Sache, mal sehen wo ich bis dann bin, wäre mega wenn ich den Match live im Stadion sehen könnte (Mit Zug oder Flugzeug nach Deutschland). Doch vorher könnte noch ein anderes Highlight bevorstehen. Im Internet stiess ich zufällig darauf, dass auf der Insel Gotland in der Woche 32 (nächste Woche!) das jährliche, sehr bekannte „Mittelalter-Fest“ stattfindet, das jeweils von 100 000 Menschen besucht wird. Das Timing ist ja fast perfekt gut. Hoffentlich fährt eine Fähre von Turku direkt auf Gotland, dann könnte ich bestenfalls bereits am Samstag die Ortschaft Vispy auf Gotland erreichen. Morgen aber steht zuerst wieder eine happigere Strecke von ca. 138 km nach „Rauma“ auf dem Programm. Womöglich die letzte „Inland-Route“ in Finnland, da ich von Rauma nach Turku wohl direkt der Küste entlang fahren werde. So fertig mit der vielen Zukunftsmusik. Ich sitze gerade auf der Terasse des Camping-Cafés, es läuft leise gemütliche Musik, die Sonnenstrahlen finden noch knapp vorbei an den aufziehenden Wolken, die Insektenschwärme tanzen, stören mich aber (noch) nicht. Nachher werde ich Kochen und den Tag zu Ende geniessen.
Route: Virrat - Tampere 108 km
04.08.2005 - 66.Tourtag - Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt
Am gestrigen späten Abend befielen mich doch plötzlich noch Zweifel; was wenn ab Turku keine Fähre auf die Insel Gotland fährt? Dann wird’s kompliziert und / oder teuer. So entschied ich mich heute morgen zunächst zu einem Besuch beim Touristenbüro. Dort konnte man mir bestätigen, dass am 06.08.2005 eine Fähre von Helsinki nach Visby fährt (jedoch keine Fähre von Turku aus). Dauer der Ueberfahrt ca. 15 Std., Preis gem. Internet satte 280 Euro (Rundtour)! So war mal klar, dass ich mich nun spontan nach Helsinki begeben werde, um von dort aus die Fähre zu nehmen. Während der Fahrt ging mit der sehr hohe Preis nicht mehr aus dem Kopf und so musste ich den ganzen Plan mit Gotland und Mittelalterfest hinterfragen. Helsinki nach Gotland und wieder zurück nach Helsinki mit der Fähre und dann mit dem Velo weiter westwärts? So besteht neu die Alternative, wie ganz ursprünglich geplant von Helsinki zunächst die baltischen Staaten zu erkunden und erst dann ev. von Deutschland aus nach Gotland zu gehen. On vera; billiger wärs allemal, dafür aber würde ich das sicherlich tolle Fest verpassen. Mein Ziel heute war deshalb, möglichst nahe an Helsinki heran zu fahren, damit ich bis zur allfälligen Fährüberfahrt am 06.08.2005 noch die Stadt besichtigen kann. Die Strasse 130 führte nahe der Autobahn, entlang einigen schönen Seen mit erneut vielen Seerosen darin, sowie an auffällig vielen Kornfeldern vorbei; die verschiedenen Farbtöne des jeweiligen Korns war schön zu beobachten. Nach etwa 75 km, in „Hämeenlinna“, kaufte ich mir einige wenige „Fressalien“, dazu gönnte ich mir im MC Donald ein Burger-Menue in trockener Umgebung. Nur am Rande erwähnt; auch heute regnete es mal wieder, bzw. immer noch...! Nach weiteren 30 km wollte ich eigentlich im Lädeli nur meinen ursprünglichen Getränkevorrat wieder herstellen, wie aber so schon häufig bei solchem Wetter, resultierte eine Pizza Hawaii vom Restaurant nebenan daraus, dies obwohl ich im Rucksack noch frisch gekauftes Essen hatte und der Hunger keine dramatische Erscheinung war. So läufts regelmässig bei Regen auf der Tour. Ich bestelle aus Lust und zur Aufwärmung und Trocknung meinerseits etwas zu essen... In „Hyvinkää“ gibt’s entgegen meiner Karte keinen Campingplatz. Mein Zelt steht deshalb zwischen Bäumen an einem Springbrunnen in einem Park. Wetterbedingt werde ich das Zelt bis morgen nicht mehr verlassen. So ists beim wild campen.
Route: Tampere - Hyvinkää 125 km
05.08.2005 - 67.Tourtag - Ein ereignisreicher Tag
Für die „kurze“ Helsinki-Fahrt (56 km) stand ich heute früh auf. Exakt bis dann regnete es noch immer, aber es würde noch schön werden heute... Bei 14 Grad um 08.00 Uhr wars trotzdem angenehm zu fahren (im Regenanzug). Die Fahrt verlief ereignislos, bis plötzlich der hintere (!) Pneu platt war. Blöd zwar, aber nach so vielen km den 1.Platten, da darf ich mich nun wirklich nicht beklagen. Das ganze Gepäck musste nun also abmontiert werden und als ich alles geflickt hatte und mit dem aufpumpen gerade fertig war, da ging das Ventil kaputt...! Shit...; aber „wow“, der erste Sonnenstrahl!! Ein schöner Augenblick, welcher mich die erneut notwendige Reparatur des Pneus leichter hinnehmen liess. Die Stadteinfahrt von 15 km war dann wie immer... Teils auf der 2-spurigen Hauptstrasse (Tempo 80), dann wurde es teilweise aber doch einwenig eng mit den Lastwagen, womit ich auf den Veloweg auswich, welcher mich dann irgendwie ins Zentrum führte. Aber auch hier; der Veloweg durch Parks und Wälder war mal gut, mal ungenau und mal gar nicht signalisiert. Im Zentrum herrschte bereits riesigen Betrieb wegen der morgen beginnenden Leichtathletik-WM, zudem war heute auch noch der Helsinki-Marathon. Viele Asiaten, aber auch Europäer nutzten den heutigen Tag schon mal fürs Fotoalbum. Im Touristenbüro, auf der Suche nach einer Jugendherberge (kein Campingplatz im Zentrum) erfuhr ich, dass wegen des Anlasses nur noch teurere Zimmer ab 65 Euro frei sind, so nahm ich dann doch lieber die Metro zum 17 km entfernten Campingplatz ausserhalb Helsinkis. Hier traf ich zu aller Verwunderung auf „alte Bekannte“, Alex und seine Freundin aus Uzwil, welche ich am 27.07.05 in „Tornio“ kennen lernte. Während meiner Finnland-Durchfahrt waren sie mit dem Auto am Nordkap! Relativ zügig nahm ich dann zwecks Sightseeing die Metro zurück ins Zentrum. Die Besichtigung der Uspenski-Kathedrale (die grösste orthodoxe Kirche Westeuropas) war dabei nebst der Besichtigung des Doms und des Marktes ein wirkliches Highlight. Denn während ich mich in der Kirche herum sah, begann plötzlich die Messe (Freitag um 18.00 Uhr)! Als hätten mir die wunderschönen Bilder und die ganze Kirche nicht schon genug imponiert, die Messe war logischerweise ungewohnt und gerade deshalb wahrscheinlich sehr spannend. Nur wenige Sitzbänke am Rand, dafür eine grosse freie Fläche mit roten Teppichstreifen am Boden. Während die normale Sonntagsmesse jeweils angeblich überfüllt ist, waren heute jedoch nur etwa 20 Gläubige anwesend, im Gegensatz dazu jedoch 6 Geistliche. Die Messe wurde immer abwechselnd durch einen Geistlichen gesungen (!), ein Chor à 3 oder 4 Personen unterstützten oder ergänzten die Messe 3-stimmig auf eine wunderschöne Weise. Fast während der ganzen „Zeremonie“ „kreuzigt“ man sich und verneigt sich dabei. Während den 2 Std. sicher über 100mal. Ein „Akt“, der m.E. viel Demut und Bescheidenheit ausstrahlt. Dazu wurden die Gläubigen 2x mit Weihrauch gesegnet, wobei man sich auch dazu verneigt. Interessant auch die Kommunion! Zunächst küsst man ein Foto Christi (geschützt in einem Glasstück), dann verneigt man sich rechts vor dem Geistlichen (was er erwidert), dann macht ein anderer Geistlicher mit einem feuchten Pinsel ein Kreuz auf die Stirn, anschl. nimmt man sich aus der Schale eines weiteren Geistlichen ein geschnittenes Brotstück. Nach 2 Std, vorwiegend im Stand, war ich dann doch froh, das es fertig war. Trotz Fotoverbot musste ich zum Schluss ein Foto schiessen, als Andenken und weils wirklich eine sehr schöne, spezielle Kirche ist (gebaut wurde sie 1868 noch unter russischem Einfluss). Auf dem Rückweg zur Metro lief ich noch zufällig an einem Oldtimer-Treffen vorbei; spannende, spezielle Autos. Trotz Panne heute und frühmorgendlichem Regen, wurde es noch ein sonniger und generell interessanter Tag. Ein Feierabendbier mit Alex hier auf dem Campingplatz war dann sozusagen ein friedlicher Schluss.
Route: Hyvinkää - Helsinki 56 km
06.+ 07.08.2005 - 68. + 69.Tourtag - Sightseeing in 2 Hauptstädten
Zwei spannende Tage liegen nun fast hinter mir. Gestern noch bummelte ich in Finnland durch Helsinki, heute marschierte ich den ganzen Nachmittag durch Tallinn (Estland). Rückblende; gestern, am 2. Tag in Helsinki kaufte ich mir gezwungenermassen einen neuen Ersatzschlauch, zudem wars mal wieder an der Zeit die fast 140 gemachten Fotos seit Trondheim auf CD zu bringen und nach Hause zu schicken. Ich erkundigte mich dann nochmals bezüglich Fähren nach Gotland, tatsächlich kostete das günstigste Ticket nun 300 Euro (Rundreise Helsinki, Gotland, Helsinki)! Aufgrund dieses horrenden Preises war meine Richtung nun klar und ich konnte mich relaxt dem Nachmittag widmen. Mit dem Schiff genoss ich eine 90 min. Sonnen-Tour, u.a. vorbei an der ehemaligen Festungsinsel «Suomenlinna» (diese wurde 1748 durch die Schweden errichtet, als Verteidigungsstellung gegen das Russenreich) sowie vorbei an 2 grossen Eisbrechern, welche angeblich bis zu 6m dickes Eis freilegen können. Später dann gings erneut auf See, eine kurze Schiffsfahrt führte mich auf die „Zoo-Insel“, wo Tiere aus aller Welt (auch viele bedrohte Tierarten) sowie viele Pflanzen ihren Lebensraum finden. Den ganzen Tag verschlang ich etliche „Glustsachen“ (3 Glaces, Hot-Dog, Burger, Kebab, Kuchen und Kaffee); tja man gönnt sich ja sonst nichts. Die Nacht war dann sehr stürmisch, Regen, Wind, einfach „zum Abwinken“. Doch rechtzeitig zur Abreise wurde es etwas besser. Die Ueberfahrt nach Tallinn (Estland) mit der „Linda-Line“ kostete mich 39.50 Euro. Ein Vergleich der vielen Anbieter lohnte sich hier speziell; andere verlangten bis 50 Euro. In Tallinn angekommen, suchte ich zunächst eine günstige Uebernachtungsmöglichkeit im Zentrum in einem Hostel. Von 3 Hostels waren jedoch 2 bereits ausgebucht und im letzten war nur noch ein Einzelzimmer frei; dies kostete mich dann stattliche 525 Estnische Kronen (Kurs 1:10 - ca. CHF 52.00!). Ganz schön teuer für ein Land, wo der Durchschnittslohn ca. 400 Euro beträgt. Der Preis wars mir aber wert, auch wenn das Zimmer nur leicht grösser war als das blosse Bett. Ich habe für 1 Woche Estland mal 2000 Kronen bezogen heute. Bin ja gespannt wieweit dies reichen wird. Jedenfalls müsste es ausserhalb der Hauptstadt viel günstiger sein als es bereits hier ist. Um das Preisniveau der Länder grob zu vergleichen, (dies lehrte mich mal ein Volkswirtschaftslehrer) kann man die Preise im MC Donald vergleichen, z.B. anhand des Preises für einen Hamburger (der Inhalt ist überall auf der Welt gleich). Also; hier kostet ein Hamburger umgerechnet CHF 1.10, ein Big-Mac Menue kostet CHF 4.50 (vgl. in der Schweiz CHF 10.00). In einem Restaurant zudem bezahlte ich für einen Salat mit Pepperonie und warmen Pouletstücken inkl. Getränk nur CHF 5.10. Da begreift man, weshalb hier so extrem viele Touristen herumlaufen. Natürlich aber liegt dies vor allem an der einzigartigen Altstadt, mit der Stadtmauer, den Kirchen, den Gassen und den lebendigen Restaurants. Am Markt habe ich mir endlich ein paar Wollsocken gekauft (CHF 7.00), diese benütze ich ab sofort zum Schlafen, so dass ich nicht mehr mit feuchten Sportsocken einschlafen muss. Die Hauptsehenswürdigkeit war auch heute die orthodoxe Kirche. Der blosse Anblick bringt mich ins Staunen und lässt meine Augen kaum mehr davon ab. Auch heute wieder, wies der Zufall will, begann bei meinem Besuch wieder eine Messe. Ich blieb erneut und war wieder beeindruckt!! Diese Ehrlichkeit in den Augen der Menschen berührte mich. Alte Frauen, die während einer halben Stunde kniend auf den Bodenplatten, betend, alleine vor einem Heiligenbild (verschlossen in einem altar-ähnlichen Möbel), immer wieder kreuzigend und verneigend, die meisten Frauen mit einem Kopftuch (nur in der Kirche). Ein „Chor“, bestehend aus 3 (!) Personen, perfekte Stimmen, einfach gewaltig! Mir machen die Beine vom Stehen schon weh, die 2 alten Frauen scheinen kniend keinen Schmerz zu spüren. Auch ein paar wenige junge Menschen sind da, auch hier; es ist anders als bei uns. Es gibt auch einen Unterschied bei der Bekreuzigung; hier erst rechts, dann die linke Seite. „Ja, die orthodoxe Kirche hat mich in den Bann gezogen (oder sind es vor allem die Menschen und das imposante Gotteshaus?). Gerne würde ich die Sprache verstehen und die Religion kennen. Weil mich dieses „östliche“ Land weiter interessiert, werde ich wohl zunächst nach Osten an die russische Grenze fahren (nach Narva) und erst später die eigentlich geplante Tour zu den westlich gelegenen Inseln machen. Auf ein grosses Bier hats heute Abend noch knapp gereicht. CHF 3.50 in einem Pub, super günstig! Mit einem Typ aus Miami quaselte ich gemütlich, da merkte ich mal wieder, dass ich eigentlich schon noch Nachholbedarf in Englisch hätte. Dass die Damen hier teilweise einfach Klasse aussehen, da verstanden wir uns jedoch genügend...
08.08.2005 - 70.Tourtag - Die erste Estland-Route
Die Nacht im Hostel; na ja, die Matratze war schon sehr weich, geschlafen habe ich solala. Das Frühstück war dann ebenso speziell wie peinlich: Kaffee, Tee und Gutzeli, das war alles für die CHF 50.00! Trotz massivem Regen ging ich motiviert, einzig schon wegen der „Faszination Estlands“, aufs Velo; neu zog ich mir einen „Poncho“-Regenschutz unter meiner Regenjacke an, in der Hoffnung, dass ich nicht wieder bis aufs T-Shirt durchtränkt werde. Entlang der ausgeschilderten Velostrecke („Offizielle Veloroute Europa“) auf Nebenstrassen sowie auch regelmässig auf der 2-spurigen Hauptverkehrsachse fuhr ich Richtung Osten. Die Strassen häufig mit Schlaglöchern versehen, das Wasser schwemmend am Strassenrand. Einmal war das Timing so „gut“, dass mir der vorbeifahrende Lastwagen einen riesigen Wasserball direkt in „die Fresse“ schleuderte. Zum Glück hatte ich den Mund gerade geschlossen, sonst wäre ich ev. noch ertrunken... Die häufig schlechten Strassen, der Wind und Regen zehrten an den Kräften und da die ausgeschilderten Velorouten wohl mehr zick zack als direkt verliefen, kam ich nicht im gewünschten Tempo voran. Besonders die 15 km lange Fahrt auf einer erst im (Neu-) Bau befindenden Strasse forderte mir alles ab. Auf sandigem Belag, teilweise mit vielen Steinen versehen, wurde es eine langsame Fahrt; das Velo, das Gepäck, meine Hosen alles voll mit nassen Dreck und Sand. Und dann kam die Sackgasse, den Hinweis ich vor vielen km grosszügig aber bewusst übersehen hatte, da die offizielle Strasse wesentlich länger gewesen wäre.... Nun stand ich da, vor einem ca. 2 m breiten Bach, die Brücke im Rohbau, sie zu passieren (ohne Hilfe) unmöglich. Unter anteilsloser Beobachtung des einzigen Bauarbeiters nahm ich den etwa 1,5 m langen, steilen Abstieg hinunter zum Bach in Angriff, zum Glück sturzfrei. Den Uebergang im 20cm tiefen Bach, fürs Velo kein Problem, ich landete dann aber leider doch trotz ein paar wenigen Steinen mit den Schuhen im Wasser!! Wie ich dann den steilen Aufstieg alleine, erneut ohne Sturz, geschafft habe (mit all dem Gewicht), bleibt mir ein Rätsel. Meine Kräfte schwanden allmählich, ich spürte die heute fehlende Nahrungszunahme. Aber wie auch, es befand sich kein Laden entlang meiner Route. Der Kreislauf effektiv etwas angeschlagen, kraftlos, kam eine Tankstelle mit einem Kiosk. Doch ausser Getränke und Schoko-Riegel hatte es nichts, dafür aber kam ich mit der 56 jährigen Verkäuferin zu einem interessanten, über 1 Std. dauerndes Gespräch. Sie, geboren in Tallinn, jedoch russischer Abstammung (der Grossvater war Russe und heiratete eine Estländerin), erzählte mir vom schwierigen Alltag als „Russin“ in der Region (Viitna). Sie würde z.B. von einigen „Estländern“ beschimpft, sie solle doch in den Osten gehen. Sie ist mittlerweile wegen diesem „Hass“ noch die einzige Russin in der Region. In „Narva“, das an Russland grenzt, sowie in Tallinn (ca. 50% Russen) sei dies anders, aber viele Estländer würden die Russen verachten. Ihr Chef z.B. weigert sich, russische Zeitungen zu verkaufen, obwohl die Hauptstrasse direkt nach Russland führt und einige Lastwagenfahrer an einer russischen Zeitung Interesse hätten. Manchmal verschweige sie je nach Ort sogar ihre Herkunft; als Schutz, falls etwas passiert nicht automatisch sie zum Sündenbock wird. Der Staat gibt ihr auch nicht den „blauen“ estnischen Pass, ihrer ist „grau“, obwohl sie ja hier in Estland geboren ist und seither hier wohnt. Das Leben hier sei schwierig, ja teilweise sehr schwierig. Als „ältere“ Frau verdiene sie sehr wenig. Ihre Söhne bezahlen ihre Miete. Geld um z.B. nur mal nach Finnland zu gehen, hat sie nicht. Sie kann keine andere Länder besuchen, da das Preis- Lohnniveau hier in Estland so tief ist. Mit wässrigen Augen erzählt sie, dass sie schon öffentlich beschimpft wurde, obwohl sie mit ihrem Enkel unterwegs war. Zum Schluss schenkt sie mir liebevoll 3 Ansichtskarten von Kirchen in Tallinn. Als ich dann mit dem Velo davonfahre, steht sie an der Tür und wir winken uns verabschiedend zu. Diese ganze Problematik zwischen Russen und Estländern waren mir bisher völlig unbekannt. Gerne würde ich natürlich mal die Ansicht einer Estländerin hören. Als ich dann nur 1km später zu einem Restaurant kam, war bereits 17.00 Uhr. Klar, dass mein Kreislauf beginnt zu „rebellieren“. Gegen 19.00 Uhr fand ich überraschenderweise einen Campingplatz in „Haljala“. Ein schönes Plätzchen mit Teich, tollem Haus, der Besitzer etwas jünger als ich. Für nur CHF 5.00 /Nacht darf ich auf einer schönen Wiese, direkt am Teich mein Zelt aufstellen. Dass mir dann aber nachträglich mitgeteilt wird, dass ich für die Dusche nochmals CHF 5.00 zahlen muss, irritiert mich dann doch und lässt ein Misstrauen entstehen. Aber ich schweige; denn einerseits bringt es eh nichts und andererseits ist es für europäische Verhältnisse immer noch günstig (jedoch viel Geld für diese Menschen). Heute fällt mir auf, dass es hier in Estland bereits wieder viel dunkler wird als noch im Norden, aber es wird wohl auch schon wieder Mitternacht sein.
Route: Tallin - Haljala 100 km
09.08.2005 - 71.Tourtag - Ankunft im Osten
Sehr gut geschlafen, die Sonne scheint, gute Bedingungen für die Etappe zum östlichsten Ort meiner Tour. „Narva“ liegt direkt an der russischen Grenze. Heute nützte ich praktisch jede Gelegenheit, in einer Tankstelle oder kleinen Beiz etwas zu Essen oder Trinken zu kaufen; dies nach den gestrigen Erfahrungen. Interessant waren die „EU-Tafeln“ an teil Strassen mit der Aufschrift: „Road built with EU support“. Und wirklich, diese Strassen waren einiges besser, es rollte einfacher, die anderen Strassen sind „körniger“ und rau. Trotz der guten Strasse herrschte heute ein sehr starker Wind aus Ost / Nord-Ost, welcher mich häufig bremste und mein Gleichgewichts-Sinn forderte. Besonders wenn mich gleichzeitig noch ein Lastwagen überholte, musste ich wegen den Druckwellen rasch reagieren. Mit dem stockenden Vorwärtskommen konnte ich die vielen kaputten Reifenstücke am Strassenrand sowie einige tote Tiere nicht übersehen. Während mein rechtes Velopedal noch immer lautstark knackste und die Gangschaltung noch immer „angeschlagen“ war, fand ich mich plötzlich am Meer wieder. Lange scheint es mir her, als ich letztmals ein Stück am Meer entlang fahren durfte, auch heute war mir dies nur für wenige Minuten gegönnt, den kurzen Augenblick aber genoss ich. Als ich für kurze Zeit wieder mal ohne T-Shirt fahren konnte, zogen langsam dunkle Wolken auf. Wenig später, 15 km vor Narva, herrschte dann bereits heftiger Regenfall mit fast sturmartigem Wind. Ich stoppte umgehend um sofort die Regensachen zu montieren. Als ich das Gepäck abdecken wollte, der Sturm mein Velo fast umriss, hielt ein Lieferwagen an und 2 Herren nahmen mich netterweise mit bis nach Narva. Hier suchte ich mir gleich ein Hostel, und erneut bin ich CHF 50.00 ärmer. Das Zimmer jedoch ist um Welten schöner als das letzte. Gut schlafe ich heute nicht draussen, denn gleich um die Ecke stürzte sogar ein Baum auf die Strasse, der Wind tobt noch immer und es regnet . Gleich nachdem ich das Zimmer bezogen hatte, machte ich mich zu Fuss auf, die Festung „Hermani linnus“ zu besichtigen. Fast spektakulär, nur getrennt durch den Fluss (Landesgrenze zu Russland) bauten die Russen 1492 direkt gegenüber am anderen Flussufer ebenso eine Festung („Festung Iwangorod“). Während ich die Hermanni-Festung auch von innen (Museum) besichtigen konnte, war ein Blick in die russische Festung mangels nicht vorhandenem Visum nicht möglich. Der Blick vom Flussufer in Richtung der beiden Festungen ist aber schon so eindrücklich. Dann wollte ich die auf dem Weg liegende Kirche anschauen. Doch zu meiner Verwunderung waren die Türen und Fenster zugemauert, die Mauern teils stark beschädigt. Aber genau durch eine (die einzige) Fensteröffnung war noch ein Bild im Innern der Kirche zu erkennen. Der Anblick sehr spezieller, das Gesicht von Gott, ob dies wohl gewollt ist? Meine ersten Eindrücke nach 2 Tagen in Estland sind zwiespältig; Irgendwie befängt mich das Gefühl, dass ich hier immer sehr gut acht geben muss, damit ich nicht übers Ohr gehauen werde (Bsp. Campingplatz, Hostel), auch erscheinen mir einzelne jüngere Männer linde ausgedrückt ziemlich unsympathisch (Blick, Mimik). Aber andererseits hatte ich hier in Estland das bisher „ernsthafteste“ Gespräch der Tour (gestern) und eine so spontane positive Geste wie heute, als beim heutigen „Sturm“ jemand stoppte um mich und das Velo mit dem Lieferwagen mitzunehmen, hatte ich bisher noch nicht erlebt. Ach ja und gestern begleitete mich ein „älterer Herr“, als ich ihn nach dem Campingplatz fragte, gleich mit dem Velo bis zum Platz. Gestern wie auch heute fand ich es sehr schade, dass wir uns nicht verständigen können, ohne Russisch oder Estnisch ist es ausser in Tallinn schwierig. Es entstehen dann immer lauter fragende Blicke wenn etwas gesagt oder gefragt wird. Aufgefallen sind mir hier in Estland auch die teil grossen Gegensätze; ganz wenige besitzen ein Mountain-Bike, die meisten aber fahren auf ganz einfachen Fahrrädern, der Begleiter von gestern hatte sogar weder Bremse noch Gangschaltung am Velo. Die Häuser sind teilweise in nicht mehr so gutem Zustand. Markante Unterschiede zum Westen fand ich bei den Last-Lieferwagen und Autos. Die Fahrzeuge hier sind wohl alle aus den 60er oder 70er, also „uralt“ und entsprechend vielfach in schlechtem Zustand. Da fühle ich mich ehrlich nicht 100% wohl mit meinem „teuren“ Velo. Was denken wohl die Menschen hier? Es begleitet mich ein komisches Gefühl, z.B. auch wenn ich bei einer Busstation vorbeifahre, die Menschen den „Luxus“ an mir sehen. In Sachen Bekleidung fällt auf, dass sich die Lady’s ziemlich sexy, teilweise sehr auffallend, kleiden, die Figur dazu haben sie praktisch immer. Ich musste mir heute bereits wieder für CHF 100.00 Geld wechseln, die 2 Hostel Uebernachtungen zu je CHF 50.00 sind Riesenbeträge im Vergleich zum anderen. Ich bin gespannt auf die nächsten Tage.
Route: Haljala - Narva (Grenze zu Russland) 116 km
10.08.2005 - 72.Tourtag - Tolle Bekanntschaft an einem stürmischen Tag
In Regen-Vollmontur gings bei noch immer stürmischen Bedingungen los. Die ersten 50 km westwärts hatte ich dank starkem Ostwind gigantisch schnell und mit kaum Kraftverschleiss zurückgelegt. Spass pur! Anschliessend änderte die Richtung nach Süden, 50 km bis an den See “Peipsijärvi”. Diese Süd-Strecke war geprägt vom „Kampf“ mit dem nun seitlich herantosenden Wind. Während ich teilweise fast stillstand, gelang es dem Wind einmal, mich ab der Strasse zu drängen und zu einem Bremsmanöver zu zwingen. Mühsam, aber nicht tragisch waren dagegen die durch die entgegenfahrenden Lastwagen verursachten „Wasserwolken“ oder sogar „Wellen“, welche durch das viele Wasser auf den Strassen bzw. den Ostwind mir jeweils schön ins Gesicht und den Körper blies; da war immer „Luft anhalten“ und „Augen zu“ angesagt. Doch trotz dem miserablen Wetter und dem nun nur langsamen Vorwärtskommen war ich richtig gut drauf und motiviert. Habe wahrscheinlich heute einen super Biorhythmus! Auffallend waren die überaus vielen und sehr langen Oelspuren am Strassenrand. In einem ca. 10 km langen Waldstück wurde es dann etwas weniger lustig; die Bäume bogen sich bedrohlich im Wind, überall Aeste auf der Strasse, bis dann schliesslich sogar ein grösserer Baum quer auf der Strasse lag. Es folgten noch weitere abgeknickte oder sogar mit Wurzel entrissene Bäume (auffallend viele Birken!), einige „lagen“ auf den Leitungsmasten, die Strasse blieb jedoch passierbar. Auch am See entlang, welcher das Wasser munter über das Land spülte, war der Wind Herausforderer Nummer 1. Und da, endlich wieder mal, traf ich je 2 Biker-Paare entgegenkommen. Auch sie voll in Regenmontur. Es tut irgendwie gut zu sehen, dass es noch andere Biker unterwegs hat... Obwohl ich, angekommen in „Mustvee“, eigentlich schon über 100 km absolviert hatte, fühlte ich mich noch gut, so dass ich einzig wegen dem Ostwind meine Tour in Richtung Westen fortsetzte. Zu meiner positiven Ueberraschung war dann bereits nach ca. 18 km ein Campingschild. Die Chance nützte ich natürlich und fuhr nach weiteren 2 km an einen schönen, grossen Garten, darin nebst vielen Blumen einige Holz-Zelte, ein Pavillon, Bäume, wunderschön und sehr sympathisch. Kein Campingplatz im eigentlichen Sinne, eher „Privatgarten“ wie beim letzten Campingplatz in „Haljalo“. Ich wurde von einer überaus netten Dame um die 50 empfangen. Auch wenn die Diskussion leicht schwierig war, so plauderten wir in ihrem Haus in der Stube über 1 Std. lang, dabei verköstigte sie mich mit riesigen, warmen Garten-Bohnen. Später stiess extra noch ihre 30 jährige Tochter, von Beruf Lehrerin, hinzu, welche etwas Englisch sprechen konnte. Zu dritt am Tisch zeigten sie mir auf Landkarten empfehlenswerte Routen, bis gegen 20.00 Uhr sprachen wir über Estland und viele interessante Dinge. So z.B. erklärte sie mir, dass es für viele Menschen auf dem Land keine Arbeit gibt. Jobs gibt es vor allem in den Städten, dazu braucht man jedoch ein Auto. Dies können sich jedoch nicht alle leisten, insbesondere sind die Benzinpreise verhältnismässig sehr teuer (CHF 1.32 pro l). Busse fahren hier nur 1x täglich. Ein anderes Problem sei der Vodka. Der ist natürlich auch teuer; leider verfallen viele Männer ohne Job dem Alkohol. Auch der Strom ist anscheinend sehr teuer. Das Wasser hier auch zu den teuren Ressourcen gehört, glaube ich nun definitiv; denn als wir auf den Uebernachtungspreis zu sprechen kommen, verlangt sie nichts für die blosse Uebernachtung. Für eine allfällige Dusche müsse sie aber CHF 5.00 verlangen. Auf die Russen angesprochen, erfahre ich, dass man sie wirklich nicht sonderlich liebt. Natürlich gebe es überall gute und schlechte Menschen, aber die Tochter bemängelt, dass sich die Russen sprachlich nicht mit dem noch jungen Land identifizieren wollen, d.h. sie sich sprachlich nicht anpassen wollen.“ Es stösst ihnen auch sauer auf“, dass der russische Präsident Putin öffentlich forderte, dass in Estland auch russisch gesprochen werden sollte. Dies sei ein Problem. Während die Esten fleissige Arbeitsmenschen seien, würden die Russen lieber feiern und nichts tun. So würde das Geld vor allem für Luxus Artikel ausgegeben. Die „Esten“ dagegen investieren das Geld wie sie sagt in „sinnvollere“ Sachen wie z.B. in die Renovation des Hauses, einen Garten, eine Sauna etc. So verging die Zeit schnell, eigentlich zu schnell. Diesen Bericht schreibe ich gerade in einer warmen, gemütlichen Stube, draussen bellt der Hund, es stürmt stark. Das wird wohl eine sehr unruhige Nacht im Zelt.
Route: Narva - Rääbise 145 km
11.08.2005 - 73.Tourtag - Weitere Eindrücke an der Grenze zu Russland
Der Natelwecker weckte mich um 07.15 Uhr. Als erstes musste ich mir noch Gedanken über den weiteren Routenverlauf machen. Eigentlich hatte ich ja vor, weiter westwärts zu fahren, aber dann empfahlen mir die beiden Damen gestern Abend eine Route an der östlichen Grenze entlang. Ich entschied mich dann meinen ursprünglichen Plan beizubehalten. Beim Abschied drückte ich der Dame noch 5 Euro in die Hand als Dankeschön für die Gastfreundschaft, obwohl sie für die Uebernachtung kein Geld wollte, da ich ja im eigenen Zelt geschlafen hatte. Mit dem letzten „Talk“ zog sie mich noch zu ihrer privaten Holz-Zelthütte. Dort bat sie mich, mit Filzstift meinen Namen und das Datum auf dem Innenholz zu vermerken, „for interest people“ sagte sie. Aber eigentlich war ich der erste/einzige bisher, wie ich feststellte. Ich empfinde dies als grosse Ehre und war doch leicht gerührt; es waren ja beide solche herzliche Menschen. So startete ich schlussendlich einiges später als geplant und schon nach wenigen 100m kam die Kreuzung wo ich mich nun endgültig für eine Richtung entscheiden musste; und ich wählte nun doch noch die Fahrt zurück nach „Mustvee“, an die östliche Grenze. Ab Mustvee gings dann südwärts bis leicht ostwärts. Zunächst liess mich der Südwind (!) noch kalt, doch dann plötzlich nervte es mich gewaltig. „Es kann doch nicht sein dass der Wind ständig zu meinen Ungunsten dreht...?“ Es wurde wieder zum Kampf, stehend auf den Pedalen, damit ich nicht vollends stehen blieb. Positiv, immerhin schien die Sonne regelmässig. Die Strasse mit wenig Verkehr führte mich dann nach „Kallaste“; ein Dorf welches die Russen früher durch Kampf mit vielen Toten als Folge erobert hatten. Heute leben dort entsprechend vorwiegend oder sogar nur noch Russen, die meisten sind ältere Menschen. Hier zeigte sich mir nochmals ein extremeres Bild von Europa; die Häuser alt und brüchig, die Strassen eng, uneben und teilw. nicht mal asphaltiert. Alte Frauen, die vor dem Haus sitzen und schweigend irgendwelche Arbeiten machen, z.B. Kleider oder Gemüsebau, in der Hoffnung damit etwas Geld zu verdienen. An der Strasse, welche „dorfauswärts“ führt, treffe ich sicher jede 20m beidseits der Strasse auf ältere Frauen und Herren, die versuchen, ihre selbst angebauten Früchte und ihr Gemüse zu verkaufen, nicht aus einem Holz-Stand heraus, sondern aus Kisten, Kübeln und Kessel. Aber die Strasse ist leer, nur gerade 1 Auto fährt vorbei und eine Person konnte wieder etwas verkaufen. Für all die anderen heisst es weiter warten und hoffen... Es ist kein schöner Anblick dieses Dorf, eindrücklich zwar, aber auch irgendwie traurig. Ich fuhr weiter und kam immer noch nur sehr schleppend voran. Insgesamt 3x verköstigte ich mich heute an einer Imbissbude oder im Restaurant. Für einen Burger mit Salat (11.15 Uhr), Suppe, Omeletten und Salat (am frühen Abend) und ein Stk Pizza (in Tartu) jeweils immer mit 5dl Getränk zahlte ich heute total nur CHF 13.00. Um 19.00 Uhr brach ich dann die Fahrt ab; erstmals wild campen in Estland war damit verbunden, denn der nächste Campingplatz ist von hier noch 30km entfernt und der Regen setzte langsam wieder ein. Ich hoffe, die Nacht wird trotz der Hauptstrasse nebenan gut. Zwischen den Bäumen bin ich ziemlich verdeckt. Ich möchte lieber nicht auffallen hier. Zwar habe ich gelesen, dass wild campen im Baltikum „toleriert“ (!) wird, aber diese Formulierung sagt schon viel und ich möchte eben nicht alle Blicke hier auf mich ziehen. Es dunkelt schon sehr schnell wieder. Es ist 21.00 Uhr und bald sehe ich nicht mehr viel. Morgen würde ich gerne wieder früher starten und früher aufhören. Das wäre dann der 5.Fahrtag in Folge. Morgen verlasse ich wohl Estland. Mal sehen ob da noch was interessantes des Weges kommt.
Route: Rääbise - Tartu (Reola) 105 km
12.08.2005 - 74.Tourtag - Die schönste Route zum Schluss
Adieu Estland, hallo Lettland. Der heutige 5.Fahrtag in Estland war landschaftlich und verkehrsmässig klar der schönste. Zunächst führte mich der Weg nach „Otepäa“, kaum Verkehr, schön in einem Waldstück. Dort ist wohl ein kleines „Sportmekka“, denn nebst einem Stadion traf ich doch tatsächlich auf Sport treibende Menschen. Sommerlangläufer in „Profibekleidung“ und Jogger nützten die schöne Landschaft um Otepäa. Da deutete nichts auf die „Armut“, welche ich noch gestern entlang der russischen Grenze sah. Je weiter ich südlich fuhr, desto weniger altertümliche Fahrzeuge bekam ich zu Gesicht. Die Landschaft mit viel Wald, Kornfeldern, kleinen Seen und hügeligen Strassen blieb schön, erneut sah ich auch wieder Störche auf den Feldern. Nur Elche habe ich auch hier, trotz Hinweisen, keine angetroffen. In „Valga“, an der Grenze zu Lettland, beschloss ich bei Kaffee und Gebäck noch bis „Valmiera“ weiterzufahren. Doch zunächst musste ich noch mein übriges Estland-Geld in Lettische Lats tauschen (Kurs: 1 LS = CHF 2.20). In der Bank wartete ich trotz „Nümmerli-System“ geschlagene 50 min, dies weil die für den Schichtwechsel (und weiters?) einfach kurzerhand die Kasse schlossen. In Anbetracht meiner noch zu absolvierenden Strecke heute und mit meiner Schweizer Mentalität fand ich die Warterei doch überaus mühsam! Jedenfalls habe ich für 6 Tage Estland ca. CHF 220.00 (davon 2xHostel à CHF 50.00) ausgegeben. Selber gekocht habe ich dabei nur die letzten 2 Abende. 50 Kronen (CHF 5.00), welche mir die Bank nicht wechseln konnte, verschenkte ich dann wenige 100m nach dem Grenzübergang (Lettland) einer älteren Frau, welche das „Glück“ hatte, dass sie mir gerade auf dem Trottoir entgegen lief. Der Dank war ein Lächeln einer glücklichen, dankbaren Frau. Spontan schenkte sie mir dafür einige Trauben und Aepfel, welche sie eben gekauft hatte. Nach der Grenze fielen mir gleich 2 Sachen auf; die Strasse hier war am Seitenrand ziemlich schlecht, d.h. uneben, schräg, löchrig. Markanter Unterschied waren jedoch die Autos. Vorwiegend grosse, neuere Lastwagen und die PW’s trugen die Aufschriften von Audi, VW, BMW und Mercedes. Die letzten 10 km der total 142 km waren dann gerade noch zu schaffen. Der Regen, die nassen Kleider, die lange Fahrt und rückblickend wohl auch die heute ungenügende Ernährung (nebst Frühstück nur Kaffee und Gebäck in „Valga“) haben mir gegen Schluss und nach Ankunft ein leichter Schwindel eingebracht. Da die „Grünfläche“, alias Campingplatz, direkt neben der Tankstelle mit Restaurant liegt, habe ich am Abend auswärts gegessen; kalte Suppe (fein!), dazu Pommes-Frites, Gemüse und Käse überbackenes Fleisch. Tja und sonst; heute ist mir wieder ein „älterer“ Biker entgegen gefahren. Dann habe ich heute beim Morgenessen vor dem Einkaufsladen wieder kalte Finger, resp. weisse, also schlecht durchblutete 2 Vorderglieder gekriegt, komisch. Trotz Chips und Schoggi, fühle ich mich auch jetzt noch nicht ganz fit. Morgen sollte ich „Riga“ erreichen und dann gibt’s einen Ruhetag.
Route: Tartu (Estland) - Valmiera (Lettland) 142 km
13.08.2005 - 75.Tourtag - Der 6.Fahrtag in Folge
Für die Strecke nach Riga stand ich heute um 06.00 Uhr auf. Nach dem Packen gabs dann aber im Café bei der Tankstelle zunächst Kaffe und mit Käse überbackenes Brot. Da dies jedoch noch knapp war, kaufte ich mir im Dorf gleich noch etwas weiteres zu Essen. Auffallend, die Läden mit Esswaren und die Kioske haben meistens Oeffnungszeiten von 07.00 Uhr bis 22.00 Uhr oder sogar 23.00 Uhr, zumindest in Estland und Lettland. Die ersten ca. 30 km führten nach „Cécis“, mitten durch den „Gaujas Nationalpark“, eine schöne Strecke in wäldlichem Gebiet. Am Waldrand bzw. im Waldesinnern sah ich dann sogar Einheimische, die wohl Kräuter, Pilze, Beeren etc für den Eigengebrauch oder zum Verkauf sammelten. Entlang der Strasse hatte es auch sehr viele Apfelbäume, zwar relativ mit kleinen Aepfeln, dafür „ragelvoll“. Dann entdeckte ich an meinem Hinterrad plötzlich einen Riss im Reifen, der Schlauch bereits sichtbar. Genau bei der Einfahrt in Césis kam der Schlauch an die Bremsbolzen und platzte. Glücklicherweise warens nur wenige 100 m zum nächsten Sportgeschäft, da hatte ich mal wieder riesen Schwein gehabt. Dort konnte man mir einen neuen Schlauch, ein neuer Pneu montieren, sowie die Speichen und das Schaltkabel neu festziehen. Die Kosten beliefen sich auf nur CHF 30.00; hoffentlich ist der Pneu von guter Qualität... Dann schaute ich mir in Césis eine Ruine, die Burg Césis, an. Pflicht war dabei Helm und Laterne. Die Burg ist zwar wirklich stark beschädigt, aber trotzdem noch sehr eindrucksvoll. Nach wenigen km kam ich dann leider auf die Strasse E77, zwar entlang des Nationalparks, aber teilweise mit starkem Verkehr. Mühsam waren jedoch vor allem die Strassen, ca. eine Autobreite asphaltiert, die 2 restlichen Meter steinig, sandig, uneben! Da machte ich mir wohl wenig Freunde, dass ich dauernd auf der asphaltierten Strasse fuhr. Es gab doch tatsächlich einige wenige „Idioten“, welche im Gegenverkehr genau vor mir zum Ueberholen ansetzten, einmal musste ich effektiv rasch nach rechts ausweichen! Wie immer die Stadteinfahrten, wurde es auch 40 km (!) vor Riga mehrspurig. Der „Pannenstreifen“ ist hier jedoch meines Erachtens offiziell für Fussgänger und Velofahrer gedacht, jedenfalls wurde dieser entsprechend genutzt. Da ich keine Lust auf die Stadteinfahrt hatte und die Campingplätze eh alle ca. 20km ausserhalb liegen, suchte bzw. fand ich eine Bleibe in „Baltezers“, 16 km vor Riga. Na ja, die erste Freude über den schönen Standort am See, die gemütliche Beiz und schöne Wiese mit Pflanzen, wich leichter Enttäuschung, als ich mit dem Zelt auf eine „Weide“ neben an „zügeln“ musste und feststellte, dass es hier auch keine Dusche hatte. Primär handelt es sich eben um ein Motel, die „Zeltmöglichkeit“ ist wohl eher ergänzend. Der Preis von etwa CHF 10.00/Tag ist dann aber schon recht teuer, aber immer noch billiger als die Hostels in Tallinn und Narva. Schlimmer jedoch war die Feststellung, dass der Velo-Gepäckträger auf einer Seite gerissen ist, tja der Verschleiss macht sich schon an vielen Orten bemerkbar. Ev. haben die Sportläden in Riga ja auch sonntags geöffnet, mal sehen... Nach 6 Fahrtagen in Folge und über 700 km Strecke (total nun fast 5000 km), ist nun erst mal ein Erholungstag geplant, wo ich sicher Riga besichtigen werde. Dieses Wochenende ist auch für einige in der Schweiz besonders: Heute heirateten Ivan und Andrea, morgen feiert Cathrin die Taufe von Lorena. Ja die Zeit vergeht, auch meine Tour wird in 3 bis 4 Wochen beendet sein. Bis dann aber gibt es noch viel zu sehen.
Route: Valmiera - Baltezers (bei Riga) 110 km
14.+ 15.08.2005 - 76.+ 77.Tourtag - Jubiläumsfahrt nach Litauen
Heute, zwischen Riga und „Jelgava“ habe ich den 5000. Touren-km erreicht, dies am 51.Fahrtag bzw. am 77. Tag meiner Velotour. Diese Anzahl km diente mir ursprünglich als Berechnungsbasis für die ganze Tour... Nach dem gestrigen Ruhetag in Riga, welchen ich einwenig mit Sightseeing, Marktbesuch (u.a. mit einer riesigen Halle voll mit Fleischanbietern), Internet, Fotos entwickeln lassen und natürlich mit dem Kauf des Gepäckträgers verbrachte, startete ich heute bereits um 07.30 Uhr Richtung Riga, Jelgava, Litauen. Die Route war nicht besonders schön, zunächst bis Riga und dann nochmals ca. 20 km aus der Stadt heraus befand ich mich immer auf 2-3 spurigen Strassen. Trotzdem fühlte ich mich recht gut, es war trocken, wenig windig, die Strassen meistens eben. Meine einzige Sorge galt dem neu montierten Gepäckträger. Mit einer Max. Last von 25 kg ist er weniger belastbar als der vorige, dazu riss mir bei der Montage eine Schraube, welche nun im Loch festsitzt. In der Folge musste ich den Gepäckträger leicht schräg, an einem anderen Loch festmachen. Lettland gehört nun bereits wieder der Vergangenheit an. Eine (zu) kurze Zeit, in welcher ich nicht wirklich viele Eindrücke gewinnen konnte. Die Unterschiede zum westlicheren Europa waren denn auch nicht mehr so gewaltig wie noch in Estland. Gesehen habe ich vor allem Wälder, Felder und die Stadt Riga. Litauen präsentierte sich in den bisherigen 20 km anders als Lettland. Seit der Grenze fuhr ich schon an zig (entfernten) Bauernhöfen vorbei. Die Felder hier sind riesig; die Viehzucht allgegenwärtig. Ich habe hier bereits mehr Vieh gesehen als wohl auf der ganzen bisherigen Tour. Im Städchen Joniskos befanden sich mitten am Nachmittag Leute im Restaurant bzw. Jugendliche am Bier trinken. Wie ich verstanden habe ist heute anscheinend ein litauischer Feiertag, trotzdem habe ich ein solches „normales“ Bild in Estland und Lettland (Ausnahme in den Hauptstädten), nicht gesehen. Vieles scheint bisher recht westeuropäisch, aber auch hier ist alles sehr günstig und auch hier komme ich mit meinen Sprachkenntnissen nicht immer weit. Russisch und Litauisch sind halt eben abseits der Touristenorte die Sprache die man können müsste. Die Suche nach einem geeigneten Schlafplatz war wieder schwierig. Keine Campingplätze, keine schönen, verdeckten Wiesen. So versuchte ich es mal anders, indem ich bei einigen Bauernhöfen anklopfte um auf einen ihrer Wiesen zu übernachten. Doch die sprachlichen „Barrieren“ wahren wohl zu gross, jedenfalls klappte es weder bei einer ca. 80 jährigen Frau, noch bei einem älteren Paar, hier erhielt ich klar eine Absage. Weitere Versuche unterliess ich aus Respekt vor den überall gellenden Hunden. Mit Verspätung fand ich dann aber doch noch eine Wiese, abseits der Strasse direkt hinter den Baumreihen. Es sticht zwar überall am Boden und die fliegenden Ameisen belagern mich und mein Zelt, aber es könnte schlimmer sein. Es ist trocken und ich liege draussen, habe mal wieder etwas Zeit zum herumsitzen. Dies fehlte mir in letzter Zeit, da ich teilweise lange unterwegs war, Sightseeing machte, es regnete und natürlich muss ich mich wieder daran gewöhnen, dass es ab 21.00 Uhr dunkel wird. Hier auf dem Feld sind mir bereits 3 Marienkäfer zugeflogen, (und zig andere störenden Insekten), hoffentlich ein gutes Omen für die Zukunft.
Route: Baltezers - Joniskis (Litauen) 110 km
16.08.2005 - 78.Tourtag - Ein warmer Sommertag
Bei feuchtem Morgennebel genoss ich heute vor Fahrbeginn einige Scheiben Brot mit der restlichen feinen Konfitüre, welche ich nun schon seit Wochen mitschleppte und kaum mehr benutzt habe. Gemütlich! Aufgrund der bekannten Wettervorhersage und der drückenden Sonne hinter der Nebeldecke fuhr ich heute wieder mal ohne Gepäck-Regenschutz ab. Bereits nach wenigen km der erste Stopp! Besichtigung des „Bergs der Kreuze“ kurz vor „Siauliai“. Angeblich werden da seit jahrhunderten Kreuze, Heiligenbilder etc. hingestellt. Das Bild das sich mir präsentierte, leicht „ungeheuerlich“ mit einer ganz speziellen Stimmung. Unzählbar viele grosse bis ganz kleine Kreuze auf einem kleinen Hügel und unten auf dem Feld, dazu der schleichende, frühmorgendliche Nebel. Niemand weiss, wie viele Kreuze da schon stehen, das Bild ist jedoch einzigartig. Da ich den Sinn nicht erkenne, weshalb auch ich ein Kreuz an den Ständen kaufen und hinstellen soll, machte ich mich bald auf den Weiterweg. In „Kelmé“ sah ich eine alte Frau, die „von Hand“ mit dem Besen den ganzen Strassenrand putzte. Währenddessen sind die Einkaufsläden im Städtchen voll, jung und alt schlendern herum. Aeltere Menschen mühen sich mit vollen Einkaufssäcken zu Fuss ab. Die Stadt, mit grossem Busnetz, es sieht aus wie in jeder Stadt. Entlang Wälder und erneut sehr vielen Feldern und bei blauem Himmel fuhr ich weiter nach „Tytuvenai“. Da die Felder hier nicht eingezaunt sind, liegen die Kühe sozusagen an „Ketten“. Unerwartet nahm ich auch zur Kenntnis, dass sich mir hier erneut einige alte kleine Lastwagen und Autos zeigten. Hier im Dorf sah ich sogar zweimal Bauern, welche mit Pferd und Wagen Säcke bzw. Kartons transportierten. Dann wollte ich erstmals im Baltikum einen offiziell auf der Karte eingetragener Campingplatz aufsuchen und landete bei einem Bauernhof. Das ältere Paar mit Enkelin, verstanden zwar kein Wort, irgendwie aber klappte die Kommunikation und der Mann fuhr mit seinem Auto voraus zum noch ca. 4 km entfernten Campingplatz am See. Die Kosten von 20 Litas (ca. CHF 10.00) lohnten sich. Um 14.30 Uhr war ich hier und konnte seit Over Eidfjord in Norwegen mal wieder am See „sünnele“. Das Wasser scheint mir zwar zu kalt, aber es ist gemütlich. Schön, habe ich etwas Zeit.
Route: Joniskis - Tytuvenai 104 km
17.08.2005 - 79.Tourtag- Erste Herbstanzeichen
Was mir schon gestern aufgefallen war, hat sich heute bestätigt. Die Morgen werden langsam kühler, Morgennebel streicht durch die Landschaft und es fallen bereits die ersten wenigen Blätter von den Bäumen. Trotzdem war ich guter Hoffnung und cremte mich bereits frühmorgens in Erwartung eines erneut sonnigen Tages ein. Zunächst gings für ca. 26 km erneut entlang Feldern, einzelnen Bauernhöfen, da frage ich mich langsam, wie viel % des Landes für die Landwirtschaft genutzt wird? Verglichen mit anderen Ländern sicherlich viel. Das „schöne“ zudem ist, überall wachen Hunde die sich auch immer lautstark bemerkbar machen. Einer ist mir heute sogar aus dem Hof etwa 30 m nachgerannt... „Hui“ war ich froh als da eine Stimme den Hund zurückschrieh... Dann habe ich zu meiner positiven Ueberraschung noch eine andere schöne landschaftliche Seite Litauens kennengelernt. Die Strecke nach „Ariogala“ war leicht hüglig und ins Dorf kam ich mit riesigem Tempo. Wie schon lange nicht mehr dauerte die Abfahrt länger als nur 1 Atemzug. Das Dorf inmitten einer „verwucherten“ Hügel-Baumlandschaft, nicht mehr „nur“ ebene Felder wie bis anhin. Dazu einzelne Teiche und ein Fluss. Soviel Natur habe ich im Baltikum selten gesehen, gerade deshalb genoss ich den Augenblick. Anschliessend mündete die Strasse in die Autobahn... Klar gekennzeichnet mit der offiziellen grünen Tafel. Für mich aber gab es kein zurück und eigentlich bin ich mir Schnellstrassen gewohnt. So fuhr ich, dank dem guten Belag ebenso mit grossem Tempo, etwa 25 km auf dem Pannenstreifen. Beachtung durch Autofahrer fand ich angenehmerweise keine. In „Babtai“ dann verliess ich die Autobahn und setzte die letzten ca. 27 km bis „Kaunas“ auf einer schmalen Nebenstrasse fort. Auch diese Strecke war mitten in leicht hügeliger Landschaft mit Teichen, so dass ich die Strecke einfach geniessen konnte. Gegen 13.30 Uhr erreichte ich dann die frühere Hauptstadt Litauens, Kaunas. Das Sightseeing beschränkte sich jedoch auf die lange, gemütliche Flaniermeile, wo ich genüsslich Glace und einen Kebab genoss und kurze Zeit im Internet-Café, der Kirche und dem Touristenbüro verbrachte. Die Fahrt zum Campingplatz bzw. Motel mit Campingmöglichkeit führte mich noch etwa 10 km aus dem Zentrum an den See. Die See-Gegend einfach wunderschön, aber die Camping-Wiese... Ich beschloss zunächst nochmals richtig fein im Motel das Abendessen zu nehmen, dann habe ich mir ziemlich nahe am „Camping-Platz“, jedoch ausserhalb und schön am See ein Plätzchen ausgesucht und hoffe, dass mein Zelt hier niemanden stört, da ich direkt an einem Weg „hause“. Denn irgendwie muss ich doch für so eine „Camping-Wiese“ ohne Sanitäranlagen etc. kein Geld ausgeben. Nun weiss ich auch, wieso vorgestern (am Montag 15.08.) anscheinend kaum jemand arbeitete; es war „Maria Himmelfahrt“ und deshalb im vorwiegend katholischen Litauen Feiertag. Noch immer laufen Leute dem Weg entlang, direkt am Zelt vorbei. Ich vernehme Gelächter, begeisterte Kinder... Es wird Zeit dass es dunkelt, dann fühle ich mich wohler. Die Wettervorhersagen im Internet lassen in den nächsten Tagen auf warme und sonnige Tage hoffen. Schön dieses Hoch...
Route: Tytuvenai - Kaunas 120 km
18.08.2005 - 80.Tourtag - Pannentag oder „Biker-Treff“?
Ich weiss nicht welcher Titel für heute zutreffender ist, beide hatten ihr Gewicht. Heute wurde ich durch die ersten Sonnenstrahlen über dem See geweckt, was gibt’s schöneres? Dann kurz vor Beladung des Gepäcks ein Kontrollgriff auf den Hinterpneu... Eine Platte!! Nach kurzer Verzögerung durch die Reparatur gings bei Sonnenschein los, der Nebel lauerte jedoch erneut nur wenige km später. In „Mariampole“, nach ca. 60 km dann die erste Verpflegungspause. Als ich das Velo vor dem Laden hinstellen wollte, wurde ich von einer älteren Frau eindringlich vor der Kriminalität der Leute hier gewarnt. Nichts desto trotz gings zum Einkauf, ohne Folgen zum Glück. Bei der Reifendruck-Kontrolle dann jedoch hatte ich weniger Freude, denn der Reifen hatte erneut Luft verloren. So kaufte ich im Veloladen in der Nähe gleich einen neuen Schlauch, welcher dann sofort montiert wurde. Kurz später, fast ein Wunder, ein Biker und dies erst noch in der selben Richtung unterwegs! „Karol“ aus Polen, 25 jährig, ein super Typ. Er fuhr von Warschau nach Riga und nun fährt er zurück rund um Polen. Wir fuhren zusammen weiter und trafen auf dem weiteren Weg in Polen auch noch 2 ältere Deutsche an, die beide alleine unterwegs waren. Bei einer schnellen Abfahrt fuhr ich dann dummerweise in ein grosses Schlagloch, der Reifen platzte und die Folge war ein erneuter Platten...! Das Loch war riesig und entsprechend nicht mehr reparierbar, ein neuer Schlauch musste also wieder drauf. So habe ich alleine heute den Hinterpneu 1x geflickt und 2x gewechselt, „jetzt längts! Mit Karol verbringe ich nun direkt am See auf einem privaten Grundstück den restlichen Abend bei Bier, Wein, Chips und Pasta. Es ist schon vorteilhaft wenn ein Einheimischer dabei ist, damit und mit seiner tollen Art profitieren wir beide bzw. ist alles einwenig leichter. Mal schauen wie lange wir die selbe Route haben. Ein guter, etwas länger als geplanter Fahrtag ist zu Ende. Wieder ein neues Land das es zu entdecken gibt.
Route: Kaunas (Littauen) - Olceko (Polen) 150 km
19.08.2005 - 81.Tourtag - So vergeht der Spass
Mit der Zeitumstellung zurück auf „Schweizer-Zeit“ (- 1Std) bin ich heute erneut mit dem ersten Sonnenstrahl, also um 06.00 Uhr, geweckt worden. Mein Anliegen war es, den gestern Abend erneut festgestellten „Platten“ zu reparieren, damit Karol und ich wie geplant etwa um 08.00 Uhr starten können. Es sollte nicht sein, der neue Pneu war ebenso plötzlich undicht, der geplatzte war trotz Versuch wirklich irreparabel (2 Risse à 0.5 cm). So fuhren wir zunächst in die Stadt, um einen neuen Pneu zu kaufen. Nach erneuter Montage gings dann los, für etwa 10 km... dann war der Hinterpneu erneut platt! So begann das unschöne Spiel: alle 5 bis 10 km musste ich den Pneu neu nachpumpen. Bei diesem Aerger wurde leider die sehr tolle Landschaft, hügelig, kurvig, durch Wälder und entlang Feldern und Seen ziemlich nebensächlich. Ratlosigkeit herrschte, warum verschiedene Schläuche Luft verlieren. Irgendwie schafften wir es doch noch relativ zügig ins 60 km entfernte „Gizycko“. Für Karol war klar, dass er heute „nur“ bis hierher fahren würde, aufgrund meiner Bike-Probleme hatte ich dann auch Lust auf „Feierabend“. So konnten wir uns bereits kurz nach Mittag der Suche einer Schlafstelle, der Veloreparatur und dem erneut wunderbaren Wetter widmen. Nachdem wir einige Uebernachtungsmöglichkeiten überprüft hatten (Karol der Feilscher...) fanden wir den günstigsten und wohl schönsten Platz auf dem Campingplatz direkt am See. Karol schaffte es doch tatsächlich, den Preis von günstigen Fr. 6.00 /Person auf Fr. 3.00 zu drücken (WC / Dusche inkl.). Danach folgte der eher peinliche, aber erlösende Auftritt beim Velo Mechaniker. Dieser fand nämlich im Innen-Reifen einen ganz kleinen, spitzen Gegenstand, welcher mir natürlich jeden Pneu kaputt machte. Peinlich, denn eigentlich überprüften wir auch genau dies am Morgen. Ich hoffe sehr, dass der Spuk nun endlich ein Ende hat. Nach zig Platten und einem Gepäckträger-Bruch denke ich reicht es jetzt! Im Nachhinein ist wie meistens alles nicht mehr so düster. Das Bike-Problem scheint gelöst, die Speichen wurden auch nochmals nachgezogen, der See und der Himmel streiten sich um das schönere blau, wir konnten uns im See abkühlen, waschen, die Kleider säubern... Vorher hatten wir ein kühles, grosses Bier für CHF 2.00 und nun liegen wir am See und geniessen die Sonne. Schade wird es nun bereits ab 20.00 Uhr dunkel, doch heute hatte ich schön Zeit zum relaxen, trotz allem...
Route: Olceko - Gizycko 60 km
20.08.2005 - 82.Tourtag - Welch ein super Tag
Heute morgen war Abschied nehmen angesagt. Nach einem we are the Bikers-Foto trennten sich heute die Wege von Karol und mir wieder. Gestern Abend hatten wir noch lange Spass miteinander, als wir das Fest am See besuchten und bei Bier, polnischer Live-Musik (Volkslieder zum mitsingen, über Reisen, Abenteuer und das Leben) eine der vielen Garten-Beizen besuchten. Der Abschied deshalb umso spezieller, ab sofort gings alleine durch Polen, nach 2 gemeinsamen Tourtagen. Die Sonne erneut strahlend, eine tolle Strasse mit viel weniger Lastwagenverkehr als auch schon, ein Velo dass wieder einwandfrei funktioniert, so kam ich zügig voran. Eine erneut schöne Route durch viel Wald, vorbei an Seen und Teichen und Feldern, stets kurvenreich und mit einem angenehmen auf und ab. Dazu Gedanken bzw. Ueberlegungen wohin die Tour denn nach meinem nächsten Ziel, Gdansk, führen könnte. Das liess mich zeitweise wie in Trance ohne grosse äussere Wahrnehmungen vorankommen. Auch am heutigen Tag traf ich auf 2 Biker-Päärchen. Die Deutschen wie das polnische Paar fuhren Ihre Tour durch Polen. Bei meiner Mittagspause in „Baroszyce“ sprach mich ein leicht hinkender Pole an, der anscheinend früher auch Touren gefahren ist, spontan schenkte er mir einen Schlüsselanhänger mit dem Schutzpatron der Velofahrer. Mega nette Geste! Das letzte Teilstück bis “Pieniezno” wurde dann ziemlich mühsam. Die asphaltierte Strasse mehr holprig und löchrig als etwas anderes, da war Konzentration gefragt und ständig bangte ich um die möglichen Folgen dieses Geholpere; Speichen- und Gepäckträgerbruch sowie ein geplatzter Pneu lassen grüssen. Gleich bei Ortseinfahrt in Pieniezno um 14.30 Uhr, nach 130 km, entdeckte ich ein Campingschild, welches für mich zum absoluten Glücksfall werden sollte. Die Campingmöglichkeit war auf einem Privatgründstück. Gleich wurde ich vom jungen Hund sowie dem Ehepaar empfangen. Man zeigte mir sogleich einen Raum, wo ich übernachten kann. Ich staunte nicht schlecht; 2 Better, Tisch, Bar, TV, Stereoanlage mit gemütlichem Sound, Bilder, Fahnen, separates WC, dies alles im Untergeschoss mit eigenem Ausgang zum Garten! Der Preis; läppische CHF 2.00!! Duschen durfte/musste ich draussen im Garten mit kaltem Wasser von der Giesskanne. Glatte Sache! Sogleich wurde ich im Garten mit Brot und warmen Fisch verwöhnt. Später gabs noch Kaffee und Riesenbohnen wie schon in Estland. Der Ehemann, sein Enkel und ich sassen gemütlich in der Sonne am Tisch, ich erzählte von der Tour, sie über das Land, seine Familie und Pilze. Zu meiner Ueberraschung bot er mir dann ein volles Glas mit frischen Pilzen an, welche er heute zusammen mit seinem Enkel gepflückt hatte. Ich probierte und war überrascht dass sie gar nicht so schlecht waren. Wahrscheinlich lag es daran, dass die Pilze in Essig und Wasser eingelegt waren. Die Frau, welche uns ständig neue Sachen brachte, zeigte dann noch Fotos ihrer Töchter, welche beide in England leben. Auch wenn wir manchmal den Dix Deutsch–Polnisch benötigten, ich fühlte mich bei diesen netten Menschen sehr wohl und es war ein sehr interessanter Tag und Abend. Als es dunkelte, wurde ich noch auf einen Tee und Gutzeli in Ihre Wohnung eingeladen. Als ich mich anschliessend hinunter in „mein Zimmer“ zurückzog, brachte man mir noch eine warme Wurst mit Brot und Senf... Unglaublich nette und sympathische Menschen und ein total verspielter Hund. Genau eine solche Verköstigung bzw. solche „Big moments“ habe ich mir einmal auf der Tour gewünscht bzw. erhofft. Eine solche Geste, Gastfreundschaft durfte ich heute erleben. Einfach toll! Mit dem ausgeliehenen Atlas werde ich nun noch einwenig Pläne schmieden, Ideen gibt’s viele und die Möglichkeiten sind grenzenlos.
Route: Gizycko - Pieniezno 128 km
21.08.2005 - 83.Tourtag - Der Traum vom „perfekten“ Tour-Abschluss
Welch ein Frühstück! Um 07.30 Uhr gabs im Garten Tee, Kaffee und zig „Fleischklöschen im Teig“ dazu einheimische warme Schweinswurst (!) mit Senf, Ketchup und Brot... Bei meinem Appetit ist dies sogar zum Frühstück ein Leckerbissen. Zum Abschied schenkte mir die Fam. Wawrowski dann noch 2 Karten Ihrer Region. Geld wollte er für die Uebernachtung auch keines mehr, natürlich aber gab ich ihm etwas nebst einem Pack Gutzeli. Die heutige Tour war in allen Belangen sehr schön. Die Route, das Wetter und ein Traum von einem schönen, speziellen Tour-Ende liessen mich den ganzen Fahr-Tag bis 19.30 Uhr geniessen. Von „Pieniezno“ gings nach „Frombork“. Von dort aus nahm ich ein Schiff nach „Krynica Morska“ auf den schmalen Inselstreifen, von welchem die Hälfte zu Kaliningrad (Russland) gehört. Dem Streifen entlang gings dann westwärts nach „Gdansk“. Da „bummelte“ ich eine knappe Stunde durch die hübschen Gassen, welche mit vielen Ständen voll auf Touristen ausgerichtet sind. Dann gings aber nicht wie seit Tagen geplant zu einem Campingplatz mit Ruhetagen bis nach dem FCB Spiel in Bremen, sondern weiter westwärts. Warum? Weil ich für die Verwirklichung meines Traum-Abschlusses keine 4 oder 5 Tage „verschenken“ darf. Damit ich jedoch trotzdem an den FCB Match fahren kann, muss ich wegen der Zugverbindung am Dienstag in „Szczecin“, gleich an der Grenze zu Deutschland, ankommen. Distanz bis Gdansk ca. 350 km! Da bin ich ziemlich gefordert, vorteilhaft ist dies aber insbesondere auch wegen dem weiteren Verlauf. Ich möchte es einen „Traum“ nennen, denn die Herausforderung scheint mir riesig und alles muss passen, das Wetter, das Material, die Gesundheit und die Motivation, damit dies möglich wird. Ich spreche von einer Tour-Verlängerung nach Berlin, Prag, Linz, Sedrun, Basel. Ich schätze weitere ca. 1800 km; bis mitte September! Dazu einige Pässe, die Alpen. Bis Prag sollte es eher flach bleiben, dann aber wird’s sehr, sehr hoch. Wohl nur, wenn mich die riesige Motivation und Freude über eine Ankunft in Sedrun mitträgt, werden die Pässe wohl zu meistern sein. Ich stelle mir vor, dass ich auf dem Weg bei allen Monn Geschwistern (Ilanz, Trun, Segnes, Sedrun, Dallenwil, Hergiswil) einen kurzen Kaffee-Stop einlegen könnte. Die Strecke Sedrun nach Basel dann in nur 1 Tag, als Tages-Bestmarke der Tour. Es ist eben ein Traum, solange bis er ev. verwirklicht wurde. Oder aber nicht mehr genug Anreiz hat, wie das Beispiel der Insel Gotland nun zeigt. Ja es geht schnell. Der „Druck“ wegen der grossen Anzahl km, den Pässen und der gleichzeitig nicht mehr langen Tour-Dauer ist da, der Reiz jedoch ist riesig! Soweit in die Zukunft zu planen bringt es erfahrungsgemäss ebenso nicht, aber heute habe ich diesen Traum!
Route: Pieniezno - Khukowo Male 167 km
22.08.2005 - 84.Tourtag - Ein riesiger Schritt vorwärts
Schön, dass ich hier über einen weiteren Riesenschritt berichten kann, denn fast wäre ich heute beim Versuch, den erst gerade eingeschalteten MP3-Player vor dem freien Fall zu retten, selber zu Fall gekommen; ohne Helm, mit gutem Tempo bergab fahrend. Es musste zum Glück nicht so weit kommen, der MP3-Player funktioniert aber durch den Aufprall nicht mehr. Jedenfalls startete ich heute bereits um 06.00 Uhr, mit dem Vorhaben, praktisch 2 Tages-Strecken in 1 Tag zu machen. 190 bis 200 km wurden es heute. Schön, denn so habe ich morgen „nur“ wieder eine normale Tagesroute von knapp 100 km vor mir, dann habe ich auch genügend Zeit zur Erholung und Vorbereitung des FCB-Trips nach Bremen. Noch immer „zerbreche“ ich mir den Kopf, inwiefern bzw. ob überhaupt ich Berlin in der Bike-Tour oder der Zugreise nach Bremen involvieren soll. Mal sehen... Die Strecke heute war jedenfalls wieder sehr schön und abwechslungsreich. Viele kleine Dörfer und einzelne Städte wechselten sich mit hügeligen Landschaften, Seen, Teichen und Wald. Der Verkehr war überraschenderweise recht angenehm. Die Strassenbeläge mit Ausnahmen ebenfalls vorwiegend und mit der nötigen Konzentration und Reaktionsfähigkeit gut befahrbar. In Anbetracht der heutigen Intensität habe ich heute für Essen und Getränk auch etwas mehr Geld ausgegeben. Viel Brot, Joghurt, Glace, Burger und ein verhältnismässig sehr teures Mittagessen in einem Hotel brachten mich gut durch den Tag. So viele Touristen bzw. Schönwetter-Biker wie gestern entlang des Inselstreifens habe ich heute nicht mehr gesehen, dagegen sehr viele Einheimische auf ihren Velos, teilweise bepackt mit Kartoffelsäcken oder gesammelten Pilzen oder Früchten. Dann erlebte ich heute wieder einmal ein eindeutiges, positives Zuhupen eines Automobilisten; schön! Schön wäre auch mal wieder eine richtige Dusche, aber natürlich gibt es wichtigeres. Schade ist es nun immer so früh dunkel, beim wild campen ist so halt früh Schlafenszeit. Es ist ca. 22.00 Uhr, es ist stockfinster, ich bin stockmüde. Somit ist Schluss für heute.
Route: Khukowo Male - Drawsko Pom 190 km
23.08.2005 - 85.Tourtag - Rechtzeitig aber erschöpft am Ziel
Erneut hiess es um 05.00 Uhr aufstehen. Dies nach einer Nacht, in welcher noch vor Mitternacht einige wohl ältere Arbeiter dem abgelegten Weg zum Teich fanden und mit ihren Taschenlampen an mein Zelt leuchteten... Mulmige Angelegenheit! Die Sonne zeigte sich heute morgen nicht, es war bewölkt. Die Route nach „Szczecin“ war dann doch eher eine der langweiligeren Sorte. Die letzten 60 km, welche ich auf Anregung eines Einheimischen auf einer Nebenstrasse fuhr, war zwar wenige km kürzer, dafür aber regelmässig holprig und „schlimmer“ noch, mein zunächst in „Stargard Szczecinski“ geplantes Morgenessen „fiel ins Wasser“, denn entlang der Nebenstrasse kam kein einziges Dorf und keine Tankstelle mehr. Mit den ersten, kaum erwähnenswerten Regentropfen fuhr ich beim Campingplatz ein, das Zugbillet für morgen nach Bremen im Sack. Die wirklich nötig gewesene Dusche habe ich hinter mir. Jetzt sind die 2 Ruhetage absolut notwendig. Die Waden, Oberschenkel und das Knie spüren die Belastung der 9 Fahrtage in Folge, in welchen ich doch immerhin ca. 1134 km zurücklegte! Schade nur, dass ich weder morgen (Zug fährt um 06.56 Uhr) noch übermorgen (Uebernachtung in Bremen bei Fans) richtig ausschlafen kann. Toll jedoch ist, dass ich heute eine Strassenkarte von Deutschland gefunden habe, auf welcher auch meine ganze Traum-Schlussroute via Prag, Linz, Sedrun vollständig und mit Campingverzeichnis ersichtlich ist. Es ist ein tolles Gefühl, die Gedanken an diesen „Traum“...
Route: Drawsko Pom - Szczecin 105 km
24.+ 25.08.2005 - 86.+ 87. Tourtag - „zurück im alten Leben“
2 „Ruhetage“ liegen hinter mir und ein FCB Spiel. Die Rückblende... Da ich ja praktisch an der deutschen Grenze war, dauerte die Zugreise nach Bremen effektiv nur noch ca. 6 Std. 30 min. Erneut gings um 05.00 Uhr auf, in Hamburg traf ich dann wie geplant auf die Basler Kollegen. Dann begann natürlich wie gewohnt das „Bier vernichten“, jedoch noch gemütlich. In Bremen wurden wir von einem deutschen Kollegen durch die Stadt geführt, vorbei an den schönsten Punkten Bremens, wie z.B. den Bremer Stadtmusikanten. Zur Ueberraschung aller Fans fand genau an diesem Zeitpunkt der Auftritt der „Möchtegern-Kanzlernachfolgerin“ Angela Merkel statt. Natürlich ein gefundenes Fressen für die vielen Basler Fans auf dem Domplatz. Mit Gesänge wie; Du hast die Haare schön, drückten die Fans der Wahlveranstaltung einen wohl nicht geplanten Stempel auf. Angeblich berichteten sogar das Radio über die Sprechchöre und Gesänge der FCB-Fans... Wir jedoch genossen den frühen Abend in einer Gartenbeiz am Fluss, zusammen mit Bremer und anderen Basler Fans. Der Match war dann ein toller Augenblick für mich, denn lange ist es her... Schade nur, dass es kein Happy End wurde. Nach dem Spiel gings dann aber weiter in Pubs und schlussendlich in eine Disco. Das Bier und die Schnäpse wurden herumgereicht, doch bei mir war der „Kulturschock“ bald mal spürbar. Vom eher einsamen Tour-Leben in der Natur, fand ich mich plötzlich wieder inmitten deutsch sprechender, Party- und Bierumgebung unter vielen Menschen und den Kollegen. Zusammen mit der eintretenden Müdigkeit (ich stand ja die letzten 3 Tage um 05.00 Uhr auf) wars dann eine doch „spezielle“ Nacht in der Disco, zum Party feiern hatte ich nur bedingt Lust; so schlief ich einwenig in der Disco und war dann sehr froh, als wir morgens um 05.30 Uhr endlich den Weg zu einem Bett fanden. Dass wir dann zu 3. in einem 160 cm breiten Bett schlafen „mussten“, war mir so egal. Hauptsache schlafen. 2 anstrengende Tage mit viel Reisen, Alkohol und wenig Schlaf liegen nun hinter mir. Da sehne ich mich doch wieder sehr nach dem Leben on Tour inmitten der Natur.
26.08.2005 - 88.Tourtag - Panne in Ost-Deutschland
Um das restliche polnische Geld noch auszugeben, gönnte ich mir heute morgen im Camping-Restaurant erst mal ein feines Frühstück, mit Käse und Ei. So gegen 09.30 Uhr gings dann bei zurückgekehrtem starkem Wind aus Süd, Süd-West los. Zuerst wieder auf der Hauptachse in bzw. bis Szczecin (in deutsch ausgesprochen: „Stettin“), dann wurde ich von einem Deutschen auf schnellstem Weg an meinen gewünschten Grenzübergang gelotzt; er mit dem Auto voraus, ich schnell strampelnd hinterher. Am Zoll war erneut mein Pass gefragt, da die ID hier in Polen nicht ausreichend ist und dann war ich bereits wieder in einem neuen Land (Deutschland). Bei starkem Wind wars nicht möglich, ein normales Tempo zu erreichen, aber immerhin blieb es trocken. Entlang der Grenze fuhr ich südwärts, vorbei an Feldern und Windrädern. Die Strassen in den Dörfern wie teils in Polen bestehend aus unebenen Ziegelsteinen; schön zum Ansehen, eher mühsam aber mit dem vollbepackten Velo. Zwischen „Schwedt“ und „Angermünde“ landete ich dann plötzlich auf der Autostrasse, ungewollt und auf meiner Karte nicht erkennbar. Wie immer setzte ich auch hier die Fahrt fort; doch es wurde sehr nervig! Innerhalb 10 km musste ich 4x den blöden Hup-Kommentar (je 2 pro Richtung) der Automobilisten anhören. Da merkte ich, dass ich nicht mehr im Norden bzw. Osten war, sondern in Deutschland... Dann, 6 km vor „Angermünde“ ein weiteres Pannen-Kapitel: 2 Kettenglieder waren kurz vor dem vollständigen zerreissen, eine Weiterfahrt mit den ausgeleierten Teilen nicht mehr möglich. Froh, dass es trotz allem „nur“ 6 km in die nächste Stadt waren, stiess ich das Velo der Strasse entlang. Meine Hoffnung, dass mich ev. ein Lieferwagen mitnehmen würde, erfüllte sich leider nicht. Es ging jedoch relativ schnell und schon hatte ich auch einen Velo-Reparateur gefunden, der die 2 Kettenelemente entfernen konnte. Den Stopp nützte ich gleich für eine erste Pause um 16.00 Uhr, wo ich mich wieder mit Suppe und Pizza verköstigte, bevors dann weiter zum wenige km entfernten Campingplatz am „Parsteiner-See“ ging. Glück; keine Minute verging, gerade war ich am Einchecken, da folgte ein Platzregen, wie aus dem Nichts. Schön blieb ich dabei trocken! Die heutige Tour war verhältnismässig kurz, genug jedoch für meine noch nicht erholten Oberschenkel, welche sich wohl trotz 2 Ruhetagen nicht ganz regenerieren konnten. Obs wohl am Alkohol und wenigen Schlaf dieser Tage liegt? „o-oh“, gerade wird es stock schwarz am Himmel. Ich renne mal lieber ins geschützte Zelt...
Route: Szczecin (Polen) - Parstein (Deutschland) 95 km
27.08.2005 - 89.Tourtag - Jugendherberge in Cottbus
Eine lange Strecke von 170 km liegt hinter mir. Da ich hier in Cottbus in einer Jugendherberge bin (16.50 Euro inkl. Frühstück), konnte ich heute Samstag Abend noch gemütlich durch die Fussgänger-Zonen schlendern und bei einem Bier ein Konzert geniessen. Obwohl es nun erst 23.00 Uhr ist, bin ich ziemlich müde, fast zu müde um noch die Eindrücke des Tages zu notieren. Negativ empfunden habe ich heute einerseits, dass ich erneut auf viele Autostrassen stiess, wo das Fahrradfahren verboten ist. So musste ich meine Route entsprechend ändern und jeweils hoffen, dass der Weg nun nur eine „Hauptstrasse“ bleibt. Andererseits sind mir genau in diesem Zusammenhang erneut 2 Deutsche Automobilisten/innen sehr negativ aufgefallen: Bei der Dorf / Stadtausfahrt, auf der „Suche“ nach der richtigen, erlaubten Strasse, fuhr ich bloss „in Richtung“ der Autostrasse, da hörte ich schon aus einem vorbeifahrenden, abbremsenden Auto eine Dame „schreien“; Hier ist Fahrradfahren verboten...“ Also kehrte ich um, hielt bei den 1.Wegweisern an, da schrie der nächste Automobilist aus dem Fahrzeug; “Fahrräder haben hier nichts zu suchen“... – wohlverstanden, ich STAND am Strassenrand mit geöffneter Landkarte und die Strasse war noch immer eine normale Hauptstrasse... !! Ansonsten wars ein guter Tag. Die Route führte mitten durch schöne Landschaften und regelmässig durch kleine Städte. Speziell; die Fahrt durch den Naturpark „Märkische Schweiz“ sowie während ca. 15 km vor Cottbus, führte die Strasse inmitten durch ehemaliges militärisches Uebungsgebiet. Beidseits der Strassen warnten Verbotsschilder vor dem Betreten der weitläufigen Felder und Wälder; „Lebensgefahr“! Sprengsätze, Munition und verseuchte Gebiete lassen grüssen... Erfahren habe ich heute zudem, dass neu auch in Deutschland das „Jedermannsrecht“ für eine einmalige Uebernachtung gilt. Trotzdem hat es mich heute zufällig in die Jugendherberge verschlagen. Ich freue mich bereits auf das Frühstücks-Buffet.
Route: Parstein - Cottbus 170 km
28.08.2005 - 90.Tourtag - Flachland ade
Das Morgenessen in der Jugendherberge war wundervoll! So startete ich mit gut gefülltem Magen zur Sonntagsfahrt Richtung Tschechien. Auch heute wieder gabs ein neues Kapitel zum Thema „Reaktionen Deutscher Bürger auf meine Fahrweise...“. Sonntag, 08.45 Uhr, es herrscht kaum Verkehr, da ertönt hinter mir plötzlich eine Stimme aus dem Lautsprecher: „Ich bitte sie, den ausgebauten Fahrradweg rechts zu benützen...“ Der Freund und Helfer, die Polizei war es. Na ja, ich trugs halbwegs mit Humor! Lächerlich! Via „Hoyerswerda“ erreichte ich das Städtchen „Bautzen“, das an diesem Wochenende das jährliche Wasserturm-Fest feierte. Musik, viele Stände mit Essen und Artikeln, ein rundum gemütliches Fest in der Altstadt direkt an dem Fluss „Spree“. Ideal um eine Pause einzulegen, thailändisch zu essen und das Fest zu geniessen. Während ich das Essen verschlang, kams zu einem „Talk“ mit einer Dame. Plötzlich legte sie mir einen „Fötzel“ mit Ihrer Adresse, E-mail und Telefon-Nr. hin, „falls ich mal wieder nach Bautzen kommen würde...?! Die letzten ca. 20 km nach Tschechien führten mich langsam aber stetig in höhere Lagen. Da stellte ich schnell fest, dass 2 km ins nächste Dorf nicht die gleich „lockeren“ Gefühle auslösen wie wenn es flach ist... Mit richtigen Steigungen begann es dann aber erst in Tschechien; zum Warmwerden ein 6% Anstieg, später eine lange 9% Steigung. Schade nur, dass das Erarbeitete jeweils nur wenig später mit einer Abfahrt wieder zunichte gemacht wird. Nach der erkämpften Fahrt über 2 grössere Hügel, die Berge seitlich etwa mit einer Höhe von 800m, habe ich nach ca. 140 km „Novy Bor“ erreicht. Obwohl ich mich hier bei Aldi für eine Uebernachtung im Freien gerüstet hatte, probierte ich mein Glück wenig später in einer ausgeschilderten „Pension“. Und wow..., ich habe hier praktisch eine sehr schöne 1-Zimmer Wohnung mit 2 Better, TV, einen runden Tisch, eine grosse Küche, schönes WC und Dusche für sagenhafte 350 Tschechische Kronen, bei einem Kurs von 1:20 also ca. CHF 15.00. Morgen um halb acht wird mir das Frühstück gebracht. Ich bin froh, hier zu sein, so hatte ich nach der wieder längeren Fahrt bis ca. 18.15 Uhr wieder etwas Zeit zum kochen, TV schauen und lesen; Licht sei Dank. Die Fahrt morgen nach Prag sollte nun eigentlich keine Hexerei mehr sein; ausser die Stadteinfahrt eventuell...
Route: Cottbus - Novy Bor (Tschechien) 140 km
29.08.2005 - 91.Tourtag - Ankunft in Prag
Soeben habe ich festgestellt, dass ich Anfangs Monat noch mitten in Finnland war. Dies bedeutet, dass ich in diesem Monat 7 Länder (!) durchfahren habe. Unglaublich wie rasch die Zeit vergeht! Heute morgen, nachdem ich einen riesigen Frühstückskorb mit vielen Brötchen, Käse, Aufschnitt, Konfi, Honig etc, überreicht erhielt, glaubte ich nicht, dass ich die Fahrt heute ohne Platten beenden würde. Denn gleich zu Beginn der heutigen Tour hatte es immer wieder viele Scherben am Strassenrand, dazu Lastwagen welche teilweise sehr knapp überholten, so als wollten sie auf keinen Fall die mittlere Linie überfahren. Zum Glück aber wurde es schon bald besser. Zwischen „Jestrebi“ und „Mélnik“ führte die Strasse 9 mitten durch ein sehr schönes und überaus kurvenreiches Waldgebiet. Fast 40 km waren wohl auch deswegen nur noch wenige Lastwagen zu verzeichnen. Ab „Mélnik“ bis nach „Prag“ hiess es dann wieder konzentriert das Lenkrad stillhalten und höchstens mit Absicht in der Mitte der Strasse fahren, so z.B. bei schnellen Abfahrten, wie heute einige vorkamen. Die eigentliche Fahrt ins Zentrum blieb mir heute erspart, denn ca. 10 km vor der Stadtmitte habe ich einen Campingplatz gefunden, für CHF 13.00/Tag. In der heutigen Hitze habe ich mir sogar einen leichten Sonnenbrand an den Armen (!) eingefangen. Eigentlich dachte ich ja, dass die Arme nun wirklich nicht mehr eingecremt werden müssen, aber eine solche Hitze habe ich natürlich noch wenig erlebt auf der Tour. Schön! Auch die nächsten Tage solls ja schön und heiss bleiben. Von Prag habe ich noch nicht viel gesehen. Ich habe einen weiteren Reisebericht verschickt und mal den Weg mit Bus und der Metro ins Zentrum vollzogen. Meine Oberschenkel machen sich leicht bemerkbar, gut ist morgen Erholung angesagt, d.h. nebst Sightseeing muss ich Waschen und für die Alpenetappen noch ein paar Einkäufe/Vorbereitungen erledigen. Im Mail heute habe ich von meinen Plänen mit den Alpen geschrieben, ich hoffe sehr dass alles klappen wird.
Route: Novy Bor - Prag 97 km
30.08.2005 - 92.Tourtag - Sightseeing in der wunderschönen Stadt Prag
Gleich am Morgen war heute zunächst einmal Kleider waschen (mit Maschine) angesagt. Dann schaute ich all meine Sachen durch und sortierte die Gegenstände heraus, welche ich dann nach Hause schicken wollte. Andere Sachen schmiss ich sogleich weg. Der Grund für das Aussortieren besteht darin, für die Alpen möglichst unnötiges Gewicht zu vermeiden (Kraft- und Materialverschleiss). Auf der kleinen Postfiliale hier ausserhalb von Prag wars dann amüsant zu beobachten, wie schlussendlich gleich 3 Frauen probierten, die Kartonschachtel richtig zusammenzusetzen. Irgendwann klappte es; 3,5 kg schwer war das Paket, darin meine letzten Bücher, Landkarten, Batterien, mein einziges Badetuch sowie die kaputte Uhr und MP3 Player. Da nun meine „Pendenzen“ erledigt waren, gings noch am Morgen ins Zentrum. Ohne Stadtkarte und Informationen über die Sehenswürdigkeiten der Stadt spazierte ich in alle Himmelsrichtungen, durch schöne Gässlein und teilweise einfach den anderen Touristen folgend. Ich bin beeindruckt von der sehr schönen Altstadt; sehr gemütlich, viele Einkaufsstrassen, zig sehr schöne Gebäude, Pärke, div. Brücken welche über den grossen Fluss führen. Eine davon ist eine Fussgängerzone, Musiker und viele kleine Stände ergänzen den schönen Ausblick von der Brücke. Ich habe mir heute mal wieder die Füsse wundgelaufen, bin viele Treppen auf und ab gelaufen, u.a. besichtigte ich den Turm, so dass ich zumindest fast alles Interessante gesehen habe. Auf dem Rückweg zum Ausgangspunkt kam ich dann bei einem der sehr vielen tollen Shops vorbei und ich wurde schwach... Ich kaufte mir ein lustiges T-Shirt und liess mir eine persönliche Baseball-Mütze machen. „Fuchs on Tour“, dies in alt-englischer Schrift. Genial! So günstig wie das ganze war (CHF 15.00) wird die Mütze wohl jedoch nicht allzu viele Strapazen ertragen. Ich muss also Sorge tragen. Ebenso kaufte ich mir noch neues Gas zum kochen. Da es hier nun kein „Primus“ Gas hatte, musste ich wieder „Campinggas“ kaufen, dazu natürlich wieder den entsprechenden „Aufsatz“ dazu.... Nun bin ich zumindest für 2 Gas-Sorten ausgerüstet! Als Letztes kaufte ich noch ein ärmelloses T-Shirt, gedacht zum Velofahren während dieser schönen Hitze. Mitte Juni, in Dänemark, kaufte ich mir noch einen Faserpelz... Obwohl die Beine noch nicht erholt sind, „es zieht mich aufs Velo“! Morgen werde ich deshalb meine Fahrt fortsetzen. Ich bin gespannt und hoffe....!
31.08.2005 - 93.Tourtag - Ohne Verfahrer wärs ja schön gewesen...
Ein Grund weshalb ich nur widerwillig den Campingplatz 10 km vor Prag wählte war, dass ich beim Wiederbeginn nicht durch die ganze Stadt hätte fahren müssen. Gerne würde ich die Wege nachvollziehen können, welche mich heute irgendwann doch noch auf die richtige Strasse 105 heraus aus Prag brachten. So war der Start in den heutigen Tag schon mal harzig. Dann aber begann es... Das „Spiel“ mit dem Gebirge. Praktisch den ganzen Tag ging es auf der schmalen „Ueberland-Hauptstrasse“ rauf und runter. Die Landschaft jedoch sehr schön; mal Felder, mal Wald, Seen, Teiche, Flüsse und dazwischen regelmässig die Fahrt durch ein Dorf, eng an den Hauskanten vorbei, über kleine Brücken, wirklich eine schöne Route, trotz Anstrengungen für die Oberschenkel. Toll auch, dass nur wenig Verkehr war, insbesondere Lastwagen hatte es nur wenige. Wie aus dem Nichts endete die Strasse dann am wunderschönen breiten Fluss bei „Orlik“ bzw. „Chrast“. Ein glasklarer Verfahrer, dies ausgerechnet im hügeligen Gebirge... Durchatmen war angesagt, „Helm weg, neue Mütze auf“. Mit einem „kleinen“ Umweg fand ich dann die Strasse nach „Milevsko“, wo dann die Route 105 ihre Fortsetzung fand . Kurz vor der Ortschaft „Tyn“ habe ich zu meiner Ueberraschung einen Campingplatz gefunden. Der heutige Fahrtag dauerte von 07.30 Uhr bis 18.15 Uhr. Hier auf dem Campingplatz bin ich alleiniger Gast. Soeben brachte man mir ein riesiges Stück Melone und Mineralwasser. Sehr nett, somit habe ich nach den „Fleischgewürz-Spaghetti“ noch ein Dessert. Interessant auch heute wieder zu erleben, dass sich hier „Sport“-Fahrradfahrer grundsätzlich grüssen und heute waren doch einige Rennvelofahrer unterwegs. Erneut auffallend auch die vielen alten Autos die hier noch gefahren werden, Simca und Skoda mit Baujahr 1975 sind einige davon. Für mich eher überraschend ist , dass ich hier in Tschechien mehr alte Fahrzeuge sehe als in Lettland und Litauen. Neu war zudem zu sehen, dass hier das Heu teilweise direkt auf dem Feld „gelagert“ wird. Heuhaufen von ca. 15 m Breite und 5 m Höhe gab es einige zu sehen. Das neue ärmellose, hautenge T-Shirt war übrigens spitze, trotz Hitze und Gebirge blieb es trocken.
Route: Prag - Tyn 120 km
01.09.2005 - 94.Tourtag - Der erwartete „stressige Aufstieg“ blieb aus
Eine sehr schöne Route war es heute! Der erste kurze Stopp machte ich heute nach ca. 30 km in „Ceské Budéjovice“ (Budweis). Ausser dem Markt in der Altstadt schaute ich mich jedoch nicht gross weiter um, denn auf Anraten verschiedener Tschechen galt es vor allem, das kleine Städtchen „Cesky Krumlov“ (alias „kleines Prag“) anzuschauen. Und es lohnte sich; das Städtchen voll auf Touristen eingestellt, liegt direkt am Fluss „Vltava“ und hat eine wunderschöne Alt6stadt mit engen Gassen, einem riesigen Turm, schönen Beizen + Läden und das Ganze teils „steil“ an einem Hang/Berg. In Erwartung des baldigen steilen Aufstiegss auf ca. 800 müM ass ich noch eine Portion Spaghetti Bolognese und eine Suppe. Ich war konzentriert und bereit, vor allem jedoch gespannt, wie ich die erste kleine „Hügel-Etappe“ meistern würde. Von „Cesky Krumlov“ aus gings jedoch schön angenehm, minim ansteigend entlang dem Fluss „Vltava“ durch den Wald, wenig Verkehr, eine traumhafte Strecke! Für einen Augenblick stoppte ich die Fahrt auf der Strasse... Ein Moment der idyllischen Ruhe, welche nur durch das „plätschern“ des Wassers begleitet wurde. Genau solche Augenblicke entschädigen für das tägliche Treten in die Pedalen. Schön zu beobachten waren auch die vielen Menschen, die in Kanus und Schlauchbooten flussabwärts padelten. Die Leute genossen es sichtlich; schön... Nach dem ebenso sehr schönen Dorf „Rozmberk“ gings dann ganz wenig steiler bergauf, aber effektiv kam die erwartete Steigung weder bis zum Grenzübergang nach Oesterreich noch später. Plötzlich war ich in „Bad Leonfelden“ auf ca. 824 müM, gefühlsmässig ohne grossen Kräfteverzehr. Und dann, 13 km vor „Linz“ begann es; die Abfahrt...! 13 km lang hinab nach „Linz“ ohne auch nur ein einziges Mal treten zu müssen, wow!! Nun bin ich also hier in „Linz“, der „Donau“ entlang nur ca. 200 km entfernt von „Wien“. Entlang der Donau besteht ein Paradies für Sportler! So viele sporttreibende Menschen habe ich selten gesehen. Leute aller Altersklassen joggten, liefen, viele Skater und Biker waren unterwegs. Menschen die Basketball- Volleyball spielten, Hockeyfelder... einfach superschön! Auf der Tour heute traf ich noch auf ein Paar aus Neuseeland, welche erstmals mit dem Bike in Europa unterwegs waren. Sie fahren jedoch zuerst nach Wien, dann via Italien, Lichtenstein in die Schweiz. Auch sie waren bereits 2,5 Monate unterwegs. Nach einem „Schwatz“ trennten sich somit die Wege. Tja und dann wollte ich heute eigentlich meine Haare bleichen lassen, doch überall gabs Absagen, entweder hatten sie keine Zeit oder es war schon kurz vor Feierabend. Mal sehen ob noch was möglich ist in diese Richtung. A propos Richtung; Von „Stettin“ (Polen) bis hier nach Linz führte die Strasse eigentlich immer nach Süden. Ab sofort wird die Hauptrichtung der Westen sein, bis Basel. Ab nun gilt es, mich wieder an die deutsche Sprache zu gewöhnen, denn ausser den wenigen Tagen in Ost-Deutschland sprach ich die Leute immer in Englisch an. Fertig sind auch die „Tiefpreise“ der letzten Wochen (Estland bis Tschechien), ab nun muss wieder sorgfältiger gewirtschaftet werden, obwohl die paar Tage noch darf ich durchaus noch geniessen... Heute ist bereits wieder Monatsanfang. Unglaublich, 3 Monate on Tour....
Route: Tyn - Linz (Oesterreich) 127 km
02. + 03.09.2005 - 95. + 96.Tourtag - Ankunft in Salzburg
Für die Route von Linz nach Salzburg stand ich extra um 05.30 Uhr auf, denn gemäss Wetterprognosen sollte es ab Mittag ein Gewitter geben. Ich stellte mir vor, dass ich bald nach Mittag Salzburg erreichen würde und so genügend Zeit für Sightseeing hätte. Ich freute mich auf den Fahrradweg der tendenziell flach sein müsste, da er ja entlang dem Fluss „Traun“ verläuft. Ausgerüstet mit der offiziellen Fahrradkarte startete ich und tatsächlich, der Weg führte direkt der „Traun“ entlang; für wenige km.... Dann verzwiegen die Wegweiser ein wenig kreuz und quer in die anliegenden kleinen Dörfer, auf schönen schmalen Strassen mit kaum Verkehr, Strassen die wohl auf keiner Strassenkarte zu finden sind. Die Strassen verliefen häufig zick zack und immer wieder zwangen mich kürzere, aber ziemlich starke Steigungen aus dem Sattel. Ein grosser Kräfteverzehr, irgendwie aber kam ich nur sehr schleppend voran. So hatte ich bald genug vom „sturen“ Fahren auf den Fahrradwegen und wechselte für eine Zeit zurück auf die Hauptstrasse. Die Gegend blieb sehr schön, besonders entlang der Seen (Attersee und Mondsee) war es traumhaft mit den Bergen im Hintergrund. Der Entscheid, via „St.Gilgen“ auf die kürzere Hauptstrasse zu wechseln anstatt den längeren Veloweg zu nehmen, war dann ein weiteres Kapitel zum Thema „Kräfteverschleiss“. „St.Gilgen“ liegt nämlich schön am See, jedoch eingekesselt von Bergen. Die Hinfahrt sowie nachher die Dorf-Ausfahrt zehrten entsprechend... Bereits war es Mitte Nachmittag, die Strassen teilweise nass vom Regen, ich selber jedoch hatte Glück. Trotz bedrohlichen Wolken blieb ich den ganzen Tag vom Regen verschont. Erst gegen 17.30 Uhr erreichte ich dann Salzburg, kräftemässig ziemlich erschöpft, die Knie schmerzend, die Oberschenkel saftlos, so dass zwingend ein Ruhetag einzulegen war. Da die Campingplätze zu weit ausserhalb der Stadt waren, klapperte ich die Jugendherbergen ab. Die Herberge „Yahoo“ wurde dabei zum Glücksfall. Gleich nach dem „einchecken“, beim Abladen des Gepäcks sprach mich eine sympathische Dame an und quetschte mich mit zig Fragen aus. „Marta, sie ist Spanierin und arbeitet u.a. in der Jugendherberge. Da sie mir so viele Löcher in den Bauch fragte, verabredete ich mich gleich mit ihr für den Abend. Alles abgeladen, lernte ich im Zimmer den Japaner „Kazuhiro“ aus Tokyo kennen. Er reist mit dem Zug quer durch Europa. Gemeinsam zogs uns in die sehr schöne Altstadt zum Nachtessen. Am späteren Abend dann folgte noch Marta. Zu dritt gings ins Irish Pub. Bis in die frühen Morgenstunden diskutierten, tranken und tanzten wir. Typisch und gleichzeitig sehr mühsam; neben einem halben Gehörschaden von der guten Live-Musik waren meine Kleider nebst von Rauch stinkend auch mit Bier vollgetränkt. Mühsam!! Ansonsten wars aber ein gemütlicher Abend. Gegen 08.00 Uhr gabs dann ein riesiges Frühstück, anschliessend war wieder mal Kleider waschen angesagt. Dann ging ich die Stadt auskundschaften. Die Besichtigung der Festung sowie das viele herumlaufen (wohl auch die „Tanz-Nacht“) strapazierten meine Beine weiter, von Erholung keine Spur. Die Stadt hat mir jedoch sehr gut gefallen, viele interessante Monumente, eine ganz schönen Altstadt und der Fluss mitten durch Salzburg. Und Mozart ist hier allgegenwärtig... Ja es war eine tolle, kurze Zeit in Salzburg. Mit Kazuhiro und Marta habe ich zwei nette Menschen kennengelernt. Kurz überlegte ich, einen weiteren Tag zu bleiben, aber ich möchte lieber weiterfahren „The Tour must go on“, ich freue mich auf die Routen in der Schweiz. Salzburg wird jedoch als eines der Highlights in Erinnerung bleiben.
Route: Linz - Salzburg 140 km
04.09.2005 - 97.Tourtag - Ueberraschend bereits in Innsbruck
Um 07.30 Uhr startete ich ab Salzburg in der Hoffnung, am sonnigen und lastwagenarmen Sonntag möglichst eine grosse Strecke Richtung Innsbruck zu schaffen. Von Beginn an liefs prima. Die Stadtausfahrt ohne Mühe, die Strassen gut, vor allem ohne Lastwagen, dazu ein Wind der mir wohlgesinnt war. Die Berge seitlich der Strassen überragten die 2000 m Höhe, die Route selber jedoch blieb glücklicherweise auf einer angenehmen Höhe. Kurz nachdem ich Oesterreich wieder erreicht hatte (bald nach Salzburg führten ca. 20 km durch Deutschland), „bezwang“ ich immerhin 2 Mini-Pässe, den Steinenpass sowie den Kniepass mit je ca. 600 m Höhe. Alle Steigungen heute waren sehr angenehm, so dass ich auch aufwärts mit gutem Tempo fahren konnte. In Wörgl, meinem vorgenommenen Mindest-Tagesziel, ass ich zu Mittag, dann fuhr ich weiter und weiter bis die Stadt Innsbruck plötzlich so nahe war, dass ich fast bis dahin weiterfahren musste. Bereits um ca. 16.30 Uhr erreichte ich Innsbruck, 165 km in den Beinen, aber bei weitem nicht spürbar. Negativer Höhepunkt heute, mein völlig blödsinnig eingefangener Sonnenbrand an den Schultern. Ich fand es eben nicht für nötig, bei 22 Grad und teilweiser leichter Bewölkung meine empfindlichen Schultern einzucremen, nun habe ich einen ziemlichen heftigen Sonnenbrand – das erste mal auf der Tour! Auch heute hatte es wieder sehr viele Velofahrer unterwegs, die Oesterreicher sind wirklich ein sportliches Volk finde ich. Auch die Motorradfahrer genossen den Tag. Hunderte (!) davon fuhren entlang der Strecke. Ich riskierte es heute nicht mehr auf die offiziellen Fahrrad-Wanderwege auszuweichen. Ich fühle mich eben wohler auf der Strasse, da kann man zufahren, hat einen guten Belag und man muss nicht dauernd nach dem richtigen Weg spekulieren sowie abbremsen weil andere im Weg sind oder man wieder über eine Kante fahren muss. Die Schweiz rückt schneller näher als erwartet, es ist also eine Frage der Zeit, wann der erste richtig grosse Pass kommen wird... Bisher kam ich überraschend gut über die Runden. Ich bin gespannt...
Route: Salzburg - Innsbruck 165 km
05.09.2005 - 98.Tourtag - Ein neues Land - Hallo Schweiz
Auch heute wieder super Wetter, grandios! Entlang der Hauptstrasse gings heute von Dorf zu Dorf, immer mit Steigungen verbunden, weil ja die Autobahn den flachen Teil für sich beanspruchte. Seitlich ragten die Berge empor, schön ist es, in den Bergen zu sein. Gespannt war ich natürlich auf den Pass an der Grenze zur Schweiz, den „Engpass“ mit einer Höhe von 1006 müM. Da ich jedoch schon den ganzen Tag regelmässig Höhenmeter erarbeitete, war dann der „Aufstieg“ nicht sonderlich anstrengend. Ein trauriges Bild jedoch zeigte sich wenige km vor der Grenze, im Dorf „Pfunds“. Völlig zerstörte Häuser vom Unwetter der letzten Wochen, viele Helfer, Junge Menschen während dem Militäreinsatz, Bagger und daneben der Bach, ruhig und „scheinheilig“. Auch heute wurden wir Biker wieder über die „Berge“ gejagt. Obwohl die Autobahn in „Landeck“ endete, musste ich ständige Wege im Hang über die Dörfer machen, da die Hauptstrasse nun zur Autostrasse umfunktioniert wurde. Dann die Einfahrt in die Schweiz, in „Martina“. Ein komisches Gefühl, sehr schön und doch mit einem unangenehmen Gefühl verbunden. Seitlich der Strasse steile Berge von über 3000 Metern Höhe. Ein gewaltiger Anblick! Wunderschön! Den Augenblick nach der Einfahrt in die Schweiz würdigte ich mit einem Stopp beim Kiosk und einem Getränk. Unglaublich aber war, für kurze Zeit musste ich tatsächlich nachdenken, ob ich nun mundard oder hochdeutsch sprechen muss... Es ging wohl alles einwenig schnell vom Englisch zum Hochdeutsch und nun, nach über 3 Monaten kann ich erstmals wieder mein Dialekt sprechen. Nach „Scuol“ gings dann nur noch 17 km, so nahm ich diese Strecke noch auf mich. Ich kam ja auch heute viel weiter als eigentlich gedacht. So hatte ich noch Zeit, mein knirschendes Velo im Fachgeschäft zu zeigen und voila; es ist wieder alles Tipp Topp! Schön, wenn es bis Basel hält. Ueberraschenderweise sind es nur noch 160 km bis Sedrun, jedoch folgt morgen der Flüela-Pass mit 2383 m Höhe. Ich freue mich auf die Route und bin gespannt wie hart es wird. Es geht alles sehr schnell, schon ziemlich krass... Ich realisiere es noch nicht richtig...!!
Route: Innsbruck - Scuol (Schweiz) 133 km
06.09.2005 - 99.Tourtag - Highlight Flüelapass 2383 m.ü.M
Die Nacht heute war kalt. Angeblich waren es am Morgen 7 Grad. Obwohl ich nur eine Strecke von 50 km nach Davos geplant hatte, stand ich um 06.30 Uhr auf. Denn als ich gestern Abend im Dunkeln noch den wunderschönen Sternenhimmel beobachtete, gesellten sich noch 2 andere Schweizer zu mir auf die Wiese und schwärmten von einer superschönen Bike-Strecke direkt oberhalb Scuol: „S-Charl“, eine ca. 20 km lange Route mit einer Steigung von ca. 500 Höhenmeter! Ich startete also ohne Gepäck, gleich oberhalb des Campingplatzes gings steil aufwärts, auf Kies, dann auf Asphalt. Die Beine spürte ich schon von Beginn weg. Nach einigen „passähnlichen“ Kurven und ca. 30 min. Fahrt stoppte ich die Tour. In Anbetracht des noch vor mir liegenden Flüelapass am heutigen Tag erschien mir diese zusätzliche Tour irgendwie unsinnig und fast respektlos gegenüber meiner wohl bisher grössten Herausforderung; dem Flüelapass. So kehrte ich um, packte Zelt und Gepäck auf das Velo und startete auf Richtung Davos. Bis „Susch“ (22 km) war die Route geprägt von einigen starken Aufstiegen, einen grossen Teil der gemeisterten Höhenmeter wurde jedoch durch darauf folgende Abfahrten wieder zunichte gemacht. In „Susch“ begann dann der effektive Passaufstieg. Gleich zu Beginn 11% aufwärts. Fast die ganze Zeit wars ein ziemlich starker Aufstieg, weshalb ich häufig den Fahrstil änderte; mal sitzend, mal aus dem Sattel, so blieb die Belastung der Muskulatur nicht dieselbe. Die 13 km lange Steigung um fast 1000 Höhenmeter auf 2383 m.ü.M. war eine wirkliche Herausforderung für meine Beine. Nach einem guten Stück machte sich die Belastung dann auch bemerkbar. Zunächst am Knie, dann die Oberschenkelmuskulatur, die Kniekehlen (alles jeweils links), später eine leichte Verspannung im Schulterbereich und zu guter Letzt, gegen Ende des Aufstiegs die Muskulatur am Rücken. Das Ziel vor Augen tritt ich jedoch weiter heftig in die Pedalen, bis ich die Passhöhe erreichte. Es war geschafft!! In ca. 1 Std. 45 min. erreichte ich ohne einen einzigen Halt die Passhöhe des Flüelapasses. Ein super Gefühl; der Pass war bezwungen und hier war ich, am höchsten Punkt meiner Tour auf 2383 m.ü.M. Die Gegend mit dem See und den Bergen, dazu zwar ein ziemlich kühler Wind, aber super Wetter, einfach atemberaubend! Im Restaurant auf Passhöhe ass ich dann mit einem eben kennengelernten anderen Biker, einem Lehrer aus Deutschland, zu Mittag. Er war auf einer 4-wöchigen Tour über viele Pässe in und um die Schweiz. Die Gulaschsuppe und der kleine Salat war natürlich köstlich, aber mit CHF 18.00 im Vergleich zum Osten doch sehr teuer... Die gemeinsame Abfahrt war dann vor allem zu Beginn nochmals durch eine herrliche Landschaft geprägt. In Davos dann trennten sich unsere Wege wieder, er fuhr weiter Richtung Lichtenstein und für mich war Schluss für heute. Jetzt gerade sitze ich in einem Zimmer des „Steigenberger Grandhotel Belveders (!), einem 5-Sterne Hotel, natürlich aber „nur“ in einem einfachen Personalzimmer. Diese Uebernachtungsmöglichkeit ergab sich dank einer Kollegin die hier arbeitet. Cool! Nach diversen Versuchen habe ich nun endlich eine neue Haarfarbe, „ja, es hat geklappt, nun bin ich blond“. Meine Oberschenkel spüre ich eindeutig mehr als auch schon. Aber ich kann mich ja morgen erholen, ein Ruhetag ist angesagt und natürlich einwenig Ausgang heute und morgen Abend. Die heutige Tour habe ich sehr genossen, trotz Passaufstieg. Es ist wunderschön hier in den Bergen im Bündnerland zu fahren und finde es super, dass ich auch so kurz vor Tour-Ende nochmals einen „Big Point“ (höchster Punkt der Tour) setzen bzw. erleben darf.
Route: Scuol - Davos 50 km
07. + 08.09.2005 - 100. + 101. Tourtag - Nach 101 Tagen Ankunft in Sedrun
Der 100.Tag on Tour... eine unglaublich grosse Zahl und ebenso gleich bedeutend mit dem baldigen Tour-Ende. Den Jubiläumstag verbrachte ich velofrei in Davos. Eine Wanderung auf der Schatzalp zum Wasserfall konnte ich mir am „Ruhetag“ nicht entgehen lassen. Schön die Natur, der Wasserfall jedoch, na ja, sehr klein. Da bin ich mir von Norwegen her doch andere Dimensionen gewohnt. Den restlichen Tag nutzte ich zur Erholung und am Abend nochmals zum Ausgang, jedoch bedeutend kürzer als noch am Vorabend, dies in Anbetracht der Weiterfahrt am nächsten Tag. Davos hat mir auch zu dieser Jahreszeit sehr gut gefallen. Der Umgang der „jüngeren Menschen“ untereinander ist von Anfang an sehr offen und freundlich, einer hielt mich im Ausgang sogar für einen Davoser; wohl vom „Haarlook“ her... Heute, also am 08.09.2005 dann die schon lange mit viel Vorfreude erwartete Route nach Sedrun. Ich erinnere mich noch an den Augenblick in Polen, den Atlas vor mir, als mich erstmals den Gedanken an eine Fahrt bis in die Schweiz überkam. Seit diesem Augenblick „träumte“ ich von der Route nach Sedrun, die Vorfreude auf diese Strecke war mein täglicher Begleiter und Motivator. Nun war er also da, der grosse Tag. Von Davos aus gings vorwiegend talabwärts nach „Tiefencastel“. Es war ziemlich frisch, fast kalt, ein bissiger kühler Wind, die Sonnenstrahlen schafften es nicht über die hohen Berge ins Tal. Ansonsten eine schöne, schmale Strasse mit wenig Verkehr. Weiter gings über „Thusis“ , „Rhäzüns“, begleitet von teils starken Steigungen. Da machte sich auch mein linkes Knie wieder bemerkbar. Der Eine Ruhetag hat leider nicht gereicht die „Beschwerden“ der Muskulatur bzw. des Knies, welche die Flüelapass-Route ausgelöst hat, zu beheben. Aber zum Fahren wars überhaupt nicht behindernd. Ab „Rhäzüns“ nahm ich weiter die Nebenstrasse via „Versam“, entlang der Rheinschlucht nach „Ilanz“. Wow! Diese Strecke war eine der schönsten der ganzen Tour. Schmale Bergstrassen, alte Tunnels, starke Steigungen, kurvenreich inmitten hoher Berge und dann dieser wunderschöne Anblick hinunter zur Rheinschlucht. Ein Traum! Vergessen war der „Fast-Alptraum“ im Tunnel zwischen „Tiefencastel“ und „Thusis“. Auf dem Weg hatte ich einige Tunnels zu passieren, es hatte wenig Verkehr, so passierte ich die Tunnels auf der normalen Autospur, ohne spezielle Gedanken. Bei der 3.Tunnelfahrt dann überholte mich ein Auto, blöderweise kam genau in diesem Augenblick ein Lastwagen entgegen; der Automobilist wohl selber überrascht, schnitt dann haarscharf vor mir wieder nach rechts, so dass er mich gut zu Fall hätte bringen können. Ich kam jedoch glücklicherweise mit dem Schrecken davon. Solche Augenblicke zusammen mit dem lauten, hallenden „Grollen“ der Lastwagen veranlasste mich dann sinnvollerweise, ab sofort die Tunnels nur noch auf den schmalen „Trottoirs“ am Rande zu passieren. Dies war jedoch mit dem Gepäck nicht immer ganz einfach, aber dafür sicher. Ueberhaupt häufen sich meine Gedanken gegen Ende der Tour, ob ich die Tour wirklich unfallfrei beenden werde. Blöde Gedanken...! Mein Schutzengel wird’s hoffentlich richten... Die 40 km lange Fahrt von Ilanz nach Sedrun kannte ich von zig Autofahrten, mit dem Velo jedoch konnte ich die Strecke noch viel intensiver betrachten. Zwischen Ilanz und Sedrun lagen ca. 700 Höhenmeter. Die Steigungen jedoch entsprachen mir sehr, so dass ich ohne Mühe die Gegend geniessen konnte. Dazu nützte ich diese Strecke, alle anwesenden Verwandten (Tarcisi, Bina und Claudia in Ilanz und Ursula in Segnas) zu besuchen. Die eigentlich nur kurz eingeplanten Besuche endeten mit Kaffee und Zvieri und längeren Gesprächen, so dass ich um 19.00 Uhr von Segnas nach „Rueras“ noch fast in Zeitdruck kam, denn es dunkelte sehr rasch. Mit der völligen überraschenden Erkenntnis, dass ich noch 70 kg wiege (vor der Tour waren es 75 kg), fuhr ich noch den Schlussabschnitt via Sedrun nach Rueras zum Campingplatz. Nun bin ich hier, nicht am Ziel der Tour, aber am Ort welchem ich die letzten Wochen viel Energie und gute Gedanken zu verdanken habe. Zur Zeit kann ich es noch nicht richtig fassen. Die grosse Freude hier zu sein wird auch stark getrübt durch das Wissen, dass die Tour bzw. die Art und Weise wie ich gelebt habe bald zu Ende sein wird. So überlege ich mir bereits, wie ich die Tour um 1 bis 2 Tage verlängern könnte. Die Heimfahrt nach Basel muss ja nicht zwingend über den schnellsten Weg erfolgen...
Route: Davos - Sedrun/Rueras 120 km
09.-12.09.2005 - 102.-105.Tourtag - Ruhetage in Sedrun und weiter geht’s...
3 Tage verbrachte ich in Sedrun. Eigentlich habe ich, auch wetterbedingt, nicht sehr viel unternommen. Eine Fahrt mit der Seilbahn auf den „Gungeri“ mit anschliessendem Spaziergang bergab war das einzig sportliche. Ein wichtiger Augenblick jedoch war für mich der Besuch des Grabes von Tat und Tatta, ein leicht emotionaler, schöner, ruhiger „Besuch“, welcher mir gerade „on Tour“ viel bedeutete. Am Freitag Abend „feierte“ ich dann Wiedersehen mit Mami und Papi. Wie schon am Vorabend, wurde ich auch am Sonntag, an meinem Geburtstag kulinarisch richtig verwöhnt. Ein mega Frühstück im Restaurant, am Abend Fondue Chinoise auf Specksteingrill à Discretion! Mann habe ich zugeschlagen! Und natürlich habe ich mir einen hoffentlich tollen Rückweg nach Basel herausgesucht. Nicht der direkte Weg über Luzern werde ich nehmen, den kenne ich ja bereits aus meiner ersten Velotour vor vielen Jahren, sondern den Weg übers Wallis und Berner-Oberland ist Trumpf! So startete ich bereits heute Montag zum letzten Teil meiner Reise, einem Tag mit erneut anderen Herausforderungen als ich bisher erlebte. 2 Pässe, der Oberalp und der Furka, an einem Tag, gleich hintereinander, dazu erneut eine Steigerung bezüglich „höchster Punkt“ der Tour. Mit gut gefülltem Magen startete ich um 09.00 Uhr von Sedrun (1400 müM) Richtung Oberalp-Pass (2044 müM). Bereits aber in „Tschamut“ musste ich eine Verschnaufs- und Trinkpause einlegen, denn wie aus heiterem Himmel wurde es mir ziemlich übel, keine Ahnung warum. Nach kurzer Regeneration konnte ich dann weiterfahren und es blieb zum Glück beim einmaligen Aussetzer. Auf Passhöhe musste ich dann definitiv wärmere Kleider anziehen, die Regen-Windjacke sollte es vorerst auch tun. Der ziemlich kühle Wind, in der Nacht schneite es bis ca. 2700 müM hinunter, sowie ein leichter Nieselregen liessen mich doch ziemlich kühl bzw. an den Händen, Gesicht, Knien und Füssen sogar kalt haben. Die Abfahrt nach Andermatt auf 1444 müM war natürlich erholend, der nächste Passaufstieg auf den Furka folgte jedoch sogleich. Die ca. 1000 Höhenmeter auf den Pass konnte ich erfolgreich und ohne negative Momente meistern. Dass ich mitten im Passaufstieg plötzlich kalt bekam zeigt, dass es schon ziemlich kühl gewesen sein muss auf dieser Höhe. Glücklicherweise erreichte ich dann die Passhöhe des Furka; 2431 müM! Eine wärmende Suppe war dann mein Lohn für die 2 gemeisterten Pässe bis 12.30 Uhr. Beim obligaten Fotoshooting traf ich dann ein Biker-Paar aus Karlsruhe, natürlich nutzten wir dies zu einem kurzen Talk. Dann zog ich mir wärmere Kleidung über und bei rasant aufkommendem dicken Nebel begann die Abfahrt. Saumässig kalt wars! Bereits kurze Zeit später stoppte ich u.a. auch wegen der Kälte und besuchte die Eisgrotte gleich unterhalb der Passhöhe. Eine einzigartige Gletscher-Landschaft, auf welcher sich einige Leute im Gletscher-Klettern übten. Die Eisgrotte dann relativ klein, aber trotzdem interessant. Aufgewärmt stürzte ich mich weiter die Passstrasse hinunter, quitschende Bremsen ertönten bei jeder starken Kurve... Mein Eindruck von den ersten Dörfern im Wallis war extrem positiv. Es hat hier noch Dörfer, die fast ausschliesslich aus Holzhäusern bestehen, die wunderbar alten Holzscheunen für das Heu oder die Tiere sind direkt an den Hauptstrassen, ein richtig toller Anblick! Ueberhaupt war die ganze Fahrt durchs „Goms“ landschaftlich wunderschön, toll natürlich auch, dass es praktisch bis „Brig“ immer abwärts ging. Nun bin ich in „Visp“ auf einem einfachen Campingplatz, wunderschön umgeben von Bergen, gleich in der Nähe der Rhone. Es war wieder ein toller Tag; es hat zwar regelmässig leicht geregnet, aber wie lange hatte ich bis heute Wetterglück? 3 bis 4 Wochen sicher. Irgendwo in Litauen oder Lettland hatte ich letztmals Regen an einem Fahrtag. Also bin ich dankbar! Ich möchte die voraussichtlich 3 letzten Tourtage noch in vollen Zügen geniessen und diese Zeit für mich in Ruhe nützen, den Gedanken freien Lauf lassen, zurückblicken, vorausschauen, träumen...
Route: Sedrun - Visp 113 km
13.09.2005 - 106.Tourtag - Wunderschöne Schweizer Berge
Die heutige Route war wieder ein Leckerbissen. Zunächst führte mich der Veloweg (!) wunderschön direkt der Rhone entlang und beidseits der Strasse markierten die gewaltigen Berge Präsenz. Sierre, Sion, Martigny waren die grösseren Städte, ich umfuhr sie jedoch grösstenteils auf den Velowegen und Nebenstrassen. Fasziniert war ich jedoch mehrmals von den riesigen Bergen links und rechts. Dicke Wolken umhüllten teilweise einen grossen Teil der Berge, häufig aber waren gerade die Bergspitzen frei und somit durch den „Wolkenring“ interessant anzuschauen. Ab Martigny wechselte dann die Richtung nach Norden. Via „Monthey“ auf 424 müM kam ich nach 100 km Tagesstrecke nach „Aigle“ im Waadtland. Hier musste ich mich entscheiden; Hier campen oder weiterfahren hinauf zum Col des Mosses auf 1445 müM? Da es erst 14.00 Uhr war und ich morgen „zum Frühstück“ nicht gleich 1000 Höhenmeter bewältigen wollte, entschied ich mich für die Weiterfahrt. Die Sonne „brannte“, kaum Wind, die Schweissperlen auf der Stirn entsprechend mehr als auch schon. Aber immer wieder schön zu beobachten die Freude der im Auto herabfahrenden Leute, wenn man sich mit dem Velo „hinauf quält“. Eigentlich aber wars nicht schlimm. Ich bekomme langsam Routine bei Bergetappen. Dies war der 4.Pass bei 4 Fahrtagen in der Schweiz. Heute spürte ich zudem nicht mal einen Muskelkater von den 2 Pässen gestern. Es macht Spass und Freude den Fortschritt zu erleben und zu erkennen. Natürlich aber sind kleine „Motivationsspritzen“ auch sehr wichtig, so z.B. fuhren mir auch heute einige Velofahrer entgegen, dabei hat mich das winken und wunderbare Lächeln einer Lady natürlich doppelt motiviert... Ein spontan zufriedenes Lachen bewirkten jedoch auch 2 Rehe, welche nur gerade 10 m vor mir in rasantem Tempo die Strasse überquerten. Ob sie auf der Flucht der Bündner Jäger den Weg ins Waadtland gefunden haben...? Es war jedenfalls ein schönes Erlebnis, die Tiere so nah erlebt zu haben. Nach 135 km habe ich dann „Château d'Oex“ erreicht und hier meinen Campingplatz gefunden. Ich bin hier auf ca. 1000 müM. Zwar war der heutige Pass auf „nur“ 1445 müM, aber wenn der Anstieg auf 424 müM beginnt sind das auch hier wieder 1000 Höhenmeter die bewältigt wurden. Ich denke, dass dies nun der letzte grössere Passaufstieg dieser Tour war, aber bald bin ich ja im Berner Oberland und da ist eigentlich wieder alles möglich... Ich fühle mich gut, bin zufrieden und einwenig stolz wie ich auch in den Bergen immer besser in Fahrt komme. Wenn das Pässefahren nur nicht plötzlich zur Sucht wird...
Route: Visp - Chateau-d'Oex 135 km
14.09.2005 - 107.Tourtag - Schöne Route im Waadt- und Berner Oberland
Basel naht, das Tourende entsprechend auch. Auch heute kam ich wieder in den Genuss schöner Dörfer und Landschaften. Zunächst war ein letzter Akt über 1000 m Höhe angesagt. Durch die letzten Dörfer im Waadtland gings passstrassenmässig hinauf nach „Saanenmöser“ auf 1279 müM im Berner Oberland. Ab da begann dann aber eine lange Abfahrt, schön langsam, praktisch bis hinunter nach „Thun“ auf 560 müM. Viele schöne Dörfer mit wunderschönen Holzhäusern waren auch hier meine Begleiter. In „Thun“, direkt an der Aare genoss ich mein Mittagessen. Auf dem Weg nach „Burgdorf“ fuhr ich dann eher unbewusst „slalom“; Querfeldein und immer wieder über schöne Hügel und durch winzige Dörfer fuhr ich zunächst westlich nach „Seftigen“, dann nördlich und bergauf nach „Kirchdorf“ und „Wichtrach“. Zurück auf dem richtigen Weg fuhr ich nach „Münsingen“, „Worb“, um da erneut den indirekten, längeren Weg östlich nach „Burgdorf“ zu nehmen... Aber schön war der Weg auf jeden Fall; „bergauf“, und durch ein schönes Waldstück. Via „Walkringen“, „Hasle“ erreichte ich bereits gegen 15.00 Uhr „Burgdorf“. Es ist irgendwie „lustig“; „früher“ bzw. Anfangs der Tour hätte mich ein „Verfahrer“ mit folgender „Hügel- oder Bergfahrt“ wohl genervt, aber mittlerweile oder momentan geniesse ich diese Hügelfahrten in schöner Natur fast einwenig. Ev. aber liegt es auch nur daran, dass mich meine Motivation, in der Schweiz zu fahren, über alle Hügel und Hindernisse trägt, es ist halt einfach schön! Dass alles nicht selbstverständlich ist, insbesondere meine Gesundheit, erlebte ich auch heute wieder. Ein Lastwagen überholte mich innerorts, scheinbar eine ungefährliche Situation. Kaum hatten jedoch beide die Rechtskurve beendet, schleuderte ein irrtümlich nur einseitig befestigtes Stahlseil von links auf die rechte Strassenseite über den Velostreifen, keine 10 m vor mir! Ein Dank zum Himmel, dass mich der Lastwagen gerade in dieser Rechtskurve überholte, sonst... „Ja“, Glück braucht man und einen wachsamen Schutzengel. Bisher hatte ich beides. Dafür bin ich täglich dankbar. Nach Basel ist es nun nicht mehr so weit. Ohne Verfahrer jedoch noch mit einem letzten „Pass“ sollte ich Basel morgen gegen Mittag erreichen. Noch eine letzte Nacht im Zelt steht bevor, die letzte schlief ich nach grossem Raclette-Essen genau wie in Sedrun damals nicht sehr gut. Ich realisiere es noch überhaupt nicht, dass ich morgen die letzte Etappe fahren werde. Die Freude auf Basel ist natürlich da, der Wunsch die Tour weiter zu führen ist jedoch momentan grösser...
Route: Chateau-d'Oex - Burgdorf 128 km
15.09.2005 - 108.und letzter Tourtag - „The dream came true“
Das war sie also; die finale Schlussetappe nach Basel. Morgennebel und Sonnenschein sorgten nochmals für eine mystische Stimmung, in welcher die Landschaft und die Häuser vielfach nur in Umrissen erkennbar waren. Ich mag diese morgendliche Stimmung, durfte sie auch schon mehrfach auf der Tour erleben und geniessen. Sicher den halben Morgen lang blieb es dadurch ziemlich kühl und feucht. Von „Burgdorf“ aus fuhr ich nach Langenthal, Niederbibb, Oensingen. Schöne Ueberlandstrassen durch viele Dörfer, das letzte Stück nach Oensingen jedoch mit stärkerem Verkehr als ich eigentlich dachte, dies wegen der Autobahnzufahrten. Richtig geniessen konnte ich diese letzte Etappe jedoch nicht wirklich. Ich dachte, ich könnte diese finale Route voll geniessen, locker und mit viel Vorfreude nach Hause fahren. Der Kopf war sich der Tatsache bewusst, das Herz jedoch wollte oder konnte sich mit dem Gedanken des Tourendes nicht auseinandersetzen. So waren die Minuten und Stunden geprägt durch ein komisches Gefühl und nicht durch Freude, es bis nach Basel geschafft zu haben. Ab Oensingen, Balsthal begann der letzte „Aufstieg“ auf den „Oberen Hauenstein“ auf 731 müM. Die auf 8 km verteilten ca. 230 Höhenmeter waren relativ einfach, trotzdem genoss ich es nochmals richtig in die Pedalen treten zu müssen, ein letztes mal noch... Im Oberbaselbiet war ich dann ja schon fast zu Hause. Ueber Waldenburg, Hölstein erreichte ich Liestal, wo ich mich noch ein letztes Mal einem Fahrradverbot ausgeliefert sah und somit den Velo-„Umweg“ via Augst nach Birsfelden beanspruchte. Jetzt, wo ich mich in gut bekanntem Gebiet eingefunden hatte, wurde es mir definitiv bewusst; die Tour ist zu Ende. Um genau 12.00 Uhr passierte ich die Stadteinfahrt Basel; ein Foto der Ortstafel (...) als Symbol der Heimkehr gehörte dazu. Die Tour ist zu Ende. Der in Prag formulierte Traum einer Heimfahrt durch die Alpen in Oesterreich und der Schweiz wurde wahr... Ich bin glücklich und einwenig stolz, und doch traurig... Auf jeden Fall aber sehr dankbar für alles was ich während der letzten 3,5 Monate erleben durfte. Dankbar, dass ich ohne gesundheitliche Schwierigkeiten durch die Tour gekommen bin und nun gesund zu Hause angekommen bin. Jetzt folgen die Tage der Verarbeitung, der Realisierung und der Rückblende. Ich hoffe, dass ich mit all den Tagesberichten und den vielen Fotos nun etwas schönes zusammenstellen kann, damit mir diese einzigartige Tour, in welcher ich in 108 Tagen durch Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Deutschland, Tschechien, Oesterreich und die Schweiz fuhr und dabei ca. 7920 km zurücklegte, in wunderbarer Erinnerung bleibt.
Route: Burgdorf - Allschwil 90 km
Tour-Ende...
Nach 108 Tagen habe ich Basel erreicht. Meine Tour führte mich durch 12 Länder, nämlich Dänemark, Süd- und Nord-Schweden, Norwegen, Finnland, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Ost-Deutschland, Tschechien, Oesterreich und die Schweiz. In den 74 effektiven Fahrtagen befuhr ich eine Strecke von 7900 km, 34 Tage pausierte ich um u.a. Städte wie Oslo, Helsinki, Tallinn, Riga, Gdanks, Prag, Salzburg und viele andere kleinere Dörfer zu besichtigen. Die vielfältige Natur des Nordens mit den riesigen Wasserfällen und den Fjorden, den Seen, Wäldern und Rentieren, die Kultur und die orthodoxen Kirchen der östlichen Länder sowie die Berge und Pässe in Oesterreich und der Schweiz, viele Tiere sowie einige tolle Bekanntschaften, jedoch ebenso das sehr wechselhafte Wetter zu Beginn, das vorwiegend sehr schlechte Wetter im Mittelteil und das traumhafte Wetter ab Litauen, Schnee, Kälte, Insektenplage, nasse Kleider, schmerzende Gelenke und der Velodiebstahl und Pannen haben diese Tour geprägt und mich eine intensive, wunderbare Zeit erleben lassen, eine Zeit wo das Datum keine Rolle spielt, sondern nur der Augenblick zählt.
Route
Meine Route im Jahr 2005
Tourtag | Datum | Fahrt nach ... | Distanz | Nacht |
0 | 30.05.2005 | Zugfahrt Basel - Flensburg (D) | ||
1 | 31.05.2005 | Billund (DK) | 125 km | Camping |
2 | 01.06.2005 | Ruhetag (Besuch Legoland) | ||
3 | 02.06.2005 | Ringkobing | 80 km | Camping |
4 | 03.06.2005 | Thisted | 120 km | Camping |
5 | 04.06.2005 | Ruhetag (Stadtbummel) | ||
6 | 05.06.2005 | Lokken | 100 km | Camping |
7 | 06.06.2005 | Göteburg (S) | 55 km | Jugi |
8 | 07.06.2005 | Insel Orust | 100 km | Camping |
9 | 08.06.2005 | Ruhetag | ||
10 | 09.06.2005 | Väjern (Insel Smögen) | 60 km | Camping |
11 | 10.06.2005 | Ed | 110 km | Camping |
12 | 11.06.2005 | Halden (N) | 60 km | Camping |
13 | 12.06.2005 | Ruhetag | ||
14 | 13.06.2005 | Trogstad (bei Bastad) | 65 km | Camping |
15 | 14.06.2005 | Oslo | 70 km | Camping |
16 | 15.06.2005 | Ruhetag | ||
17 | 16.06.2005 | Ruhetag - Ankunft Fabio | ||
18 | 17.06.2005 | Drammen | 65 km | wild |
19 | 18.06.2005 | Notodden | 60 km | wild |
20 | 19.06.2005 | Kviteseid | 80 km | Camping |
21 | 20.06.2005 | Ruhetag (Fähre nach Dalen) | wild | |
22 | 21.06.2005 | Nomeland | 70 km | wild |
23 | 22.06.2005 | Lysebotn | 76 km | Camping |
24 | 23.06.2005 | Ruhetag (Wanderung Kjerag) | ||
25 | 24.06.2005 | Ruhetag (Fähre nach Stavanger) | Camping | |
26 | 25.06.2005 | Ruhetag | ||
27 | 26.06.2005 | Ruhetag (Diebstahl der Fahrräder) | ||
28 | 27.06.2005 | Ruhetag (Kauf neuer Fahrräder) | ||
29 | 28.06.2005 | Olen (Fähre Meykervic - Skudenhavn) | 100 km | wild |
30 | 29.06.2005 | Odda (Tyssedal) | 100 km | wild |
31 | 30.06.2005 | Over Eidfjord | 90 km | wild |
32 | 01.07.2005 | Ruhetag (Velo defekt Fabio) | ||
33 | 02.07.2005 | Haugastol | 60 km | wild |
34 | 03.07.2005 | Ruhetag (Velo defekt Fabio) | ||
35 | 04.07.2005 | Flam (Rallarvegen) | 80 km | wild |
36 | 05.07.2005 | Ruhetag (Fahrt mit Flam Bahn) | ||
37 | 06.07.2005 | Turtagro (Fähre Flam - Heikanger) | 91 km | Hotel |
38 | 07.07.2005 | Vagamo | 100 km | wild |
39 | 08.07.2005 | Hjerkinn | 81 km | wild |
40 | 09.07.2005 | Berkak | 83 km | wild |
41 | 10.07.2005 | Trondheim | 80 km | Jugi |
42 | 11.07.2005 | Ruhetag (Besichtigung City) | ||
43 | 12.07.2005 | Meraker | 82 km | wild |
44 | 13.07.2005 | Are | 90 km | wild |
45 | 14.07.2005 | Oestersund | 100 km | Camping |
46 | 15.07.2005 | Ruhetag (Vorbereitung Norden) | ||
47 | 16.07.2005 | Strömsund | 100 km | Camping |
48 | 17.07.2005 | Ruhetag (Tourabbruch Fabio) | ||
49 | 18.07.2005 | Gäddede (Wildnisstrasse) | 140 km | wild |
50 | 19.07.2005 | Stalon (Wildnisstrasse) | 170 km | wild |
51 | 20.07.2005 | Sorsele | 150 km | Camping |
52 | 21.07.2005 | Ruhetag | ||
53 | 22.07.2005 | Kabdalis | 74 km | wild |
54 | 23.07.2005 | Jokkmokk (über nörd. Polarkreis) | 80 km | Camping |
55 | 24.07.2005 | Ruhetag (Besuch Sami-Museum) | ||
56 | 25.07.2005 | Ruhetag | ||
57 | 26.07.2005 | Boden | 132 km | Camping |
58 | 27.07.2005 | Tornio (FI) | 135 km | Camping |
59 | 28.07.2005 | Oulu | 132 km | Camping |
60 | 29.07.2005 | Ruhetag | ||
61 | 30.07.2005 | Sievi | 150 km | wild |
62 | 31.07.2005 | Lappajärvi | 110 km | Camping |
63 | 01.08.2005 | Virrat | 138 km | wild |
64 | 02.08.2005 | Tampere | 108 km | Camping |
65 | 03.08.2005 | Ruhetag | ||
66 | 04.08.2005 | Hyvinkää | 125 km | wild |
67 | 05.08.2005 | Helsinki | 56 km | Camping |
68 | 06.08.2005 | Ruhetag (Besichtigung City) | ||
69 | 07.08.2005 | Fähre nach Tallinn (EST) | Pension | |
70 | 08.08.2005 | Haljala | 100 km | Camping |
71 | 09.08.2005 | Narva (Grenze zu Russland) | 116 km | Pension |
72 | 10.08.2005 | Rääbise | 145 km | Camping |
73 | 11.08.2005 | Tartu (Reola) | 105 km | wild |
74 | 12.08.2005 | Valmiera (LET) | 142 km | Camping |
75 | 13.08.2005 | Baltezers (10km vor Riga) | 110 km | Camping |
76 | 14.08.2005 | Ruhetag (Besichtigung Riga) | ||
77 | 15.08.2005 | Joniskis (LIT) | 110 km | wild |
78 | 16.08.2005 | Tytuvenai | 104 km | Camping |
79 | 17.08.2005 | Kaunas | 120 km | wild |
80 | 18.08.2005 | Olceko (PL) | 150 km | wild |
81 | 19.08.2005 | Gizycko | 60 km | Camping |
82 | 20.08.2005 | Pieniezno | 130 km | Camping |
83 | 21.08.2005 | Khukowo Male | 167 km | wild |
84 | 22.08.2005 | Drawsko Pom | 190 km | wild |
85 | 23.08.2005 | Szczecin | 105 km | Camping |
86 | 24.08.2005 | Ruhetag (Fussballspiel Bremen - Basel) | ||
87 | 25.08.2005 | Ruhetag (Rückfahrt aus Bremen) | ||
88 | 26.08.2005 | Parstein (D) | 95 km | Camping |
89 | 27.08.2005 | Cottbus | 170 km | Jugi |
90 | 28.08.2005 | Novy Bor | 140 km | Pension |
91 | 29.08.2005 | Prag | 97 km | Camping |
92 | 30.08.2005 | Ruhetag (Besichtigung City) | ||
93 | 31.08.2005 | Tyn | 120 km | Camping |
94 | 01.09.2005 | Linz (A) | 127 km | Camping |
95 | 02.09.2005 | Salzburg | 140 km | Jugi |
96 | 03.09.2005 | Ruhetag (Besichtigung City) | ||
97 | 04.09.2005 | Innsbruck | 165 km | Camping |
98 | 05.09.2005 | Scuol (CH) | 133 km | Camping |
99 | 06.09.2005 | Davos | 50 km | Hotel |
100 | 07.09.2005 | Ruhetag (Wanderung Schatzalp) | ||
101 | 08.09.2005 | Rueras / Sedrun | 120 km | Camping |
102 | 09.09.2005 | Sedrun | Wohnung | |
103 | 10.09.2005 | Ruhetag | ||
104 | 11.09.2005 | Ruhetag / Geburtstag | ||
105 | 12.09.2005 | Visp | 113 km | Camping |
106 | 13.09.2005 | Chateau-d'Oex | 135 km | Camping |
107 | 14.09.2005 | Burgdorf | 128 km | Camping |
108 | 15.09.2005 | Basel / Allschwil | 90 km | |
Total | 7910 km |
Fotos
Grosse Europatour 2005
30.05.2005 - auf ins 3 monatige Abenteuer mit Start in Dänemark
Häuser in Ringkobing
Spannende Route nach Thisted
Fährübergang Thyboron
Zunächst übernachtete ich jeweils noch auf Campingplätzen
Immer wieder Häuser mit Strohdächer
Jammerbugten (Lokken)
Lokken - eine Kleinstadt mit viel Charme im Nordwesten Dänemarks
Schweden - Die Festung Bohus nördlich von Göteborg
Inselhüpfen an der Westküste, Tjörn, Orust...
Insel Orust (Westküste)
Fahrt zur schönen Insel Smögen
Fischerhafen Smögen
wunderschöne Smögenbryggen (1 km)
Die "alte", landesüberschreitende Brücke zwischen Schweden und Norwegen
Norwegen - Faszinierende Stabskirche
In Norwegen war wild campen angesagt - hier z.B. in Dalen
Die Route Dalen - Nomeland war wunderbar
Seit Oslo gemeinsam unterwegs (Fabio)
der 1.Pass zwischen Nomeland und Lysebotn
kühl aber unglaublich schön
der 2.Aufstieg (Nomeland - Lysebotn)
Unglaubliches Panorama!
An unserem Ruhetag unternahmen wir eine 7 stündige Wanderung zum "Kjerag"
Viele gigantische Wasserfälle zwischen Olen und Odda
Hardangerfjorden
Paradiesisches Plätzchen am Over Eidfjord
Alte (autofreie) Strasse (Mabodalen)
Route Over-Eidfjord - Haugastol
Wasserfall "Voringfossen"
Abstieg zum Fusse des Voringfossen (182m Fallhöhe)
Schnee und vereiste Seen am 02.Juli...
Das ist die grandiose Hardangervidda auf 1200 m.ü.M.
Rallarvegen - der berühmte Fahrradweg zwischen Haugastol und Flam
hier waren wir noch guten Mutes...
Rallarvegen (Finse-Hallingskeid) - ein Wechselbad der Gefühle...
Myrdal - Flam (steil, kurvig und Schotter)
Sognefjorden
Turtagro - Hotelübernachtung im Passaufstieg
Traumhaft...
Das Gebirge Jotunheimen
Pass Fantasteinen auf 1434 m.ü.M.
Passabfahrt hinunter nach Lom
wieder vorbei an schönen Wasserfällen
Richtung Vagamo
In Vagamo fanden wir wieder einen tollen Platz zum Uebernachten
Natur pur im Dovrefjell-Gebirge (nach Hjerkinn)
Schweden - Via Trondheim und Oestersund gings dann nordwärts weiter
Wildnisstrasse zwischen Oestersund und Gäddede
Schneefelder am 19.Juli auf dem Stekkenjack Pass auf 876 m.ü.M.
Grosse Vorfreude aufs Lappland...
schöner Flussverlauf bei Stalon
Die ersten Rentiere...
Oft siehts in Lappland so aus...
Es wäre so herrlich, aber diese Mücken..!!
Nördlicher Polarkreis - leider bei Dauerregen
Jokkmokk - ein paar Tage Pause am nördlichsten Punkt meiner Tour
Auch südlich nach Boden treue Begleiter...
Oulu Richtung Sievi
Sievi - Lappajärvi
Auf dieser Strasse gings nach Virrat
Ein nicht ganz alltäglicher Uebernachtungsplatz
Kirche in Tampere
Tampere - Hyvinkää
wild campen im Park von Hyvinkää
Kurz vor Helsinki, am 67.Tourtag, die 1.Panne
Der Dom von Helsinki
Uspenski-Kathedrale von Innen (Orthodox)
Alexander-Newski-Kathedrale in Tallinn (Estland)
Interessante Altstadt von Tallinn
Regen...
Grenze Estland - Russland bei Narva
Dominant: Die Hermannsfeste (Estland) und Festung Iwangorod (Russland)
sehr starke Winde begleiteten mich von Narva nach Rääbise
Ortschaft Kallaste (Estland)
Ankunft in Riga
Freiheitsdenkmal
Kultur- und Wissenschaftspalast
Litauen (Siaulai) frühmorgens am "Berg der Kreuze"
Tytuvenai - Kaunas
Polen
Wunderbare Seenlandschaften im Norden Polens
Ein paar Tage lang fuhren Karol und ich gemeinsam durch Polen
Gyzicko - Pieniezno
Gdanks / Danzig
Pieniezno - Khukowo Male
Route Szczecin (PL) - Parstein (D)
Bautzen an der Spree
Novy Bor - Prag
Ankunft in Prag am 29.08.2005
Die Moldau in Prag
Karlsbrücke und Prager Burg
Teynkirche (Prag)
Oesterreich - Ankunft in der schönen Stadt Salzburg
Innsbruck - Scuol (CH)
Schweiz - Gegend um Scuol
Flüelapass hinunter nach Davos
Eindrückliche Route über Versam-Safien
mit herrlichem Blick in die Rheinschlucht
Sedrun
Oberalp-See (Passhöhe)
Furkapass - Der höchste Pass der Tour
Rhonegletscher unterhalb der Passhöhe
Eine Besichtigung des Gletscher Inneren liess ich mir nicht entnehmen
Strasse Richtung Visp
Landschaft zwischen Visp und Chateau-d'Oex
Marktplatz Basel - Tour Ende nach 108 Tagen